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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Night,
während der Verwalter auf seinen Schenkeln den Takt schlug.
    «Ajwani kommt nicht.» Mrs Puri stand vom Feldbett auf und strich ihren Sari glatt. «Irgendetwas ist ihm zugestoßen.»
    «Ach, ja?» Kudwa hörte auf zu singen. «Dann ist es also vorbei, oder?»
    Ohne einander anzusehen, hielten sich Mrs Puri und ihr Mann an der Hand.
    «Wir können diese Chance nicht verstreichen lassen, Ibby. Es ist doch für Ramu.»
    «Ich kann nicht zulassen, dass ihr zwei das allein macht.» Der Verwalter stand auf. «Ich passe auf, dass niemand zusieht. Das ist meine Pflicht. Und du, Ibrahim, wirst du zur Polizei gehen?»
    Ibrahim Kudwa blinzelte, als verstünde er die Worte des Verwalters nicht. «Ihr seid doch seit neun Jahren meine Nachbarn», sagte er.
    Der Verwalter umarmte ihn. «Du warst immer einer von uns, Ibrahim. Vom ersten Tag an. Und jetzt geh nach Hause und schlaf.»
    Kudwa schüttelte den Kopf. «Neun Jahre zusammen. Wenn ihr ins Gefängnis geht, gehe ich auch ins Gefängnis.»
    Man beschloss, dass die Puris zuerst das Maklerbüro verlassen sollten. Die Hintertür, die vom Nebenraum in eine Seitengasse führte, schloss sich hinter ihnen.
    Ein paar Minuten später klingelte Kotharis Handy.
    «Masterji ist auf der Dachterrasse. Ram Khare ist nicht im Wachhäuschen. Komm.»
    Sie gingen ebenfalls durch die Hintertür. Sie überquerten den Markt. Auf dem Weg zu ihrem Haus sagte Kudwa: «Vielleicht
sollten
wir ihn noch mal fragen. Ob er unterschreibt.»
    Beide blieben stehen. Zu ihrer Linken war ein Papierdrachen herabgesegelt und auf die Straße gestürzt.
    Der Verwalter ging weiter, aber nicht Ibrahim Kudwa; der Sadhu schlief am weißgetünchten Banyanbaum draußen vor seinem Internetcafé. Über seinem Kopf klebte ein hektografierter Werbezettel:
    STARK PARFÜMIERTES KARBOL.
DESINFIZIERT & BRINGT FRISCHE IN IHR HAUS.
DIREKTKAUF.
170 RS FÜR 5 LITER.
    Könnte ich doch jetzt den reinigenden Duft von Desinfektionsmittel einatmen,
dachte Kudwa. Er blickte nach oben und entdeckte den dunklen Stern vom vergangenen Weihnachtsfest über seinem Café.
    «Glauben Sie … sie erwarten, dass ich bis zur Genossenschaft mitkomme?»
    «Wovon redest du, Ibrahim?»
    «Ich meine, ob Mrs Puri und Mr Puri erwarten, dass ich bis zur Genossenschaft mitkomme? Oder wissen sie auch, dass ich die Sache unterstütze, wenn ich bloß bis hierher mitgehe und dann wieder umkehre?»
    «Ibrahim,
ich
erwarte, dass du bis zur Genossenschaft mitkommst. Wir müssen sichergehen, dass Mr und Mrs Puri in Sicherheit sind. Sonst
machen
wir doch gar nichts.»
    Die Tür des Internetcafés ruckelte. Kudwa fiel ein, dass sie nichtvon innen doppelt verriegelt worden war. Wie oft hatte er Arjun gesagt, dass jemand von außen das Schloss knacken und die Computer stehlen könnte, wenn er nicht …
    «Ibrahim! Ich brauche dich.»
    «Komme schon.»
    In Sichtweite der Vishram Society wurden die beiden Männer entdeckt.
    «Das ist Trivedi. Er kommt hier entlang. Wir sollten zurückgehen.»
    «Er wird morgen nichts sagen. Ich kenne diesen Mann.»
    Trivedi, der bis auf sein Tuch mit nacktem Oberkörper herumlief, lächelte den Männern zu und ging an ihnen vorbei.
    Als sie das Tor erreicht hatten, sah der Verwalter hoch und sagte: «Er ist
nicht
auf der Dachterrasse.»
    Sie klinkten das Tor auf und liefen auf Zehenspitzen über das Grundstück, der Verwalter stürzte für ein paar Sekunden in sein Büro und ließ Ibrahim Kudwa, der sich die Hände rieb, vor dem Schwarzen Brett stehen.
    «Was wollen Sie damit?», fragte er, als Kothari mit einer Rolle Klebeband zurückkam.
    «Geh ins Büro», flüsterte der Verwalter, «und hol den Hammer. Er liegt neben der Schreibmaschine.»
    Mrs Puri wartete oben auf der Treppe auf sie. Ihr Mann stand hinter ihr.
    «Er ist gerade von der Dachterrasse heruntergekommen und hat seine Tür zugemacht. Ihr Männer habt zu lange gebraucht.»
    «Blasen wir die Sache ab?», fragte Kudwa. «Machen wir’s ein andermal?»
    «Nein. Haben Sie den Schlüssel, Kothari?»
    Der Verwalter hatte nicht nur Klebeband aus seinem Büro mitgebracht. Er schob den Zweitschlüssel von 3 A ins Schloss und mühte sich ab. Aus der Wohnung der Pintos war der Lärm einer Fernsehserie zu hören.
    «Sollten wir ihn nicht noch ein letztes Mal fragen, ob er nicht doch unterschreibt?»
    «Halt den Mund, Ibrahim. Bleib einfach hier und behalt die Tür im Auge.»
    Die Tür ging auf. Masterji war im Wohnzimmer eingeschlafen, hatte die Füße auf den Teakholztisch

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