Letzter Mann im Turm - Roman
Sieben-auf-einen-Streich-Mann holen», sagte Mrs Rego, die weiterhin zu Boden sah.
Dieser Mann, der in der Nähe des Bahnhofs arbeitete, wurde oft nach Vishram gerufen, um ein Wespen- oder einen Bienennest zu zerstören; er kratzte sie mit seiner Stange weg und sprühte weißes Desinfektionsmittel auf die Wand.
«Wir holen niemanden», sagte Mrs Puri. Sie ergriff Mrs Regos Arm, um sie am Weggehen zu hindern.
«Wir machen das jetzt gleich. Sie werden’s ja sehen.»
Sie holte ihr Handy heraus. Ajwani war zu Hause. Er kam runter und kratze sich das Kinn; er wohne direkt über dem Nest, das schon, aber im zweiten Stock.
«Es ist bloß eine Krähe, und wir sind Menschen», argumentierte Mrs Puri. «Es muss doch etwas geben, was wir tun können.»
Ajwani fiel etwas ein. Ein langer Stock, mit dem er Spinnweben von der Decke holte.
Er ging in seine Wohnung zurück. Er öffnete sein Küchenfenster und zielte mit dem Stock auf das Nest, übte Stöße wie ein Billardspieler. Seine Söhne flankierten ihn und halfen ihm beim Zielen.
Der Verwalter kam aus seinem Büro, um zuzuschauen. Ebenso Mrs Saldanha.
Mrs Puri schickte Ramu die Treppe hoch, er hatte Anweisung, auf dem ersten Absatz auf sie zu warten.
«Machen Sie schnell!», rief sie Ajwani zu. «Eine Mutter spürt so was.»
Ajwani stieß mit dem Stock gegen das Nest. Die Krähe flog mit gespreizten Krallen hoch. Ajwani stieß wieder zu, das Nest rutschte über den Rand, und die beiden Küken kreischten verzweifelt. «Ein bisschen mehr nach links, Vater», sagte Raghav. Der Makler versetzte dem Nest einen letzten Stoß, es fiel auf die Erde und verstreute Zweige und Blätter.
Eines der Küken war verstummt, aber das andere steckte seinen Schnabel aus dem umgestürzten Nest. «Warum ist es denn nicht still?», fragte der Verwalter. Die Krähe ließ von Ajwani ab, der sein Fenster geschlossen hatte, und flatterte zu ihrem noch lebenden Küken. Kothari stampfte auf den Kopf des Jungvogels und brachte seine Stimme zum Verstummen. Die Krähe flog davon.
«War doch eine einfache Sache, oder?», sagte Mrs Puri.
Alle schauten zum Dach hoch; Masterji war dort oben, hatte die Hände hinterm Rücken verschränkt und zog seine Kreise.
Einige Stunden zuvor hatte er an seinem Fenster gestanden, im Garten hatte er Marys grünen Schlauch gesehen, der sich um den Hibiskus ringelte. Was ihm an jenem Abend am Crawford Market so einfach vorgekommen war, war nun sehr verwirrend.
Etwas klopfte an die Küchenwand; Purnimas alter Kalender.
Masterji wühlte in den zusammengeknüllten Sachen neben der Waschmaschine herum, wählte ein Hemd aus, das immer noch sauber roch, und zog es an.
Draußen auf dem Markt genoss Shankar Trivedi zwischen Hühnerkäfig und Zuckerrohrsaft-Maschine die zweite Rasur des Tages. Sein Gesicht war rund um den schwarzen Schnurrbart dick eingeseift. In der rechten Hand hielt er immer noch seine glimmende Zigarette, während der Friseur ihm mit akkuraten, flinken Bewegungen seines offenen Messers die Maske abschabte.
«Trivedi, ich bin’s.»
Das Auge des Priesters bewegte sich in Richtung Stimme.
«Ich versuche seit Tagen, Sie zu finden. Er ist morgen. Purnimas Todestag.»
Der Priester nickte und zog an seiner Zigarette.
Masterji wartete. Der Friseur massierte, ölte und kräuselte schließlich den üppigen Schnurrbart des Priesters. Er klatschte Trivedi Talkumpuder auf den Nacken, knallte ein letztes Mal mit dem Handtuch und entließ seinen Kunden aus dem blauen Stuhl.
«Trivedi, haben Sie mich nicht gehört? Morgen ist der Todestag meiner Frau.»
«… habe Sie gehört … habe Sie gehört …»
Der frisch rasierte Priester, nun eine Komposition aus Wohlgerüchen, nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette.
«Werden Sie jetzt nicht laut, Masterji.»
«Werden Sie morgen zu mir nach Hause kommen, morgens?»
«Nein, Masterji. Ich kann nicht.»
Trivedi zog dreimal an seiner Zigarette und warf sie weg.
«Aber … Sie sagten, Sie würden es tun … ich habe mit niemandem sonst geredet, weil Sie …»
Der Priester klopfte sich duftenden Talkumpuder von der rechten Schulter.
Die moralische Evolution einer ganzen Nachbarschaft schien in dieser Geste zu liegen. Masterji begriff. Trivedi und den anderen war klar geworden, dass die Preise ihrer eigenen Wohnungen steigen würden; die Makler hatten wahrscheinlich von zwanzig Prozent jährlich gesprochen, wenn die Glasfassade des Shanghai hochgezogen wurde. Vielleicht sogar fünfundzwanzig Prozent. Und
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