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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihr sanft eine nasse Haarsträhne aus der Stirn. „Es bewegt sich nicht. Es atmet nicht."
    „Was redest du da?" Sie stöhnte auf. „Sag das nicht!" Ungestüm warf sie den Kopf auf dem Kissen hin und her. „Ich verfluche dich, Jesse Morgan. Ich verfluche dich!"
    In ihren Augen flackerte der Irrsinn. Jesse wusste nicht, was er tun sollte. Instinktiv nahm er ihr das Bündel aus den Armen, denn sie durfte es nicht sehen.
    Sie schnellte hoch. „Gib mir mein Kind!" schrie sie gellend.
    „Nein, Mary, es ist besser, wenn ..." Und dann spürte er es. Ein Flattern. Eine winzige Bewegung. Er erkannte sie wieder. In den letzten Wochen, wenn Mary sich im Schlaf an ihn geschmiegt hatte, hatte er sie gespürt. Die Bewegung des Kindes.
    Ein leises Wimmern, wie das Miauen eines Kätzchens, kam aus der Deckenhülle.
    Heiß und stechend wie Nadelspitzen schössen Jesse die Tränen in die Augen, die er hastig fortblinzelte. „Es ist alles gut, Mary, das Baby ist gesund." Vor Erleichterung wurden ihm die Knie weich. Er beugte sich über sie und legte ihr vorsichtig den Säugling in die Arme. „Jetzt wollen wir uns um die Nabelschnur kümmern."
    Tränen strömten Mary übers Gesicht. „Ach, Jesse", flüsterte sie. „Ich bin so glücklich. So unsagbar glücklich." Und dann entfuhr ihr ein Schreckenslaut. „Beim gekreuzigten Heiland!"
    Er ließ die Garnspule fallen. Kälte griff ihm ans Herz. „Was? Was ist jetzt passiert?"
    „Ist es ein Junge oder ein Mädchen?"
    Er fluchte vor sich hin. „Woher soll ich das wissen?"
    „Du hast doch bei der Geburt geholfen, mein lieber Captain Morgan."
    „Darauf habe ich doch nicht geachtet."
    Sie lachte schwach und schälte das Neugeborene aus der Decke. „Ein Junge", sagte sie beinahe andächtig und strahlte vor Glück. „Wir haben einen Sohn."
    Jesse fuhr sich nervös durchs Haar und machte sich im Zimmer zu schaffen, lief aufgeregt hin und her, wechselte die blutige Bettwäsche, brachte Mary eine Schüssel warmes Wasser, damit sie sich waschen konnte, ein frisches Nachthemd und einen Stapel Windeln, die sie in den letzten Wochen gesäumt hatte. Und dann lagen Mutter und Kind frisch gewaschen in weißer Bettwäsche. Manchmal fielen ihr erschöpft die Augen zu, dann blickte sie wieder in stummer Andacht auf das winzige Gesicht, bewunderte die winzigen Hände und Füße. Immer wieder bot sie dem Säugling die Brust und stillte ihn. Jesse wandte sich ab, konnte nicht zusehen, er konnte nicht denken, nicht fühlen.
    Noch nicht. Es war zu früh.
    Im Laufe des Tages bemühte er sich, seine Gefühle zu ordnen. Er freute sich für Mary, war erleichtert, dass sie und das Baby gesund waren, mehr konnte er für den Säugling nicht empfinden. Er war nicht sein Vater und wusste nicht, was er mit einem Kind anfangen sollte.
    Heimlich, auf leisen Sohlen, schlich er sich gelegentlich in die Kammer und beugte sich über die schlafende Mutter. Sie lag seitlich mit dem Baby im Arm, von dem nur das kleine Gesicht zu sehen war. Ungebeten schoss ihm das Bild durch den Sinn, als er Mary aus dem Wasser gezogen hatte. Das Neugeborene erinnerte ihn an sie, die roten Haare, die ihm in der Stirn klebten, die durchscheinenden Augenlider, unendlich zart, von winzigen blauen Aderchen durchzogen.
    „Ich habe dich nicht gerettet", flüsterte er und verließ die Kammer, kam erst wieder, als Mary seinen Namen rief. Er brachte ihr einen Becher frische Milch und eine Scheibe Brot mit Butter.
    Sie lächelte dankbar, aß und trank, während das Baby schlief.
    „Ich habe mir einen Namen für ihn ausgedacht", sagte sie.
    Er schwieg, hielt den Blick auf die Holzdielen gerichtet, als fasziniere ihn die Maserung.
    „David", fuhr sie fort. „David Dare Morgan. Gefällt dir der Name?"
    „Wieso nicht?" Er stellte den Becher auf den leeren Teller und wollte gehen.
    „Ich habe mich für David entschieden, weil es ein biblischer Name ist. Unser Pfarrer hat mir einmal die Geschichte von David vorgelesen. David war ein berühmter Mann."
    „Du sprichst von König David."
    „Ja, David, der Sohn von Isai - Jesse."
    Jesse ließ beinahe das Geschirr fallen. „Er ist nicht mein Sohn."
    „Ach, was redest du? Er trägt deinen Namen. In deinen Armen hat er seinen ersten Atemzug getan. Wessen Sohn soll er denn sein?"
    „Er ist nicht mein Sohn, er ist Grangers Sohn."
    „Granger weiß nichts von ihm. Er muss niemals etwas von ihm erfahren." Jesse wollte ihr nicht wehtun, aber er durfte sie auch nicht belügen. „Du weißt, dass ich

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