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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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in sein Inneres, wo lange Zeit nur Nacht und Kälte geherrscht hatten.
    Mit einem Schrei der Verzückung verströmte er sich in ihr, schwelgte in der Vereinigung, beinahe besinnungslos, eingesponnen im Kokon ihrer Wollust. Diesmal gab ihm der Liebesakt eine Erfüllung, die er bisher nicht gekannt hatte.
    „Jesse, Jesse", wisperte sie an seinem Ohr, mehr nicht. Nur seinen Namen. „Jesse." Und dennoch sagte sie ihm damit alles, was er hören wollte.
    Die Nacht verstrich träge. Er liebte Mary ein zweites Mal, danach hielt er die Schlafende in den Armen. Er aber fand keinen Schlaf. Zu überwältigt war er von dem, was zwischen ihnen geschehen war, von den Veränderungen, die mit jedem Herzschlag in ihm vorgingen. Immer noch versuchte er, ihrer magischen Anziehung zu widerstehen, hatte die Höllenqualen der Liebe nicht vergessen, doch in einem verborgenen Winkel seines Selbst akzeptierte er ihren Sieg. Sie hatte den Wunsch in ihm geweckt, sie zu lieben.
    Im ersten Morgengrauen vernahm er eine leise Stimme von unten, so leise, dass er glaubte, die schlafende Mary würde es nicht hören. Doch im nächsten Moment war sie wach.
    „Unser Sohn meldet sich", meinte er mit einem schläfrigen Lächeln.
    Das leise Grumme l n schwoll zu einem zornigen Geschrei.
    „Genau wie sein Vater. Aufbrausend und jähzornig, aber leicht zu besänftigen." Sie drückte einen zarten Kuss auf Jesses Mund, wickelte ein Laken um sich und eilte leichtfüßig die Stiege hinunter, um das Baby zu stillen.
    Genau wie sein Vater.
    Jesse schlug die Faust ins Kissen.
     
    Während der Wache auf dem Leuchtturm in der darauf folgenden Nacht, konnte Jesse nicht aufhören, an Mary zu denken, die nun wieder im Ehebett schlief. Er sehnte sich danach, bei ihr zu sein, mit einem Verlangen, das ihn quälte wie ein körperlicher Schmerz.
    Was war bloß aus ihm geworden? Wo war sein schützender Panzer?
    Sie machte ihn süchtig nach ihr wie nach einer Droge. Er wusste nicht, ob er das ertragen würde. Aber ein Teil von ihm scherte sich nicht mehr darum. Er sehnte sich danach, sein Herz dieser zarten Frau mit dem eisernen Willen zu öffnen.
    Rastlos stieg er in den Lampenraum und blickte hinaus auf die See und den Himmel. Ein eisiger Wind fuhr ihm durch die Wolljacke bis in die Knochen.
    Die Nacht war sternenklar, kein Dunstschleier trübte die
    Mondsichel. In ferner, eisiger Schönheit funkelten die Sterne. Die Brandung schlug tosend gegen die Felsklippen.
    Dieses Gefühl der Sinnlosigkeit, der Ausweglosigkeit war immer noch in ihm. Er fühlte sich gewaltigen Mächten hilflos ausgeliefert. Die See hatte ihm alles genommen, was ihm lieb gewesen war, und sie hatte ihm etwas Kostbares zurückgegeben. Mary und David.
    Aber für wie lange?
    Nach einer Weile ging er in den Turm zurück, drehte den Docht der Lampe höher und nahm das Logbuch zur Hand. Er schlug die erste Seite auf, die Mary ihm diktiert hatte, als sie darauf bestanden hatte, ihre Rettung mit ihren eigenen Worten zu schildern. In jener Nacht hatte er mit ihr gelacht. Keiner anderen Frau wäre es gelungen, ihn zum Lachen zu bringen.
    Danach hatte sie ihm weitere Eintragungen diktiert, die er nun las wie ein alter Mann seine Jugenderinnerungen, wehmütig und dennoch unbeteiligt. Mary hatte es sich nicht nehmen lassen, das Innere einer Venusmuschel zu beschreiben - „ein glibberiger Schlauch aus zuckendem, rohem Fleisch!" Und dann hatte sie auch ihre Version über die Rettung der russischen Seeleute zum Besten gegeben - „Gott der Allmächtige war Zeuge dieser heldenhaften Rettungsaktion ... der furchtlose Leuchtturmwärter stürzte sich todesmutig in die tosenden Brandungswogen und kämpfte unter Einsatz seines Lebens, um die erschöpften Seeleute ans rettende Ufer zu ziehen ..."
    Alken bezeichnete sie als „unbeholfen watschelnde Vogelkobolde", und Seehunde waren für sie „Seikies, Robbenmenschen, die man an ihren seelenvollen Augen erkennt". Jesse schmunzelte beim Lesen ihrer Aufzeichnungen. Er kannte niemanden, der die Welt mit Marys Augen sah. Ihre schrullige, exzentrische
    Sicht der Dinge war einzigartig und bezaubernd. Sie sah Farben und Bilder mit den Augen eines naiven Kindes. Sie glaubte an Magie und an die Macht der Liebe.
    Und sie besaß die Macht, auch ihn Jesse, zum Glauben zu führen.
    Er blätterte weiter zum Eintrag, den er nach der Geburt von Marys Kind gemacht hatte: „Dreißigster September achtzehn- hundertsechsundsiebzig, fünf Uhr früh. Mrs. Mary Dare Morgan wurde von einem

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