Letzter Kirtag: Ein Altaussee-Krimi
„Ich lasse euch ehestmöglich wissen, ob wir mit dem Foto der Eva was anfangen können. Sie hätten sich wohl gern alle Fotos auf der Karte angeschaut, was, Gasperlmaier?“ Die Frau Doktor kicherte ein wenig pubertär, fand Gasperlmaier. Und bevor er noch ein etwas einsilbiges „Ja, ja!“ loswurde, hatte sie schon aufgelegt.
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„So, Gasperlmaier“, brummte der Friedrich, „jetzt ist es fast vier, und wir zwei sind seit fünf Uhr in der Früh auf den Beinen, mindestens. Und was hast du seither gegessen? Nichts! Weil uns die Frau Doktor in der Gegend herumtreibt und bei ihrer Mörderjagd darauf vergisst, dass ein Polizist, der denken will, auch etwas im Magen braucht. Und wir zwei holen uns jetzt was zu essen.“
Gasperlmaier konnte dem nur beipflichten, erinnerte sich allerdings nur allzu gut an die Folgen, die die gestrige Einkehr beim Bierzelt in den Medien gezeitigt hatte, und war fest entschlossen, der Versuchung heute zu widerstehen. Als er neben dem Friedrich im Geländewagen Platz nahm, dachte er sich, er würde zuerst einmal daheim anrufen und nachfragen, ob und wann mit etwas zu essen zu rechnen sei. Und allenfalls, dachte sich Gasperlmaier, gehe ich ins Geschäft und kaufe mir ein paar Leberkäsesemmeln, und die esse ich dann daheim, wo kein Reporter der Welt mir eine Kamera ins Gesicht halten und mich vor der Öffentlichkeit lächerlich machen kann.
Der Kahlß Friedrich war offensichtlich nicht so sensibel wie Gasperlmaier und hatte den Vorfall von gestern schon erfolgreich verdrängt, wenn nicht gar vergessen, denn er hielt den Geländewagen gerade vor dem Schneiderwirt an. „Ich geh heute nicht mit!“, informierte Gasperlmaier seinen Postenkommandanten unter Aufbietung seiner gesamten Willenskraft, „ich bring noch das Auto heim.“ „Wie du meinst“, meinte der Friedrich ein wenig wortkarg. Seine Sache war es nicht, sich in der Aussicht auf eine kühle Halbe und eine gute Jause mit unnötigen Diskussionen aufzuhalten. Schweren Herzens rückte Gasperlmaier auf den Fahrersitz, während der Friedrich seine Dienstmütze auf die Rückbank warf und zügig auf den Gastgarten zuschritt.
Beim Polizeiposten angekommen, stellte Gasperlmaier den Wagen ab und holte sein Handy heraus. Zu Hause am Festnetz antwortete niemand und auch am Handy meldete sich die Christine nicht. Auch beim Christoph probierte es Gasperlmaier noch, denn den sollte er sowieso noch ausführlich interviewen, so hatte zumindest die Frau Doktor gemeint. Aber auch da tutete es vergeblich in der Leitung. Missmutig machte sich Gasperlmaier auf den Heimweg und versuchte sich für die ihn erwartenden Leberkäsesemmeln in Stimmung zu bringen. Sein Zorn darüber, dass sich offenbar niemand um ihn kümmern wollte, wuchs jedoch so schnell und heftig an, dass er das Lebensmittelgeschäft rechts liegen ließ und die paar Meter zum Gastgarten des Schneiderwirts weiterging. „Der Teufel soll die Reporter holen!“, murmelte er, trat in den Gastgarten, hielt Ausschau nach dem Friedrich, der es sich im Schatten unter einem Vordach bequem gemacht hatte, und setzte sich zu ihm. „Bist vernünftig worden?“, fragte der Friedrich nur und blieb dann stumm, denn ein Mann vieler Worte war er nicht, vor allem, wenn es seiner Meinung nach nichts zu reden gab. Gasperlmaier zog seine Jacke aus und bestellte sich bei der Jasmin ein Bier und eine Essigwurst. „Kömmt söfört!“, sächselte sie. Zunächst war es schon gewöhnungsbedürftig gewesen, als die Zilli, die das Wirtshaus vom Besitzer, der Freiwilligen Feuerwehr Altaussee, gepachtet hatte, eine ostdeutsche Kellnerin eingestellt hatte, aber bald hatten die Stammgäste ihre Freundlichkeit und ihren professionellen Service schätzen gelernt. Obwohl sie dünn wie ein Strich in der Landschaft war und im Dirndl nicht viel hermachte, sagten sich die Leute, lieber eine schnelle und freundliche Bedienung, die mit ihren Adleraugen kein angehobenes leeres Bierglas übersah – was hier allgemein als Nachbestellung angesehen wurde –, als eine grantige einheimische. Denn an grantigen Kellnerinnen war im Salzkammergut, weder auf der oberösterreichischen noch auf der steirischen und schon gar nicht auf der Salzburger Seite, wahrlich kein Mangel.
Als Gasperlmaiers Bier kam, lupfte der Friedrich sein fast leeres Bierkrügel nur um Millimeter, worauf die Jasmin mit ihrem üblichen „Kömmt söfört!“ prompt reagierte. „Kernöl zur Essigwurst, Gasperlmaier?“, fragte sie noch, und ein kurzes
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