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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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und …« Er zögerte erneut. »Es hat vermutlich nichts zu bedeuten, aber es sah so aus, als wäre das, was er genommen hat, verdorbener Stoff gewesen.«
    »Mein Gott!« Grace’ Entsetzen wuchs.
    David klang wütend. »Gregorys Gesicht war grässlich verzerrt, vermutlich von einer Art Krampf, der die unterschiedlichsten Ursachen gehabt haben kann, aber …«
    Diesmal wartete Grace, dass er weitersprach.
    »Aber es war nicht nur sein Gesicht«, fügte David hinzu. »Sein ganzer Leib sah verkrampft aus.«
    »Du glaubst, die Drogen waren mit etwas Giftigem verschnitten?«
    »Das passiert doch ständig, oder? Dass Drogen versetzt werden, um mehr ›Bumm‹ zu haben? Mit Rattengift, Insektiziden oder Gott weiß was.« Der Kinderarzt seufzte traurig. »Verrückt.«
    Beide schwiegen eine Weile, während Grace ihren Mut zusammennahm, um die Frage zu stellen, die ihr im Augenblick am unerträglichsten vorkam.
    »Dann war es kein Selbstmord?« Sie spürte das Baby treten und legte die freie Hand auf den Bauch.
    »Was das betrifft, kann ich mich nicht festlegen, Grace.«
    »Ich weiß nicht, ob Jay es dir erzählt hat«, sagte sie. »Vergangene Woche hatte ich zwei Sitzungen mit Greg.«
    »Doch. Das hat er mir erzählt«, erwiderte David in sanftem Ton.
    »Ich konnte ihm nicht helfen«, sagte Grace. »Ich habe ihm nicht geholfen.«
    »Du hast es versucht«, entgegnete David.
    Aber ich habe mir nicht genug Mühe gegeben, ging es ihr durch den Kopf, doch wütend über sich selbst schob sie den Gedanken beiseite. Hier ging es nicht um sie; hier ging es um einen vierzehnjährigen Jungen, seine Eltern und seine kleine Schwester.
    »Ich werde gehen«, sagte Grace. »Sofort.«
    Sie fuhr die vertraute Route die Collins hoch, vorbei am Haulover Park, an Dutzenden Apartmentblocks und Hotels, und stählte sich die ganze Fahrt über für das Verhör durch die verzweifelten Eltern, das wahrscheinlich kommen würde – wenn nicht jetzt, dann später.
    Vor einigen Jahren hatte eine ihrer Patientinnen, eine depressive junge Frau, Selbstmord begangen. Grace hatte nie den Ausdruck der Qual in den Gesichtern der Eltern vergessen, ebenso wenig wie ihre eigenen Selbstvorwürfe.
    Und Cathy. Vergiss nicht Cathy.
    Die selbst einmal vor langer Zeit um Hilfe gerufen hatte, die versucht hatte …
    Nicht jetzt.
    Mit aller Gewalt verdrängte Grace die Erinnerung und konzentrierte sich auf Gregory.
    Bitte, lass es ein Unfall gewesen sein.
    Ihr verzweifelter Wunsch, der Tod des Jungen möge kein Selbstmord gewesen sein, gründete sich vor allem auf die Sorge um die Familie; aber es gab auch selbstsüchtige Gründe dafür, wie Grace erkannte, als sie im Geiste noch einmal die beiden letzten Sitzungen mit dem Teenager durchging.
    Verstört, verletzt, gehetzt und vor allem verängstigt.
    Aber nicht selbstmordgefährdet.
    Jedenfalls war er das nicht gewesen, als Grace ihn gesehen hatte, aber das schloss natürlich keine plötzliche Verschlechterung aus.
    Wenn der unbekannte Grund für seine Angst sich jedoch ungewöhnlich verstärkt haben sollte, war es durchaus möglich, dass Gregory es mit einem Mal als unerträglich empfunden hatte – unerträglich genug, um die Substanz zu benutzen, die David neben dem Leichnam gesehen hatte, was immer es gewesen sein mochte.
    Grace erinnerte sich an das Ende ihrer letzten Sitzung mit Greg.
    An die Worte, die sie kaum hatte verstehen können.
    »Er hat mich gesehen.«
    Greg hatte zutiefst verängstigt ausgesehen, als er das gesagt hatte.
    Mehr als verängstigt. Panisch.
    War das vielleicht nur das Fantasieprodukt eines von Drogenvernebelten Geistes gewesen? Etwas aus seinen Albträumen, das ihn an der Kehle gepackt hatte? Einer von jenen furchtbaren Träumen, die seine Mutter dazu bewegt hatten, ihn wieder zu Grace zu bringen?
    Sie hatte ihm nicht geholfen.
    Schrecken auf Schrecken wartete hinter den Palmen und Begonien des hübschen Vorgartens am Haus der Familie Hoffman an der North Bay Road.
    Die Leiche war bereits fortgeschafft worden, doch im Haus wimmelte es noch immer von Polizei und Spurensicherung. Die Beamten gingen im Schlafzimmer des Teenagers ein und aus und wanderten über die Veranda. Beweistüten wurden versiegelt; Kameras blitzten, und auf der Pegasus waren blau uniformierte Beamte zu sehen. Der Frieden der Bucht war auf Übelkeit erregende Art zerstört.
    Das ist mehr wie der Tatort eines Mordes, dachte Grace, nicht wie die Stelle eines Unfalls oder Selbstmords.
    Dann erinnerte sie sich daran, dass

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