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Letzter Mann im Turm - Roman

Letzter Mann im Turm - Roman

Titel: Letzter Mann im Turm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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sich vom Baum.
    Shanmugham hob ein Bein und klopfte sich weißen Staub von seiner Hose.
    «13 Millionen. Ihr seid jetzt alle reich, und was bekomme ich, Mr Ajwani? Nichts.»
    Mr Shah hatte ihm keinen Bonus gezahlt. Nicht einmal ein Kopftätscheln, wie es ein Hund bekommt, wenn er das Stöckchen apportiert. Der Boss hatte nur gesagt: «Jetzt will ich, dass du dafür sorgst, dass der Abriss sich auch nicht um einen Tag verzögert, Shanmugham. Zeit ist Geld.»
    Monatelang hatte er rote Schachteln mit Süßigkeiten an die Bewohner von Vishram verteilt; wo war
seine
rote Schachtel?
    Er trat näher an den Makler heran und senkte die Stimme.
    «Ich habe darüber nachgedacht, was Sie gesagt haben. An dem Tag in Ihrem Nebenraum, als wir da mit den Kokosnüssen saßen. Wie es einige schlaue linke Hände tatsächlich anstellen …»
    Ajwani fuhr zusammen. Der Makler ging eilig davon, mit schwingenden Armen, als wollte er gleich zu rennen anfangen.
    «Kommen Sie zurück, Mr Ajwani. Wenn Sie Ihren Vertrag nicht unterschreiben, bekommen Sie kein Geld!»
    Was war bloß mit diesem Mann los?
    Shanmugham kniff ein Auge zu und blickte auf die Blätter des alten Banyanbaums: Sonnenlicht sickerte durch das Laubwerk wie roher weißer Honig. Er hob einen Stein auf und schleuderte ihn in das Licht.

16. DEZEMBER
    Der Aufzug öffnete sich, und der
chai-Junge
trat mit einem Tablett voller Teetassen auf den Parkplatz.
    Er blieb stehen und glotzte.
    Der große Mann im weißen Hemd tat es schon wieder. Er stand vor seiner Honda Hero und sprach in den Rückspiegel.
    «Mr Shah, ich weiß, Sie haben gesagt, Sie wollen nie wieder über ein gewisses Ereignis reden, aber gestern habe ich diesen Makler getroffen, und ich …»
    Der große Mann schloss die Augen und nahm einen neuen Anlauf.
    «Mr Shah, die wahre Geschichte hinter … ich weiß, Sie haben gesagt, ich solle es nie wieder erwähnen, aber ich …»
    Der
chai
-Junge ging auf Zehenspitzen um ihn herum, er trug sein Tablett mit dem Morgentee zu den Fahrern, die am anderen Ende der Tiefgarage warteten.
    Eine Viertelstunde später stand Shanmugham vor seinem Arbeitgeber. Giri war in der Küche und hackte irgendetwas in Stücke.
    An seinem Schreibtisch, hinter sich das Eiffelturm-Poster, unterschrieb sein Boss Seite für Seite einen ganzen Stapel Papiere.
    «Habe ich gesagt, dass du raufkommen sollst, Shanmugham?», fragte er, ohne aufzusehen. «Geh runter und warte auf mich. Wir müssen sofort nach Juhu fahren.»
    Die linke Hand rührte sich nicht.
    Shah blickte auf, er hielt einen silbernen Füller zwischen den Fingern.
    «Wir haben gerade einen Anruf bekommen, Shanmugham. Satish ist verhaftet worden. Hat wieder mit seiner Gang zugeschlagen.Diesmal in Juhu.» Er machte mit seinem Füller eine kreisende Bewegung. «Sie haben den Van irgendeines Politikers besprüht. Giri steckt gerade das Geld in einen Umschlag. Diesmal wird es uns nicht gelingen, dass diese Sache nicht in die Zeitung kommt.»
    Shanmugham sagte auf, was er beinahe zwanzig Minuten lang geprobt hatte: «Sir, was diesen Mord in der Vishram Society betrifft. Ich habe länger darüber nachgedacht. Es war kein Selbstmord. In Vakola heißt es, entweder war es Shah oder es waren die Nachbarn. Und Sie waren es nicht, weil ich es nicht war. Also waren es die Nachbarn.»
    Shah sah nicht auf.
    «Die Zeitungen schreiben, es war Selbstmord. Geh runter und warte. Wir müssen nach Juhu.»
    Shanmugham sprach zu dem Eiffelturm-Poster über dem Kopf seines Arbeitsgebers.
    «Die Polizei wäre vielleicht interessiert, Sir, wenn ihr jemand erzählt, dass es die Vishram-Leute waren. Sie könnte den Fall wieder aufrollen. Sich die Fotos der Leiche mal etwas genauer ansehen. Der Baubeginn könnte sich verzögern.»
    Der silberne Füller fiel auf den Tisch.
    Shanmugham fröstelte; in einem anderen Zimmer klingelte Shahs Handy. Giri kam mit dem Handy herein, wischte es an seinem
lungi
ab und legte es auf den Schreibtisch seines Arbeitgebers.
    Shah lauschte der Stimme am Telefon mit geschlossenen Augen.
    «Ich bin auf dem Weg. Verstehe. Ich bin auf dem Weg.»
    Er wischte das Handy am Unterarm ab und hielt es Giri hin.
    Giri stand eine Minute lang auf der Türschwelle und betrachtete die beiden Männer. Dann ging er in die Küche zurück und schnitt weiter Brot.
    Shahs Kiefer mahlte. Er brach in Lachen aus.
    «Du bist mir ja ein Früchtchen, Shanmugham. Ein echtes Früchtchen.»
    Er klopfte zweimal auf seinen Schreibtisch.
    «Hör mir mal genau zu: Im

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