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Leuchtfeuer Der Liebe

Leuchtfeuer Der Liebe

Titel: Leuchtfeuer Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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hob den Fuß. Dabei kam ihre wohlgeformte Wade in dem feinen Seidenstrumpf zum Vorschein.
    Jesse ging in die Hocke, räusperte sich und begann, den ersten Knopf in die Ose einzuhaken, sorgfältig darauf bedacht, sie nicht zu berühren. Es ließ sich freilich nicht umgehen, dass er die linke Hand zu Hilfe nahm, um den kleinen Haken einfädeln zu können.
    Seine Hand umspannte ihre Fessel in einer völlig harmlosen Berührung, Mary aber spürte, wie ihr die Lider schwer wurden. Irgendwie faszinierte sie das Bild, wie der Haken in die Öse fuhr, um den Knopf durchzuziehen. Ohne ersichtlichen Grund dachte sie an die Nacht im Leuchtturm, als er sie geküsst hatte.
    An die Nacht, in der sie sich nach mehr gesehnt hatte als nach einem Kuss.
    Er fädelte den zweiten Knopf ein. „Sehen Sie, wie das gemacht wird? Probieren Sie es ..."
    „Das schaffe ich nicht", widersprach sie hastig und registrierte gebannt den Kontrast seiner großen Hand zu den winzigen Knöpfen, seine gebräunte Haut an der hellen Seide ihres Strumpfes. „Es fällt mir schwer, mich zu bücken. Es würde zu lange dauern. Sie wollen doch nicht ganzen Tag auf mich warten, wie?" Sie lachte befangen.
    Er zog skeptisch eine Braue hoch, brummelte etwas vor sich hin und machte sich wieder an die Arbeit.
    „Nie im Leben hätte ich mir vorgestellt, dass mir jemand einmal hilft, Schuhe anzuziehen", sagte sie und lachte. „Ich bin in Armut aufgewachsen und wusste es nicht einmal."
    Er hielt inne und hob den Blick. „Was soll das heißen, Sie wussten es nicht einmal?"
    Die Kehle war ihr plötzlich wie zugeschnürt. Ihr Lachen klang ein wenig verkrampft. „Woher soll ein Fisch wissen, dass er im Wasser schwimmt, oder ein Vogel, dass er in der Luft fliegt?"
    Er arbeitete weiter, der Stiefelknöpfer wanderte langsam ihr Schienbein hinauf, während seine linke Hand ihre Wade umfing. Eine höchst wohltuende Berührung.
    „Gute Frage", meinte er, ahnte offenbar nichts von ihrem aufkeimenden Verlangen.
    „Woher soll ein Mädchen, das nichts kennt als seine kleine Welt, so etwas wissen?" fuhr sie fort.
    Er nahm sich den zweiten Stiefel vor. „Sie sprechen wohl von Irland."
    „Ja, besser gesagt von County Kerry an der Westküste, wo der wilde blaue Atlantik gegen schroffe Felsklippen donnert, hinter denen grüne Hügel sanft ansteigen, immer höher und höher, als wollten sie den Himmel berühren. Es hat mir einen tüchtigen Schock versetzt, als ich erfuhr, dass ich arm war, das kann ich Ihnen sagen."
    Er belohnte ihre Offenheit mit einem Lächeln. „Und von wem haben Sie es erfahren?"
    Sie schluckte, bevor sie antwortete: „Ach, von ein paar Klatschbasen in der Kirche."
    Sie drehte den Kopf zur Seite. Doch dann spürte sie unter ihrem Kinn seinen Finger, mit dem er sie sanft zwang, ihn anzusehen. „Man hat Sie ausgelacht."
    „Ja." Sie blinzelte heftig. „Aber das ist lange her. Ich habe keine Ahnung, wieso ich plötzlich daran denken muss."
    Er sagte nichts, nahm aber seine Hand nicht weg. Sie spürte seine Wärme an ihrem Hals, und plötzlich erkannte sie, wie wichtig ihr eine menschliche Berührung war, so wichtig wie die Luft zum Atmen.
    Er schwieg so lange, bis sie es schließlich nicht mehr ertrug. „Was ist?" fragte sie, nur um etwas zu sagen.
    „Sie ... verblüffen mich", gestand er heiser. „Es klingt so unwirklich, dass einem unschuldigen Kind gesagt werden muss, dass es arm ist. Und der Augenblick, in dem es geschah, war gewiss sehr grausam."
    Sie zuckte verlegen die Schultern. Wenn das Jesse Morgans Vorstellung von Grausamkeit war, so hatte er ein weicheres Herz, als sie bislang vermutet hatte. „Ich hatte drei rauflustige Brüder, die sich um Leute kümmerten, die den Mund zu voll nahmen", erwiderte sie.
    Er zog seine Hand zurück. „Sie hatten drei Brüder?"
    „Sie sind gestorben. Sie sind tot. Alle."
    „Grundgütiger." Er schnellte hoch.
    „Was ist los?"
    Er blickte auf sie herunter. „Mein Gott, Sie haben Ihre ganze Familie verloren."
    „Das sagte ich Ihnen bereits."
    „Ich nahm an, Sie meinten Ihre Eltern. Wann wollten Sie sich dazu entschließen, mir zu sagen, dass Sie drei Brüder hatten? Und was, zum Teufel, verschweigen Sie mir noch?" fuhr er sie an.
    „Was wollen Sie denn noch alles wissen über mich?" fragte sie aufgebracht.
    Er atmete tief durch, um die Geduld nicht zu verlieren. „Was ist mit Ihrer Familie geschehen?"
    Das Bild ihrer Familie tauchte vor ihr auf, flimmernd wie ein Bild in der Sommerhitze am Horizont. Pa hatte

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