Leuchtfeuer Der Liebe
Fiona sachlich.
„Ich habe beim Schmied zu tun. Hinterher schaue ich bei Ihnen vorbei."
„Wir freuen uns, dass Sie hier sind, Mrs. Dare", meldete Hestia sich wieder zu Wort, offenbar entschlossen, ihr den Ölzweig zu reichen. „Sie kommen doch mit Ihrem Gast zur Jahrhundertfeier, Captain?"
Jesse hätte beinahe höhnisch aufgelacht. Noch nie hatte er an irgendeiner Feier teilgenommen, das wusste Hestia genau.
„Welche Jahrhundertfeier?" fragte Mary.
„Unsere Nation wurde vor hundert Jahren gegründet - am 4. Juli 1776. Wir veranstalten eine Regatta, einen Jahrmarkt und ein Tanzvergnügen in Oysterville. Sie können sich Zimmer im Pacific House Hotel mieten."
Mary strahlte. „Oh, wie schön, das würde mir gut gefallen."
„Nein, ich habe keine Zeit für solche Vergnügungen."
„Es wäre eine nette Abwechslung für meine Patientin", erklärte Fiona, ohne Jesses Ablehnung zu beachten. „Kommen Sie, wir zeigen Ihnen die Stadt, während Jesse zum Schmied fährt."
Im nächsten Augenblick hatten die Frauen Mary vom Kutschbock geholfen, nahmen sie in ihre Mitte und steuerten ein Modegeschäft an. Es gebe, erklärte Hestia in ihrer affektierten Art, gewisse Dinge, die eine Dame beachten müsse, wenn sie ein gesellschaftliches Ereignis besuche.
Jesse blickte dem Trio irritiert und finster nach. Ihm lag nichts an Menschenansammlungen und Jahrmarktsvergnügungen, aber durch Mary wurde er gezwungen, daran teilzunehmen.
„Es gibt keinen Zweifel, Mr. Clapp", sagte der nervöse Rechtsanwalt. „Es ist die Frau, nach der Sie suchen."
Granger studierte den alten Globus auf seinem Schreibtisch. Er war nicht überrascht. Stoners diskrete Nachforschungen bestätigten nur seinen Verdacht. „Und?"
„Sie nennt sich offenbar Mary Dare und scheint das Schiffsunglück unversehrt überstanden zu haben." Stoner holte zerstreut seine Taschenuhr aus der Weste und klappte den Deckel mehrmals auf und zu.
Granger drehte den Globus und hielt ihn mit dem Zeigefinger an - Sandwich Islands. Niemand wusste davon, doch die tropische Inselgruppe mitten im Pazifischen Ozean war das Ziel seiner Träume.
Noch aber war es nicht so weit. Vorher gab es noch einige wichtige Angelegenheiten zu erledigen. Er brauchte einen Sohn, einen Erben. Seine Eltern konnten es nicht lassen, immer wieder darauf hinzuweisen, dass jede Generation der Familie Clapp seit der Landung der Mayflower einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Es war seine Pflicht, diese Tradition fortzusetzen.
„Ihr Zustand?" Er zog eine Braue hoch.
Stoner erbleichte. Seine kränklich blasse Hand schob die Uhr wieder in die Westentasche. „Wie gesagt, Sir, sie scheint nicht zu Schaden gekommen zu ..."
„Ich spreche von dem Kind", fiel Granger ihm schneidend ins Wort.
Stoner strich sich über das schüttere Haar. „Sir, ich bin nicht qualifiziert, um ..."
„Dann wende ich mich eben an einen Mann, der qualifiziert ist." Granger schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
Stoner fuhr erschrocken zusammen. Sein spitzer Adamsapfel rutschte beim Schlucken auf und ab. „Jedenfalls ist sie schwanger, Sir. Der Gesundheitszustand der werdenden Mutter lässt die Vermutung zu, dass auch das Ungeborene keinen Schaden erlitten hat."
Stolz schwoll in Grangers Brust. Er hatte ein Kind gezeugt. Nach all den Jahren war es ihm endlich gelungen, einer Frau ein Kind zu zeugen. Der Umstand, dass sie eine Irin aus der Gosse war, störte ihn nicht sonderlich. Die Tatsache aber, dass sie sich in Jesse Morgans Obhut befand, machte ihn rasend vor Zorn.
„Haben Sie die von mir gewünschten Auskünfte eingeholt?" fragte Granger. „Welche Rechte stehen mir als Vater des Kindes zu?"
„Nun, Sir, ich fürchte, die Rechtslage ist in diesem Punkt nicht eindeutig, zumal die Frau sich im Washington Territory aufhält. Aber ..."
„Verdammt noch mal, kommen Sie zur Sache." Granger sprang auf und begann, hin und her zu wandern. „Und erzählen Sie mir keine Märchen."
„Tatsache ist, Sir, in einem Fall wie diesem steht das Gesetz nicht auf Seiten des Vaters." Stoners Augen funkelten verräterisch, er schien eine kleine Lücke im Gesetz zu ahnen, das spürte Granger.
„Ich bezahle Sie dafür, eine für mich günstige Lösung zu finden", schnarrte er. „Meine Frau sehnt sich nach einem Kind."
Stoner nickte. Nervös strich er sich über das Revers seines taubengrauen Anzugs, als sein Blick durch das Arbeitszimmer glitt. Granger bemerkte, mit welcher Bewunderung der Rechtsanwalt das Ölgemälde
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