Leuchtfeuer Der Liebe
Haus fortsetzte.
Jesse schlief in der Scheune. Noch nie hatte er die alte Büffeldecke auf dem Heu ausgebreitet und sich darauf schlafen gelegt.
Es gab ihm ein seltsam tröstliches Gefühl, bei den Tieren in der Scheune zu sein, wo es nach Heu und Pferden roch und nach dem mit Molasse gesüßten Hafer.
Aber als er erwachte, war er verärgert und mürrisch. Die Frau hielt ihn von seinem eigenen Haus fern.
Er fluchte leise in sich hinein, als er fröstelnd das feuchte Hemd anzog. Alles war die Schuld dieser Frau. Sie hatte sein Leben völlig durcheinander gebracht.
Es war Zeit, dass sie endlich ging. Sie war wieder gesund. Sie hatte tatkräftig geholfen, die schlotternden russischen Seeleute ins Haus der Jonssons zu bringen, ihre Kleidung zum Trocknen aufzuhängen und sie mit heißer Suppe zu füttern, als hätte sie seit Jahren nichts anderes getan.
Und dem jüngsten Matrosen hatte sie ein so strahlendes Lächeln zugeworfen, dass der Bursche sich ans Herz gefasst und sich in den Sand geworfen hatte, als sei er von Amors Pfeil durchbohrt worden.
Die Frau war eine Plage, daran gab es keinen Zweifel.
Er würde ihr sagen, dass sie gehen musste. Er würde es ihr jetzt sagen.
Er ging zum Haus, riss die Tür auf und blieb wie angewurzelt stehen.
Einige Sekunden lang standen er und Mary wie erstarrt da. Der kleine Raum war erfüllt von Wasserdampf, der aus dem Zuber aufstieg, und es roch nach Seife. Jesse nahm ihren Anblick in sich auf wie ein Verdurstender.
Sie in diesem Zustand zu sehen war zunächst so unerwartet, dass er einen unwirklichen, verwirrten Augenblick gar nicht begriff, was er sah.
Mary Dare stand in der verbeulten Zinkwanne vor dem Herd und seifte sich mit einem Lappen ein. Der Schein der Petroleumlampe über dem Tisch verlieh ihrer Haut einen goldenen Schimmer, das dunkelrote Haar klebte in nassen Kringeln an ihrem Rücken. Sein Blick heftete sich an ihre runden, prallen Gesäßbacken. Er unterdrückte ein lustvolles Stöhnen.
Mit einem spitzen Schrei griff sie nach dem Handtuch über der Stuhllehne. In der schnellen Bewegung erhaschte er einen Blick auf die süße Rundung ihrer Brüste und auf die Rundung ihres Leibes.
Erst dann kam er wieder zur Vernunft.
Mary wickelte sich in das Tuch. „Jesse. Ich dachte nicht, dass Sie sobald aufwachen würden." Ihre Wangen waren gerötet.
Er flüchtete sich in Entrüstung, fluchte lange, fuhr herum und ging raschen Schrittes aus dem Haus.
Im gleißenden Licht des Sonnenuntergangs nach dem Sturm stand er auf der Veranda, warf den Kopf in den Nacken und biss die Zähne zusammen. Langsam zählte er bis zehn. Und dann bis zwanzig. Aber es nützte nichts. Sein ganzer Körper stand in Flammen. Die Hitze des Verlangens drang ihm in jede Faser, in jede Pore.
„Verdammt", stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Verdammt noch mal." Er hatte die unbändige Macht der Fleischeslust vergessen. Es war so lange her, dass er sich solche Regungen gestattet hatte. Er hatte sich geschworen, sie nie wieder zuzulassen. Und dann stellte diese Person sich vor ihm zur Schau, zerbrach die harte Schale seiner Selbstverleugnung und erinnerte ihn daran, was er seit Jahren zu vergessen suchte: dass er ein Mann war mit den Begierden eines Mannes.
Nach ein paar Minuten quietschten die Scharniere der Fliegengittertür. „Jesse?" hörte er Marys zittrige Stimme. „Es tut mir
Leid. Ich wollte nicht... ich dachte ... bitte. Ich bin völlig durcheinander. Kommen Sie herein. Das Abendessen ist fertig."
Er hielt ihr den Rücken zugewandt.
„Jesse?" Sie klang ganz zerknirscht, und dennoch lag in ihrer Stimme dieser verdammte belustigte Unterton.
„Ich ... komme gleich."
„Gut. Das Essen wird kalt." Die Tür schlug sanft gegen den Holzrahmen.
Er kam sich vor wie ein Idiot, sein eigenes Haus zu meiden, ging wortlos nach oben, zog sich trockene Sachen an und kam anschließend wieder in die Küche. Es fiel ihm auf, dass Mary sich hastig angezogen hatte. Ein paar Knöpfe im Rücken waren offen geblieben.
Einen Augenblick dachte er daran, sie darauf aufmerksam zu machen und ihr zu helfen. Doch die Vorstellung, ihre nassen Haare im Nacken beiseite zu schieben, den Geruch nach Seife und Lavendel einzuatmen, ihre warme, noch ein wenig feuchte Haut zu spüren, machte ihn wütend. Er verdrängte den Gedanken mit kalter Selbstverachtung.
Ohne seinen inneren Kampf zu ahnen, hob Mary den Deckel des Topfes, dem ein köstliches Aroma nach Kohl und Räucherspeck entströmte.
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