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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mary war vor Begeisterung halb aufgesprungen und wies mit dem Arm nach rechts zu den Preiselbeerfeldern hinüber. In der hellen Mittagssonne leuchteten die Moosbeeren an den Sträuchern blutrot. „Wer sind diese Leute?"
    „Siwash-Indianer", erklärte er und blickte zu den Gestalten in der Ferne hinüber, die in gebückter Haltung Beeren sammelten. „Sie arbeiten in den Preiselbeerfeldern."
    Mary hielt sich an der Eisenstange des Kutschbocks fest. „Indianer? Wilde Indianer?" fragte sie atemlos.
    Jesse verzog die Mundwinkel. „Wenn Sie einen Uberfall blutrünstiger Rothäute erwarten, die schreiend das Tomahawk schwingen, muss ich Sie enttäuschen. Brrr." Er zügelte das Pferd und hielt den Einspänner an. Ein Arbeiter richtete sich auf, winkte herüber und watete durch das geflutete Feld.
    „Jesse Morgan!" rief er und fuhr in Chinook fort: „Ich grüße dich, Fremder, der sich selten zeigt."
    „Auch ich grüße dich, Abel Sky", erwiderte Jesse in der Indianersprache. Er hatte so viel Chinook gelernt, um sich mit den Eingeborenen zu verständigen und gelegentlich Handel mit ihnen zu treiben. Abel Sky war ein kraftstrotzender Mann in mittleren Jahren, einem wachen Verstand und einer Hand voll draller Ehefrauen.
    Er grinste belustigt zu Jesse auf dem Kutschbock auf und entblößte ein paar Zahnlücken. Sein Filzhut saß quer auf seinem Kopf, nur so passte er über seine breite Stirn, die ihm als Säugling mit einem Brett flach gedrückt worden war.
    Sein Lederschurz und die mit Röhrenknochen und bunten Steinen bestickte Weste aus Wildleder bildeten einen seltsamen Kontrast zu seinem schmucken Hut und dem geflickten schwarzen Gehrock. „Ich dachte schon, du nimmst dir nie eine Frau, Boston", bemerkte Abel Sky auf Englisch. Er nannte alle Weißen ,Boston'."
    „Ich habe mir keine ..."
    „Guten Tag, freut mich, Sie kennen zu lernen", fiel Mary ihm ins Wort, deren Gesicht beinahe so rot glühte wie die Moosbeeren. „Mein Name ist Mary Dare."
    „Mary Dare." Der Indianer lüftete den Hut und verneigte sich vor ihr wie ein wahrer Gentleman. „Dein Feuerhaar gefällt Abel Sky." Ohne Zögern griff er nach ihrem Zopf.
    Mary entfuhr ein spitzer Angstschrei.
    Jesse unterdrückte ein Schmunzeln. Abel Sky war ein unverbesserlicher Witzbold.
    „Wenn ich diesen Bostonskalp verkaufe, kann ich mir eine große Ticktack und viel bunten Schmuck kaufen."
    Mir erstaunlicher Geschwindigkeit packte Mary den Indianer am Handgelenk, verdrehte ihm den Unterarm, bis er ihren Zopf losließ. „Finger weg, Kleiner."
    Abel Sky verzog das Gesicht in gespieltem Schmerz und rieb sich das Handgelenk. „Sie hat den Teufel im Leib! Wo hast du sie aufge..." Im gleichen Moment bemerkte er ihren gewölbten
    Bauch. Sein Grinsen wurde noch breiter. „He, Boston! Du in der Nacht schleichender Kojote! Du ..."
    „Wir müssen weiter", fiel Jesse ihm ins Wort. Na bitte, sie hatten noch nicht einmal den Stadtrand erreicht, und schon kam er mit der Frau ins Gerede. Wie dumm von ihm, auch nur eine Sekunde anzunehmen, das Leben mit Mary Dare könne erträglich sein.
    Weder Abel Sky noch Mary schienen sein Unbehagen zu bemerken. Die beiden unterhielten sich angeregt, und Abel Sky reichte ihr einen kleinen Beutel mit getrockneten Preiselbeeren. Sie betrachtete den Indianer neugierig, aber nicht mit dem ängstlichen Argwohn, den die meisten weißen Siedler den Siwash entgegenbrachten. Bevor Jesse sie von ihrem neuen Freund loseisen konnte, hatte Abel Sky sie in sein Dorf eingeladen und ihr eine Kostprobe von geräuchertem Lachs und Austern versprochen. Sie fragte ihn nach seinen Ehefrauen und Kindern und hörte aufmerksam zu, als er mit stolzgeschwellter Brust berichtete, mit welchem Geschick und Heldenmut sein ältester Sohn mit dem Kanu auf die See hinausfuhr. Mary Dare erfuhr in einem einzigen Gespräch mehr über den Siwash-Indianer, als Jesse in den zwölf Jahren seiner Bekanntschaft mit ihm erfahren hatte.
    Schließlich verabschiedete man sich, und bald darauf fuhr der Einspänner die First Street entlang, an der Landseite gesäumt von den lang gestreckten Lagerhallen der Ilwaco Mill & Lumber Company, wo die im Wasser schwimmenden riesigen, von Ästen und Rinde befreiten Holzstämme weiterverarbeitet wurden.
    Mary entdeckte den Schaufelraddampfer T. J. Potter, der hinter den Fischerbooten und Holzflößen weiter draußen in der Bucht ankerte und auf die Flut wartete. „Ich bin noch nie mit einem Dampfschiff gefahren", sagte sie. Mary Dare redete

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