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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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alles kam ihr irgendwie unwirklich vor. Alles, was geschehen war, einschließlich ihrer Beziehung zu Kez. Die Tode und der Schmerz, die Kez in ihrem Kielwasser hinterlassen hatte. Die Seltsamkeit ihres langen Beichttages. Sams und Terris Schüsse auf Kez.
    Kez, die in ihren Armen gestorben war.
    Kez, die sie geliebt hatte.
    Cathy hatte nun sehr viel darüber geredet, doch auf emotionaler Ebene war es beinahe so, als wäre das alles nie geschehen. Sie wusste aus Erfahrung, dass diese Taubheit nur ein vorübergehender Trost war, den das Hirn spendete; sie wusste, dass es nicht anhalten würde. Aber im Augenblick hatte sie sich erst einmal gefühlsmäßig verausgabt.
    Im Laufe der Zeit – auch das wusste sie – würde sie sich mit weit mehr auseinandersetzen müssen, viel mehr. Mehr Verhöre, mehr Protokolle, mehr Herumstochern in ihrem Privatleben und ihrer Beziehung zu Kez.
    Und dann musste sie noch nach Hause gehen, zu Saul, der ihr wohl verzeihen würde, wie sie ihn kannte.
    Ihre ganze Familie würde ihr verzeihen. Grace und David würden sich um sie sorgen und ihr versichern, immer für sie da zu sein. Sam würde dann und wann besorgt nach ihr sehen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht ihm die Schuld für Kez’ Tod gab.
    All diese Freundlichkeiten würden vermutlich alles nur noch schlimmer machen, obwohl Cathy sich dessen nicht sicher sein konnte.
    Sie konnte sich gar nichts mehr sicher sein.
    Außer dass sie wegen ihrer Erschöpfung und der emotionalen Lähmung schreckliche Angst vor bestimmten Dingen hatte.
    Dass Kez sich nur wegen ihrer Vergangenheit von ihr angezogen gefühlt hatte.
    Dass Liebe, intime Liebe nicht für sie bestimmt war, weil sie irgendeinen Makel hatte.
    Dass jeder Mensch, der sie liebte, ein Risiko einging.
    Dass sie vielleicht nie wieder in der Lage sein würde, intensiv zu empfinden.
    Oder schlimmer noch: dass sie wieder etwas empfinden würde.

145.
    »Ich war da«, sagte Lucia. »In Naples.«
    Ein kleines weißes Boot mit einer braun gebrannten Frau am Steuer, die Sonnenbrille auf das glänzende goldene Haar geschoben, fuhr gelassen an der Christina vorbei und warf kleine Wellen gegen ihren Rumpf.
    »Ich habe gesehen, was geschehen ist«, fuhr Lucia fort. »Was sie mit Kez gemacht haben.«
    »O Gott.« Grace war entsetzt. »Oh, Lucia, das tut mir schrecklich leid.«
    So war es wirklich, trotz der Umstände. Es war erstaunlich, wie schnell ihr Mitgefühl zurückgekehrt war, auch wenn ihr Herz gleichzeitig so verrückt schlug und Angst das Mitgefühl bereits wieder zu verdrängen drohte.
    »Sauls junge Freundin und Detective Becket«, sagte Lucia.
    Jetzt war ihre Feindseligkeit unverkennbar. Aber wenn man an Sams knappen Bericht über die Ereignisse dachte, die zu Kez’ Tod geführt hatten, wie hätte sie da nicht feindselig sein sollen?
    »Ja, mir tut es auch leid«, sagte Lucia. »Für Cathy und Saul. Ich habe gebetet, dass er sich erholen und mit seinem Studium weitermachen würde. Und ich kann sogar verstehen, warum seine Freundin und Ihr Mann getan haben, was sie getan haben … Ich nehme an, in gewisser Hinsicht kann ich das sogar besser verstehen als die meisten.«
    Sie trank aus ihrer Tasse und stellte sie dann ab.
    »Aber ich kann ihnen niemals verzeihen«, sagte sie.
    »Sie haben Cathy beschützt«, erklärte Grace.
    »Vielleicht haben sie das ja geglaubt«, sagte Lucia. »Aber niemand wird je mit Sicherheit wissen, ob Cathy Schutz überhaupt brauchte. Und wenn Kez solch eine große Gefahr für sie dargestellt hat, warum ist Cathy dann neben ihr auf die Knie gesunken, als sie gefallen ist?Warum hat Cathy über meiner Nichte geweint, als sie dort sterbend lag?«
    »Weil sie ihr am Herzen lag«, antwortete Grace.
    »Wenigstens war sie am Ende für Kez da.«
    Grace hörte die Bitterkeit.
    »Warum sind Sie nicht zu ihr gegangen, Lucia?« Nun war es an ihr, ihr Gegenüber ein wenig herauszufordern. »Wenn Sie dort waren, wenn Sie gewusst haben, dass alles vorbei war, wenn Sie nichts mehr haben tun können, um Kez zu beschützen, warum haben Sie sich dann nicht gezeigt und Ihre Verwandtschaft dort an Ort und Stelle gestanden?« Grace wusste, dass sie ein Risiko einging, aber das war ihr egal; sie wollte eine Antwort. »Warum haben Sie Naples wieder verlassen und sind hierher zurückgefahren?«
    »Weil ich noch einige Dinge für sie tun musste«, antwortete Lucia.
    »Was für Dinge?«
    »Private Dinge.«
    Sie schaute auf Grace’ Tasse.
    »Sie haben Ihren Tee ja gar nicht

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