Letzter Gruss - Thriller
drängte sich zum Ausgang durch, nahm ihr Handy und rief Forsberg an.
»Was für eine Show!«, schrie der Nachrichtenchef. »Damit sind wir die Topmeldung bei CNN!«
Jetzt ist er mit den Rudolphs schon per »wir«, dachte Dessie.
»Ich fahre ein paar Tage weg«, sagte sie, »nur damit du Bescheid weißt.«
»Was heißt weg? Wohin?«
»Kopenhagen«, sagte Dessie und klappte ihr Handy zu.
SAMSTAG, 19. JUNI
Los Angeles, USA
76
Das Fahrwerk setzte rumpelnd auf der Landebahn des Los Angeles International Airport auf.
Back in the USA , zum ersten Mal seit einem halben Jahr.
So hatte Jacob sich seine Rückkehr nicht vorgestellt, wenn er denn überhaupt vorgehabt hatte, jemals wieder amerikanischen Boden zu betreten.
Die Luft vor dem Terminalgebäude war nahezu dickflüssig vor Abgasen.
Er blieb einen Moment auf dem Parkplatz der Autovermietung stehen und sah sich um. Die Szenerie war so vertraut: das Meer aus geparkten Autos, das sich um ihn herum erstreckte, die Reklameschilder, die Stimmen, der Verkehrslärm von den Straßen. Amerika war genauso, wie er es in Erinnerung hatte, nur ein wenig … deutlicher.
Er mietete einen Chrysler mit GPS. Er kannte sich in LA nicht aus und hatte auch keine Lust, daran etwas zu ändern.
Die Citrus Avenue in Hollywood in dem verdammten Navi einzuprogrammieren erwies sich allerdings als noch nervenaufreibender, als die Adresse auf der Straßenkarte herauszusuchen. Er gab es auf und fuhr den Sepulveda Boulevard entlang nach Norden.
Er wurde aus Los Angeles nicht schlau.
Die Stadt hatte so eine romantisch schimmernde Aura, Hollywood
und Traumfabrik und Glamour-Leben unter strahlender Sonne.
Er dagegen sah nur Reklameschilder, mehrstöckige Autobahnen und stumpfsinnige Wohnviertel mit hässlichen Bungalows.
Kalifornien war definitiv nicht seine Kragenweite.
Er verzichtete auf die Autobahn und folgte dem Sepulveda Kilometer um Kilometer bis zum Santa Monica Boulevard. Dort bog er rechts ab und fuhr so lange geradeaus, bis er vor einer Ampel einnickte. Man hatte ihn gewarnt, dass mit dem Jetlag nicht zu spaßen sei. Der Zeitunterschied zu Skandinavien betrug neun Stunden. Hier war es erst sieben Uhr abends, aber nach sechs Monaten in Europa war es für seinen Körper vier Uhr morgens.
Vor genau vierundzwanzig Stunden hatte er in einer alten Gefängniszelle in einem unteren Etagenbett gelegen und sich so lebendig gefühlt wie seit Kimmys Tod nicht mehr. Er hatte nicht geduscht, seit er sie verlassen hatte, er hatte immer noch den fruchtigen Duft ihrer Haut in der Nase …
Er schob den Gedanken weg und parkte den Wagen in einer Ladezone am Beverly Drive.
Zwei schnelle Tassen Kaffee und einen Strafzettel später war er wieder einigermaßen fit für die Weiterfahrt.
1338 Citrus Avenue war ein ziemlich heruntergekommenes zweistöckiges Mietshaus mit Flachdach und Laubengang, nur ein paar Straßen von Manns Chinese Theatre am Hollywood Boulevard entfernt.
Er hatte kaum den Klingelknopf berührt, da riss Lyndon Crebbs auch schon die Tür auf.
»Du alte Stinksocke«, begrüßte ihn der FBI-Agent herzlich und umarmte ihn. »Komm schon rein!«
Jacob trat ein und fand sich in einem kombinierten Wohn-Esszimmer wieder, einem sparsam möblierten Raum mit einem langhaarigen Teppichboden, der schon bessere Tage gesehen hatte.
Sein Mentor war alt geworden. Sein Haar war weiß und sein braungebranntes Gesicht von einem Netz aus Runzeln überzogen. Aber seine Augen waren noch dieselben, dunkelbraun und blitzintelligent.
»Mensch, Lyndon, du siehst aus wie ein alter Mann.«
Der FBI-Mann lachte und schloss die Tür hinter ihm.
»Das ist die Prostata. Der Krebs frisst mich auf, langsam, aber sicher.«
Jacob setzte den Seesack ab und ließ sich auf einen der Stühle an Lyndons rundem Esstisch fallen.
»Schönen Gruß von Jill in New York«, sagte Lyndon und stellte zwei Budweiser auf den Tisch. »Die Kollegen wollen wissen, wann du endlich aufhörst, durch Europa zu hetzen und Mörder zu jagen. Davon haben sie im Abschnitt 32 mehr als genug, und sie könnten deine Hilfe gebrauchen.«
Jacob lachte so laut und erleichtert auf, dass es ihn selbst überraschte.
»Na ja«, sagte er, »in dieser beschissenen Stadt hier lasse ich mich jedenfalls nicht nieder.«
Lyndon lächelte.
»Du weißt ja, was man sagt: LA ist keine Katze, die dir auf den Schoß springt und dein Gesicht leckt. Aber mit ein bisschen Zeit und Geduld kriegst du sie doch dazu.«
Und Jacob antwortete auf dieselbe Art,
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