Letzter Mann im Turm - Roman
offensichtlich wie das Meer.
«Es war ein Katz-und-Maus-Spiel. Von Anfang an.»
Und Dharmen Shah war immer die Katze gewesen.
Ich sitze in der Falle,
dachte Ajwani, als er auf der Mauer auf den Bahnhof Churchgate zuging. Mrs Puri und der Verwalter warteten auf ihn. Er hatte, mehr als jeder andere, seine Wohnungsgenossenschaft, diese Nieten, so weit gebracht. Er konnte sie jetzt nicht im Stich lassen. Er blickte hinunter und dachte, wenn er nur dort unten leben könnte, bei den Krabben, zwischen den großen Steinen, an denen sich das Wasser brach.
Im Bahnhof kaufte Ajwani für fünf Rupien einen weißen Plastikbecher mit Pulverkaffee. Sein Magen brauchte Hilfe. Diese ganzen Industrieabgase aus den Metallwerkstätten. Er nippte an dem Kaffee und ging zu seinem Gleis; die Borival-Regionalbahn würde gleich abfahren.
Nun hatte er Industrieabgase
und
Pulverkaffee im Magen. Mit jedem Schwanken und Rütteln des Zuges ging es ihm schlechter.
Er verfluchte sein Glück. Von all den Dingen, die man sich in der Falkland Road holen konnte – all die Dinge mit den schrecklichenNamen, über die er sich all die Jahre Sorgen gemacht hatte – Gonorrhö, Syphilis, Prostatitis, Aids –, musste er sich ausgerechnet so etwas holen: ein Gewissen.
«Du bist am
Kala Paani»,
sagte er sich. «Du
musst
es überqueren.
Musst
einer von denen sein, die im Leben etwas gebacken bekommen.»
Ein anderer Fahrgast starrte ihn an. Eidechsengleich, korpulent, volllippig, mit dicken Augenbrauen. Der Mann umklammerte mit seinen mächtigen Unterarmen eine kleine Ledertasche; seine Augen traten hervor, als sie Ajwani fixierten.
Der Eidechsenmann gähnte.
Als er den Mund wieder schloss, hatte er das Gesicht des Geschäftsführers des Confidence-Konzerns angenommen. Umgehend war das Abteil voller Shahs.
«Frische Luft, bitte. Frische …» Ajwani schob sich durch die Menge zur offenen Tür des fahrenden Zuges. «Bitte, lassen Sie mich Luft schnappen.»
Zuwanderer hatten sich auf dem Brachland entlang der Gleise niedergelassen; sie hatten es in ein Gemüsebeet verwandelt, säten aus und bewässerten es. Ajwani klammerte sich an die Stange an der offenen Zugtür. Hinter den kleinen grünen Feldern konnte er die blauen Zelte sehen, in denen sie lebten. Der Anblick war schmerzend; in seinem Magen verspürte er das Bedürfnis, ihnen zuzurufen.
Er erbrach sich auf die Gleise.
Auf dem Markt gingen die Lichter an, als der Verwalter seine Schuhe auf der Kokosmatte vor Renaissance Immobilien abputzte.
«Kommen Sie rein, Sir», hatte Mani gesagt. Ajwani hatte ihm gesagt, was er tun solle, wenn Kothari eintraf.
Er führte den Verwalter unter der Daisy-Duck-Uhr hindurch in den Nebenraum und sagte ihm, er solle sich aufs Bett setzen.
«Dein Boss ist nicht hier?», fragte der Verwalter mit Blick aufdas leere Feldbett. «Ich habe mich den ganzen Tag im Haus meiner Schwiegermutter versteckt. In Goregaon. Neben dem Topiwala. Ich bin gerade erst wieder in Vakola. Wo ist er denn?»
Mani zuckte mit den Schultern.
«Er geht nicht mal ans Telefon. Vielleicht sollte ich draußen auf ihn warten.»
«Es ist besser, wenn Sie hier warten, Sir, oder?» In Manis Augen glänzte das übliche Halbwissen über die Geschäfte seines Herrn.
Der Verwalter setzte sich auf das Feldbett, betrachtete den Weidenkorb voller Kokosnüsse und fragte sich, ob der Makler sie durchgezählt hatte. Ein paar Minuten später öffnete sich knarrend die Tür.
«Sie?», fragte Mrs Puri, als sie den Nebenraum betrat. «Sie sollten eigentlich gar nicht hier sein.»
«Ich habe mir dauernd Gedanken über Sie gemacht, Mrs Puri. Ich wollte nur sichergehen, dass bei Ihnen alles in Ordnung ist», sagte der Verwalter.
«Lassen Sie uns hier lieber allein, Kothari. Alles, was wir von Ihnen wollen, ist ein Alibi.»
Der Verwalter der Vishram Society schüttelte den Kopf. «Und was ist mit meiner Verantwortung Ihnen gegenüber, Mrs Puri? Mein Vater hat gesagt, ein Mensch, der nur für sich lebt, ist ein Tier. Ich werde mich versichern, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist. Aber sagen Sie mal, wo ist Ajwani?»
«In der Stadt», sagte Mrs Puri. «Falkland Road.»
«An so einem Tag?»
«Besonders an so einem Tag. Er ist dieser Typ Mann.»
«Dann will ich hier warten, bis er wieder zurückkommt. Das ist meine Pflicht, wissen Sie. Erzählen Sie mir nicht, dass ich gehen soll.»
Der Verwalter gab dem Weidenkorb einen Tritt in Richtung Mrs Puri, die ihn zurückkickte, und daraus entwickelte sich einSpiel
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