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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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den Mietvertrag kündigen, ist es das gute Recht des Vermieters, die Kaution zu behalten.»
    Sie begann zu schluchzen.
    «Aber wir brauchen das Geld, wie sollen wir uns sonst nach einer anderen Wohnung umsehen?»
    Ajwani machte eine Handbewegung, die Vergeblichkeit ausdrücken sollte.
    «Ich nehme an, dass Sie auch die Maklergebühr ansprechen wollen, die Sie mir gegeben haben.»
    Sie nickte.
    «16.000 Rupien. Genau wie der Vermieter habe auch ich das Recht, sie zu behalten.»
    Ajwanis Fuß schlüpfte aus dem
chappal
und zog die unterste Schreibtischschublade auf. Er bückte sich und holte ein Bündel Banknoten heraus, von dem er Fünfhundertrupienscheine abzählte.
    Mrs Puri glotzte.
    Der Makler zählte die Scheine noch mal nach, wobei er den rechten Zeigefinger zweiunddreißig Mal mit der Zunge anfeuchtete, dann schob er das Bündel Banknoten über den Tisch.
    «Ich werde den Vermieter anrufen. Gehen Sie nach Hause, Ms Swathi. Rufen Sie morgen an, gegen 16 Uhr.»
    Die junge Frau sah ihn, während sie noch schluchzte, erstaunt an.
    «Das ist heutzutage selten, Ms Swathi. Wie Sie sich um Ihre Eltern kümmern.»
    «Das verstehe ich nicht», sagte Mrs Puri, nachdem die junge Frau gegangen war. «Deshalb sind Sie nie reich geworden, Ajwani. Sie verschwenden Ihr Geld. Sie hätten die 16.000 Rupien behalten sollen.»
    Der Makler rieb an seinen Metall- und Plastikringen. «Mit Frauen konnte ich immer gut umgehen. Mit Geld nie.»
    «Dann werden Sie jetzt reich, Ajwani. Seien Sie einmal im Lebenwie Mr Shah. Tun Sie, was Sie heute mit einem Stock getan haben, morgen auch auf der Terrasse.»
    An diesem Punkt ihres Gesprächs waren sie unterbrochen worden.
    «Ich habe keine Angst», sagte Ajwani. «Glauben Sie das bloß nicht.» Mrs Puri, die etwas entgegnen wollte, erblickte Mani und verstummte.
    Der Makler sah seinen Gehilfen an. «Geh raus und spiel mit Ramu», sagte er. «Du solltest den Jungen da draußen nicht allein lassen.»
    Mani seufzte. Er stand vor dem Büro und zeigte auf vorbeifahrende Autos und Lastwagen; Ramu hielt sich am kleinen Finger seiner linken Hand fest. Er schluchzte immer noch, weil Onkel Kothari den Kopf des Kükens zertreten hatte.
    Eine halbe Stunde später ging Mrs Puri mit ihrem Jungen weg. Als er sah, wie die dicke Frau ging, dachte Mani:
Worüber
haben
die denn nun geredet?
    Als Mani die Glastür aufdrückte, fand er das Büro verlassen vor; aus dem Nebenraum, über dessen Tür die Daisy-Duck-Uhr hing, war zu hören, wie eine Kokosnuss aufgehackt wurde.
    Sanjiv Puri, der neben Ramus blauer Flugzeugdecke lag und bisher Eidechsen, weiße Mäuse und Spinnen skizziert hatte, ging nun dazu über, als wäre dies eine logische Entwicklung, Politiker zu zeichnen. Während er dem gewellten silbrigen Haar seines Lieblingsobjekts, Expräsident Abdul Kalam, den letzten Schliff verpasste, blickte er auf.
    Die Lampen im Wohnzimmer waren an; seine Frau war mit seinem Sohn nach Hause gekommen.
    «Ramu.» Er legte das Skizzenbuch weg und breitete die Arme aus.
    «Spiel später mit deinem Vater», sagte Mrs Puri, «er und ich müssen uns jetzt mal unterhalten.»
    Sie schloss Ramus Zimmertür hinter sich; ihre Stimme wurde sanft.
    «Du kannst morgen nicht zu Ramus Festspiel kommen.»
    «Warum nicht?»
    «Bleib morgen länger im Büro. Iss dort zu Abend. Surf im Internet. Komm nicht vor 22 Uhr nach Hause.»
    Er sah ihr zu, wie sie zum Esstisch ging und Ramus frisch gewaschene Wäsche zusammenlegte.
    «Sangeeta.» Er stand neben ihr. «Was ist los, dass ich nicht vor 22 Uhr in meine eigene Wohnung kommen kann?»
    Sie sah ihn an und sagte nichts, und er begriff.
    «Bist du verrückt? Wenn es Ajwani und der Verwalter tun, schön und gut. Aber warum solltest du deine Finger auch noch mit im Spiel haben?»
    «Sei leise.» Mrs Puri zeigte mit dem Kopf in die Richtung von
Duweißtschonwem.
«Ajwani macht es schon. Kothari wird sich den ganzen Tag über irgendwo verstecken, damit ihm Shanmugham, wenn er morgen kommt, nicht sagen kann, dass es sich der Confidence-Konzern anders überlegt hat. Und wenn ihr Schreiben dem Verwalter einer Wohnungsgenossenschaft nicht persönlich übergeben wird, können sie nicht behaupten, dass sie ihr Angebot zurückgezogen haben. Ajwani wird es am Abend machen. Ich rufe ihn an, wenn Masterji zur Dachterrasse hochgeht. Das ist schon alles.»
    «Aber wenn etwas schiefgeht … das könnte
Gefängnis
bedeuten.»
    Sie hielt mit einem blauen Handtuch über dem Unterarm inne. «Und für den Rest

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