Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
und tat die Niederlage mit dem gleichen Schulterzucken ab wie den Sieg. Sie sei bloß ausgehungert, sagte sie, wisse aber genau, was sie wolle – nein, der Trainer wisse nichts davon, und er würde es auch nicht gutheißen. Aber Kez brach ihre Diät ohnehin nur selten, und im Augenblick wollte sie einfach ein Steak.
    Sie verließen West Palm Beach. Cathy fuhr. Kez war in Mike Delaneys Wagen gekommen. Es ging nach Fort Lauderdale, wo sie in Ruth’s Chris Steak House gingen, von dem die Leute sagten, es gebe hier die besten Steaks in der Gegend.
    »Du hast mir erzählt«, sagte Kez einige Zeit später bei einer Golfkrabbe, »warum du läufst, aber ich habe dir noch nicht erzählt, warum ich laufe.«
    »Weil du so talentiert bist.« Cathy spießte ein Stück Herz in ihrem Salat auf. »Weil du keine andere Wahl hast, nehme ich an?«
    »Ich habe mit Laufen angefangen«, erklärte Kez, »weil ich es konnte, und ich habe damit weitergemacht, weil ich gut war. Schließlich bin ich dabei hängen geblieben.« Sie aß ihre Krabbe, leckte sich die Finger und schaute Cathy in die Augen. »Du läufst, um von bestimmten Dingen wegzukommen. Ich laufe, weil ich Angst habe, dass ich wieder hässlich werde, wenn ich stehen bleibe.«
    »Hässlich?« Cathy konnte das Staunen in ihrer Stimme nicht verbergen.
    »O ja«, sagte Kez. »Ich war ein wirklich hässlicher Teenager.«
    »Das kann nicht sein«, sagte Cathy.
    »Ich bin auch jetzt nicht gerade ein Ölgemälde.« Kez streckte ihre Hände aus, die Handflächen nach unten, die Finger gespreizt. »Deshalb mache ich auch solche Sachen wie die Nägel so bemalen.«
    »Ich dachte, das wäre so eine Art Tribut an Flo-Jo«, sagte Cathy.
    »Sicher«, räumte Kez ein, »das auch. Ich habe sie sehr bewundert …wer nicht?« Sie hielt kurz inne. »Aber ich mache es auch, weil es die Leute von mir ablenkt … vom Rest meines Körpers.«
    »Das ist verrückt«, sagte Cathy. »Du bist wunderschön.«
    »Und du bist sehr freundlich«, erwiderte Kez.
    »Nein«, bestand Cathy auf ihrer Aussage. »Dein Gesicht, dein Körper … alles fantastisch.«
    Kez schüttelte den Kopf. »Du bist viel zu schön, um das zu verstehen.«
    Cathy lachte.
    »Was ist so komisch?«, fragte Kez in gereiztem Tonfall.
    Cathy schaute sie überrascht an und sah in ihren Augen, dass sie verletzt war. Und vielleicht war da auch ein Hauch von Zorn, erkannte sie, weil Kez glaubte, sie habe sie ausgelacht.
    »Ich bin wohl einfach nur verlegen.« Cathy hielt kurz inne. »Ich habe mich selbst nie als schön empfunden.«
    Der Schmerz und die Wut waren bereits aus Kez’ Augen verschwunden.
    »Dann bist du diejenige, die hier verrückt ist«, sagte sie und schaute Cathy warmherzig an.
    Sie sorgte dafür, dass Cathy sich als etwas Besonderes fühlte.
    Cathy hatte nie einen Jungen kennen gelernt, der ihr dieses Gefühl vermittelt hätte.

22.
    20. August
    »Hast du gesehen, wie sie aussieht, Sam?«, fragte Grace leise.
    Cathy war vor einer Weile zurückgekommen und hatte ihre Eltern im Arbeitszimmer angetroffen, wo sie sich eine der alten britischen Sitcoms anschauten, die sie so sehr mochten. Woody lag auf dem Sofa zwischen ihnen und teilte mit Grace das Popcorn, für das sie seit Beginn ihrer Schwangerschaft eine gewisse Leidenschaft entwickelt hatte. Cathy hatte nicht viel über ihren Tag erzählt, nur dass sie ein großartiges Abendessen gehabt hätte und nun müde sei und gleich ins Bett gehe; dann war sie nach oben gegangen.
    »Glücklich«, sagte Sam. »Sie sieht aus, als hätte sie eine schöne Zeit gehabt.«
    »Hm«, sagte Grace. »Ein wenig mehr als das, würde ich sagen.«
    Sam schaute sie kurz an. »Und warum ist das schlecht?«
    »Natürlich ist das nicht schlecht.« Grace dachte einen Moment nach. »Ich kann dir keinen guten Grund nennen, warum ich so empfinde, aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass Kez einen stärkeren Einfluss auf sie ausübt, als Cathy klar ist.«
    Sam runzelte die Stirn und beugte sich vor. »Was für einen Einfluss?«
    Grace schüttelte den Kopf. »Ich verwandele mich wohl in eine typisch neurotische Mutter. Ich habe Angst, dass Cathy verletzt werden könnte.«
    »Das ist doch nicht neurotisch«, sagte Sam, »besonders nicht bei Cathy.« Er kraulte den Hund hinter den Ohren. »Sag mir einfach, was du denkst, Gracie. Sprich es aus.«
    »Ich glaube, Kez ist lesbisch«, sagte sie.
    Sam schaute sie an. »Das war jetzt ein Scherz, oder?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Cathy ist nicht lesbisch«,

Weitere Kostenlose Bücher