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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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Der ist für später.«
    Ich überspiele die Peinlichkeit, in dem ich fachmännisch und sehr freundlich erläutere: »Na ja, wir holen von Helmuth die Anlage rüber, für die Musik heute Abend.«
    »Ach so.« Rita guckt traurig dem Kuchen hinterher und pickt die restlichen Krümel von der Tischplatte. »Wann geht es denn los, falls Alice und Susanna das nicht wissen?«
    Am liebsten würde ich sagen: um drei Uhr nachts. Aber da sagt die brave Mama schon: »Na ja, so gegen acht, denke ich.«

6
    W ie erwartet, stehen Alice und Susanna Punkt acht vor der Tür. Mama musste mich eben in der Küche, wo wir die Sandwiches auf Platten verteilt haben, regelrecht zwingen, ihnen überhaupt zu öffnen. So groß ist mein innerer Widerstand. Ich lächle gequält und scanne sie von oben bis unten ab. »Hi!«
    Sie grinsen glücklich. »Hi!«
    Ich fasse es nicht, was die beiden stylingtechnisch mit sich veranstaltet haben. Ich würde sie als totale Fashion-Victims im sprichwörtlichen Sinne bezeichnen. Alice hat sich so ein violettfarbenes Puschelgummi um eine Haarsträhne gewickelt, sodass die wie eine Palme vom Kopf absteht. Dazu trägt sie ein altes Schlauchkleid in schwarz, vermutlich hat sie es von ihrer Mutter geerbt. Ihre Fingernägel sind ebenfalls violett angemalt, nur leider nicht sehr sauber. An den Rändern hat sie überall drüber gepinselt. Dazu trägt sie ihre Pumps in dunkelblau, die sie normalerweise bei ihren weltweiten Konzerten an den Füßen hat. Susanna, ihre Schwester, sieht leider nicht viel besser aus. Sie hat sich so ein blond glänzendes Plastikhaarteil am Hinterkopf festgesteckt, das sie mit einer weißen Bluse und einem dunkelblauen Faltenrock kombiniert. Dazu ihre obligatorischen Turnschuhe, weil sie immer Turnschuhe trägt. Dieses Mal handelt es sich um grasgrüne Puma-Sneakers im Eighties-Look. Echt freakig, die beiden.

    Aufgeregt reichen sie mir ein paar Tüten mit Bio-Erdnussflips. »Vielen Dank für die Einladung, Lelle. Und alles Gute zum Geburtstag.«
    »Danke, kein Problem.«
    Und schwups quetschen sie sich an mir vorbei in mein Zimmer, das ich heute Nachmittag mit Alinas Hilfe ausgeräumt habe. Nachdem ihr Handy zum dreitausendsten Mal vibriert hatte, mussten wir es irgendwann entnervt zwischen die Sofapolster quetschen. Das ganze Arrangement haben wir dann rüber in Cotschs altes Zimmer geschleppt und die Tür zugemacht. Vermutlich vibriert Alinas Handy dort fröhlich weiter. Ich schwöre! Dieser manische Roadie wird nicht reingelassen - und wenn ich ihn mit Papas Profi-Brotmesser bedrohen muss! Vorausgesetzt, Papa hat es noch nicht mitgenommen … Dieser Albert hat ja nicht mehr alle Tassen im Schrank. Wer weiß, was der vorhat? Der scheint inzwischen regelrecht besessen von Alina zu sein - solche Menschen gibt es. Die spinnen und sind zu allem fähig, sobald sie sich abgelehnt fühlen. Ich kenne mich damit aus.
    Jetzt stehen in meinem Zimmer nur noch die Anlage und das kalte Büffet. Und Alice und Susanna, die vor Glück nicht mehr aufhören können zu grinsen. Kein Wunder: Das ist die erste Party ihres Leben, auf die sie »offiziell« eingeladen wurden. Gleich tun sie so, als wären sie meine besten Freundinnen, und wollen Konversation betreiben: »Lelle, wo ist Arthur? Ist er unterwegs?«
    »Nee, der muss noch an seinem Katamaran arbeiten. Der kommt später rüber.«
    »Schade!«
    Eben nicht. So hab ich noch ein bisschen Zeit, mich fertig zu machen, vorausgesetzt diese beiden Wundermädchen
hören auf, mich mit ihren Fragen nach Arthur zu löchern.
    »Ja, und was hat er dir geschenkt?«
    Ich zucke mit den Schultern. Gute Frage. »Noch gar nichts.«
    »Was? Das ist aber schade!«
    Ich bin’s gewohnt. Heute habe ich noch von niemandem was gekriegt. Außer einem WG-Schlüssel, einem Plastik-Merchandising-Flügel und ein paar Tüten Erdnuss-Flips. Nicht mal Alina hat mir was geschenkt. Bevor ich darüber echt traurig werden kann, erscheint Mama mit einer weiteren riesigen Platte voller Sandwiches und ist, wie immer, total freundlich. »Hallo, ihr beiden!«
    »Hallo, Ulla!«
    Ich muss sagen, meine Mutter hat sich trotz oder gerade aufgrund ihrer neuen Lebenssituation bei der Produktion der Buletten und Salate selbst übertroffen. Ihr Gesicht glüht vor, tja, ich weiß nicht, wie man diesen Zustand nennt: glückseligem Schock? Noch immer trägt sie ihr knappes Yoga-Outfit. Ich hoffe, sie zieht sich noch um. Schließlich ist sie auch nicht mehr die Jüngste - 45 oder so. Als sie die

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