Letzter Mann im Turm - Roman
beweisen konnten, dass sie zu diesem Zeitpunkt woanders gewesen waren. Die Einzigen, die im Haus gewesen waren, als Masterji vom Dach stürzte, waren die Pintos, ein altes Ehepaar, das kaum fähig schien, sich zu rühren oder etwas zu sehen.
Der Bauherr? Nagarkar wusste, dass Shah gerissen war, zu gerissen, sich auf irgendetwas einzulassen, wenn er automatisch zu den Verdächtigen gehörte. Also wurde Masterji in seinem eigenen Mordfall zum Hauptverdächtigen. Viele, in Vishram und in der gesamten Nachbarschaft, bestätigten, dass der Lehrer schon seit einiger Zeit senil und unberechenbar gewesen war. Der Tod seiner Frau und sein Diabetes hatten ihn depressiv gemacht. Schließlich beschloss der Kommissar, da er ungelöste Rätsel nicht mochte, dass es Selbstmord gewesen sein musste.
Ajwani wusste, dass das nicht stimmte. Eine Woche lang hatte er mit niemandem in Vishram geredet. Dann zog er mit seinem Sohn und seiner Frau in eine Mietwohnung in der Nähe des Bahnhofs. Er wollte nicht mehr mit diesen Menschen zusammenleben.
Er wusste nicht genau, wie sie es gemacht hatten. Vielleicht hatten es Mr und Mrs Puri allein gemacht, vielleicht hatte der Verwalter dabei geholfen. Vielleicht war es auch nur ein Schubs gewesen. Aber nein, ein Teil von ihm wusste, dass Masterji sich gewehrt hätte. Eine echte Kämpfernatur, der Alte. Sie mussten ihnbetäubt oder vielleicht auch geschlagen haben; was immer sie getan haben mochten, wurde nicht entdeckt, weil der Kopf beim Sturz verletzt worden war oder weil der Arzt, der die Leiche untersucht hatte, unfähig, gelangweilt oder betrunken gewesen war.
Zweimal am Tag ging er auf den Obst- und Gemüsemarkt, wenn er konnte, sogar dreimal. Er feilschte um Karotten, Guaven und Beschimpfungen, das war Teil seiner Buße. Er hoffte, dass ihn die Verkäufer eines Tages umzingeln und ihm die Finger in die Rippen stoßen, ihn dann mit Tomaten und Kartoffeln bewerfen und ihm Chilischoten in die Augen pressen würden. Er wollte besudelt und als Mörder beschimpft nach Hause gehen.
Nach seinem Tod schwebte Masterji zwei Monate lang wie ein Nachbild dunklen Glanzes über dem Markt von Vakola, wie eine Ascheschicht auf den Waren. Dann gab es neue Skandale und Geheimnisse. Die Verkäufer vergaßen ihn; Ajwani wurde zu einem Kunden wie jeder andere.
Er verließ den Markt, hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt und lief weiter, bis er den Lärm von Hämmern hörte, die Steine und Ziegel zerschlugen.
Die Vishram Society wimmelte von Arbeitern wie ein Zuckerklumpen von Ameisen. Das Dach war eingestürzt; Männer saßen auf den freigelegten Balken und standen überall auf der Treppe, sägten am Holz herum und hämmerten gegen Mauern und Balken. TNT konnte in einer derart dicht besiedelten Gegend nicht eingesetzt werden; der Abriss musste von Hand vorgenommen werden. Die Männer, die für Confidence die Häuser Excelsior und Fountainhead erbaut hatten, zerschlugen, zerhackten, entbeinten Vishram; Frauen trugen auf ihren Köpfen Wannen mit Schutt fort und leerten diese auf die Ladefläche eines Lastwagens.
Alle paar Stunden fuhr der Lkw die Straße hinunter und goss den Schutt als Füllmaterial in das Fundament des Ultimex Milano. Das Metallskelett unter dem Anstrich und dem Mörtel würde in den Werkstätten rund um die Falkland Road landen, um dort weiterverarbeitetzu werden. Selbst im Tode war die Vishram Society Vakola und Mumbai noch zu Diensten.
Bei jedem Hammerschlag dampfte Vishram und stieß kleine weiße Wölkchen aus wie einer der wutschnaubenden Männer aus den
Tom-und-Jerry-Trickfilmen,
die Ajwanis Söhne morgens ansahen. Als würde das Gebäude, weil es Mr Shah so viele Schwierigkeiten bereitet hatte, langsam gefoltert. Einige der christlichen Arbeiter hatten das schwarze Kreuz retten wollen, aber es war weg, wahrscheinlich auch im Milano-Fundament gelandet. Bald wäre der alte Banyan alles, was von der Vishram Society noch übrig blieb. Bei jeder Brise streiften seine Blätter das verlassene Wachhäuschen wie ein Kind, das einen toten Gegenstand zum Leben zu erwecken versucht.
Ajwani lehnte sich an den Baum und berührte den Stamm.
«He, reicher Mann! Wo sind Sie gewesen?»
Ein großer, schlanker Mann, der sich weißen Staub von seinem weißen Hemd und der schwarzen Hose geklopft hatte, kam auf ihn zu.
«Sie haben die Einwilligung nicht unterschrieben», sagte Shanmugham, «und ohne die Unterschrift kann der Confidence-Konzern Ihnen das Geld nicht geben.»
Ajwani löste
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