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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gesicht, den Schweiß, der ihr in Strömen ausbrach, spürte, wie sich jede Sehne in ihrem Körper anspannte.
    „Mary, oh, Mary ..." Jesse trat ans Fußende des Bettes.
    Sie wollte ihn rufen, wollte ihm sagen, sie brauche seine Hände an ihren Schultern, auf ihrer Stirn, aber ihr fehlte die Kraft, um zu sprechen. Nur tiefe, kehlige Schreie brachen aus ihr heraus. Sie zog die Knie an und presste mit aller Macht, ließ Jesse nicht aus den Augen, beschwor ihn mit Blicken, als könne er ihr Erleichterung verschaffen.
    Der Lampenschein warf dunkle Schatten über sein fahles Gesiecht . „Ich denke ... ich sehe den Kopf", sagte er verwundert. „Warte, nein, verdammt... jetzt sehe ich nichts mehr."
    Sie verstand nicht, was er sagte. Sie spürte nur diesen unerträglichen Druck und wusste, dass sie pressen musste, war erfüllt von einem unbändigen Drang, zu pressen und immer fester zu pressen. Das war wichtiger als zu atmen, zu denken, zu fühlen.
    „Mary! Es ist... Grundgütiger, es ist da, es ist ..."
    Der mörderische Druck wich plötzlich von ihr wie Luft aus einem geplatzten Ballon, löste sich im Nichts auf. Einen Augenblick spürte sie gar nichts, fühlte sich getrennt von ihrem Körper, von jeder Empfindung. Und dann sank sie erschöpft in die Kissen zurück, streckte schluchzend die Arme aus nach dem winzigen, mit Schleim und Blut überzogenen Geschöpf, das er ihr reichte, wickelte es in Decken und wiegte das kostbare Geschenk an ihrer Brust, wimmernd und bebend vor Erschöpfung, erfüllt von unendlichem Stolz und namenloser Dankbarkeit, dass sie es geschafft hatte.
    Jesse lehnte sich gegen den Schrank und schloss die Augen. Er zitterte, fühlte sich ausgelaugt und zugleich von einem herrlichen Glücksgefühl erfüllt, ähnlich wie nach einer waghalsigen Rettung aus Seenot, doch diese Empfindung war überwältigender. Er war Zeuge eines Wunders geworden.
    Marys Schluchzen erfüllte die Kammer, es roch nach Blut und Schweiß. Und plötzlich hörte Jesse das entfernte Krähen des Hahns der Jonssons, der den Tagesanbruch ankündigte.
    Marys Geburtswehen hatten die ganze Nacht gedauert. Ihr Baby war zur Welt gekommen, und Jesse hatte bei der Geburt geholfen. Er konnte es kaum glauben. Aber er hatte tatsächlich bei der Geburt geholfen.
    Jesse! Hilfe!"
    Er ließ sich neben dem Bett auf die Knie sinken. „Was ist?"
    „Die ... ah ..." Sie biss die Zähne aufeinander, ihr Gesicht rötete sich wie in den letzten Minuten, bevor das Baby gekommen war. „Die Nachgeburt", stieß sie hervor. „Du musst die Nabelschnur durchschneiden."
    „Schneiden ..." Schreckensbilder tauchten vor seinem inneren Auge auf. Messer, Scheren, Blut.
    „Die Nabelschnur, Jesse. Binde sie ab, und schneide sie durch. So etwas hast du doch schon bei Tieren gesehen."
    „ Ja, aber ..."
    „Na und?"
    Er fand eine Garnspule und ein scharfes Messer. Irgendwie war er auf diesen Augenblick vorbereitet gewesen, ohne es zu wissen, denn die Gegenstände lagen in der Küche bereit. Er erinnerte sich nicht daran, sie letzte Nacht zurechtgelegt zu haben. Hilflos und gelähmt vor Entsetzen stand er vor ihr und schaute ratlos auf das Bündel in ihrem Arm. „Ich glaube, ich bin so weit."
    Sie nickte benommen. Er konnte nicht begreifen, wieso sie so schön war. Ihr zerzaustes Haar hing ihr schweißnass ins Gesicht, dunkle Ringe lagen unter ihi-en Augen. Und dennoch ging ein Strahlen von ihr aus, lag ein Ausdruck von Glückseligkeit in ihrem Blick.
    Er wollte sie in die Arme schließen und ihr sagen, wie schön sie war, wie stolz er auf sie war. Aber er brachte es nicht über sich. Etwas war nicht in Ordnung, was weder er noch sie sehen oder wissen wollte ...
    Mit zitternden Händen schlug er die Bettdecke zurück. Die blutverschmierten Laken und Decken müssen gewaschen werden, schoss es ihm durch den Kopf. Dann sah er den winzigen, blutverschmierten Kopf, den winzigen Körper und die Nabelschnur, bläulich weiß und verdreht.
    Er beugte sich vor und erstarrte.
    Das Kind bewegte sich nicht.
    „Mary, ich glaube ..." Die Kehle war ihm wie ausgetrocknet. „Das Kind. Ist es in Ordnung?"
    „Was sollte nicht in Ordnung sein?"
    „Mary." Er glaubte, alles Leid zu kennen, doch nichts in seinem bisherigen Leben hatte ihn auf diesen unermesslichen Schmerz vorbereitet.
    Jetzt lernte er etwas kennen, das schmerzhafter war als sein eigenes Leid. Es war Marys Leid. Ihre Trauer würde ihn um den Verstand bringen.
    „Mary", stieß er noch einmal heiser hervor und strich

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