Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
nichts Beseligenderes als die Hoffnung.
     
    „Wenn du dir einen Herzenswunsch erfüllen könntest", fragte Granger Clapp seine Frau, „was würdest du dir wünschen?"
    Verdutzt legte Annabelle ihre Petit-Point-Stickerei beiseite. „Diese Frage trifft mich unvorbereitet, fürchte ich. Ich weiß keine Antwort darauf." Sie blickte ihn forschend an. Wenn ein Sturm drohte, sah sie die ersten Anzeichen in seinen Augen. Er lehnte sich lächelnd im Armstuhl zurück und setzte das Glas Portwein an die Lippen. „Sag mir einfach, was dir in den Sinn kommt."
    Annabelle schluckte. Er war in letzter Zeit ruhiger geworden, beinahe liebenswürdig. Beinahe wieder der charmante Mann, in den sie sich verliebt hatte. Sie wollte nichts Falsches sagen. „Was könnte ich mir wohl wünschen? Ich habe alles, was das Herz begehrt - einen guten Ehemann, ein schönes Haus, treue Freundinnen ..."
    „Ach ja, deine Freundinnen. In letzter Zeit siehst du sie nicht mehr so oft wie früher."
    „Nun ja, sie sind mit ihren Kindern beschäftigt und ..."
    „Und du hast kein Kind", sagte er leichthin, scherzend. Doch seine Worte durchbohrten ihr Herz wie ein Dolch. Sie nahm die Stickerei wieder auf und stach die Nadel ein.
    „Ich kann dir deinen Wunsch erfüllen", sagte er. „Ich kann dir ein Kind geben."
    Tränen verschleierten ihr den Blick. „Aber wir haben uns so viele Jahre darum bemüht."
    „Ein Baby", fuhr er fort. „Es gibt ein Baby, das ein Heim braucht. Ich dachte ..."
    „Granger!" Annabelle sprang auf, die Handarbeit fiel achtlos zu Boden. „Heißt das, wir adoptieren endlich ein Kind?" Jahrelang hatte sie ihn darum gebeten, aber er hatte sich ihrem Wunsch widersetzt und behauptet, ein Kind von Fremden großzuziehen sei widernatürlich.
    „Ja, allerdings sind die Umstände ziemlich ... ungewöhnlich." Er fixierte sie mit seinem herrischen Blick, mit dem er sie bereits in der Hochzeitsnacht eingeschüchtert hatte. „Ich brauche deine volle Unterstützung."
    „Selbstverständlich, Granger." Ein Baby. Ein Baby. „Was muss ich tun?"
     
    „Wenn ich nur wüsste, was das zu bedeuten hat", sagte Jesse, als er die Kutsche vor dem Kontor der Hafenmeisterei in Ilwaco anhielt.
    „Judson sagte lediglich", wiederholte Mary wohl zum vierten Mal, „dass du umgehend in sein Büro kommen sollst. Er wollte nicht warten, bis du mit Magnus von der Jagd zurückkommst."
    Judson ist doch sonst nicht so geheimniskrämerisch, dachte Jesse finster und band das Pferd fest. Doch als er Mary mit dem Baby aus dem Wagen half, hellte sich seine Miene wieder auf. Seit jener nervenaufreibenden Nacht mit Davy im Leuchtturm war ein Monat vergangen. In diesen vier Wochen hatte Jesse mehr gelernt, als er je für möglich gehalten hatte.
    Er küsste Mary auf den Mund.
    „Wofür ist das denn?"
    „Brauche ich einen Grund?"
    Sie lachte. „Ich freue mich über den Ausflug. Wir waren eine Ewigkeit nicht mehr hier."
    „Ich fahre nicht gerne in die Stadt."
    „Du wirst lernen, Freude daran zu haben."
    Kopfschüttelnd legte er den Arm um sie. „Vielleicht wird es ja etwas ... mit uns dreien", meinte er verlegen.
    „Habe ich dir das nicht immer gesagt?"
    „Solange die Welt mich in Ruhe lässt", setzte er ihrer Freude einen Dämpfer auf.
    „Du kannst die Welt nicht von dir fern halten."
    „Das tue ich seit fast dreizehn Jahren."
    „Aber jetzt nicht mehr. Du bist nicht mehr allein, du hast eine Frau und einen Sohn."
    Sie ließ den Blick über den Hafen schweifen mit seiner emsigen Betriebsamkeit, über die bunt bemalten Häuser an den stillen Straßen. „Wir leben in dieser Welt."
    „Wir leben in einem einsamen Haus unter dem Leuchtturm. Dort gehören wir hin." Jesse nahm sie beim Ellbogen und führte sie auf den Gehsteig. Er konnte ihr nicht sagen, dass sein Leben von einem Schatten verfolgt wurde, sosehr er sich auch bemühen mochte, ihn nicht zu beachten. Davy war der Sohn des Ehemanns seiner Schwester, und es glich einem Wunder, dass er Zuneigung zu Grangers Kind gefasst hatte.
    Auf dem Gehsteig vor der Hafenmeisterei blieb Jesse stehen. Er wusste nicht, wieso er sich Mary zuwandte und sie und das Baby lange ansah.
    „Jesse?" Fragend schaute sie zu ihm auf.
    Es war dieser Blick, der ihm ans Herz ging. Wie immer. Schon beim ersten Mal, als sie ihn angesehen hatte, hatte er sein Schicksal in ihren Augen gelesen. Er legte die Hand an ihre Wange, strich mit dem Daumen über ihr Jochbein, über ihre vollen Lippen. Dann beugte er sich vor, küsste sie auf die

Weitere Kostenlose Bücher