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Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi

Titel: Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Dutzler
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Im Bootshaus kann das nicht passiert sein, also wahrscheinlich draußen auf dem See.“ Gasperlmaier mochte es sich gar nicht vorstellen. Aus welchem Grund auch immer, der Marcel hatte die Frau Naglreiter aus der Plätte gestoßen und ihr dann, als sie womöglich nach Luft schnappend in ihrem teuren Dirndl im See trieb, ein Ruder auf den Kopf geschlagen. Doch wie er es auch drehte und wendete, eine solche Grausamkeit traute Gasperlmaier dem Marcel nicht zu.
    „Ich werde den Marcel begleiten und ausquetschen wie eine Zitrone, ich bin mir sicher, dass da noch viel Saft drin ist, wenn er auch sehr sauer schmecken wird.“ Ganz aufgeräumt schien die Frau Doktor dem Gasperlmaier, fast meinte er zu sehen, wie eine schwere Last mit der Festnahme des Marcel von ihren Schultern gefallen war. Dennoch meldete er vorsichtig seine Zweifel an: „Frau Doktor, ob der Marcel wirklich alle drei ermordet haben kann? Ich kenn ihn ja schon lang, aber so etwas traue ich ihm nicht zu.“ Die Frau Doktor lehnte sich gegen die Kühlerhaube des Wagens, in dem der Marcel jetzt schon bei geschlossenen Fenstern schmorte, und lachte auf, ein wenig zu schrill, wie Gasperlmaier zu spüren meinte. „Sagen Sie mir jemanden, dem Sie es zutrauen, drei Menschen innerhalb von zwei Tagen umzubringen!“ Da, musste Gasperlmaier ihr zugestehen, hatte die Frau Doktor auch wieder recht. Ob es wirklich jemanden gab, dem so etwas zuzutrauen war? Gasperlmaier fiel da schon einer ein, ein gewisser Doktor Geier, der am hiesigen Bezirksgericht für ein paar Jahre als Jurist tätig gewesen war. Der hatte mit Gott und der Welt Rechtsstreitigkeiten angefangen und von der Kindergartentante bis zum Rauchfangkehrer so ziemlich alle verklagt, mit denen er zu tun hatte. Leider hatte auch Gasperlmaier ein- oder zweimal mit dem Doktor Geier zu tun gehabt, denn eine Kollegin seiner Christine war, wer weiß wie, an diesen Geier geraten und hatte ihn, keiner wusste warum, sogar geehelicht. Bei einem Ball war dieser Doktor Geier auch am Tisch der Gasperlmaiers gesessen, und Gasperlmaier hatte sich einigermaßen unwohl gefühlt, weil der Doktor so einen Ausdruck in seinen Augen hatte, dass der Gasperlmaier dachte, der bringt heute sicher noch einen um, so wie der dreinschaut. Dann hatte der Doktor Geier auch noch einige Frauen am Tisch beleidigt, sodass die Stimmung einigermaßen eingefroren gewesen war. Als dann später der Doktor Geier sich zum Gasperlmaier hinübergebeugt und ihm zugeraunt hatte, dass seine Christine eigentlich recht scharf aussehe, wenn sie sich einigermaßen zurechtmache, und dass er gar nicht gedacht habe, dass so eine Landpomeranze nach ein paar Gläsern Wein direkt zum Anschauen sei, da hatte Gasperlmaier wütend seinen Sessel umgeworfen, seine Christine am Arm genommen und war gegangen. Allerdings, dachte Gasperlmaier jetzt, hatte der Doktor Geier bis heute, soweit er wusste, keinen umgebracht, was Gasperlmaier fast leidtat, und damals war eher er es gewesen, in dem Mordlust aufgekeimt war.
    „Es sind fast immer die, die nicht danach ausschauen“, fügte die Frau Doktor jetzt noch hinzu. „Sie würden sich wundern, Gasperlmaier, wenn ich Ihnen die Fotos unserer Beziehungstäter aus den letzten Jahren zeigte, da sind keine drei darunter, von denen Sie auf Anhieb sagen würden, dass sie jemanden umbringen könnten. Denken Sie an die Elfriede Blauensteiner, die hat ausgeschaut wie eine liebe Oma. Und umgebracht hat sie die Männer gleich reihenweise.“ Die Frau Doktor öffnete die Beifahrertür des Einsatzwagens und wies den zweiten Beamten an, sich hinten zum Marcel zu setzen. Ein wenig unschlüssig standen Gasperlmaier und der Kahlß Friedrich nun neben der offenen Tür. „Ach ja!“ Die Frau Doktor öffnete die beinahe geschlossene Tür noch einmal. „Sie beide brauche ich – heute zumindest – nicht mehr. Ihr habt eh schon genug Überstunden geschoben, wenn ich mir überlege, wann wir heute angefangen haben. Das kann sich der Staat gar nicht leisten, also geht zum Zeitausgleich heim, wenn ihr sonst nichts zu tun habt. Und, Gasperlmaier, schauen Sie zu, dass Sie heute noch mit Ihrem Sohn reden!“ Die Frau Doktor warf dem verdutzten Gasperlmaier noch ein, wie Gasperlmaier schien, hämisches Lächeln zu und schlug die Wagentür zu. Sekunden später standen die beiden allein vor dem Geländewagen der Altausseer Polizei. Da klingelte Gasperlmaiers Handy. „Dass ich’s nicht vergesse!“ Die Stimme gehörte der eben abgefahrenen Frau Doktor.

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