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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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studiert. Meine Schwester ist echt eine harte Nuss. Vor der muss man den Hut ziehen, auch, wenn sie Helmuth zu jeder
Gelegenheit das Gefühl gibt, ein Volltrottel zu sein, genau wie jetzt.
    »Helmuth!« Plötzlich klopft sie von außen gegen die große Fensterscheibe und späht auffordernd zu uns rein. Alle blicken sofort zu ihr rüber, nur Helmuth merkt nichts. Der ist inzwischen rüber zum Bücherregal abgewandert und guckt sich interessiert die Buchrücken an. Helmuth ist echt ein Blender. Wenn einer nicht am Lesen interessiert ist, dann er - zumindest, wenn man mal von seinen »Gala«- und »Bunte«-Society-Magazinen absieht. Darin blättert er sehr gerne. Helmuth kennt sich echt aus mit der Prominenz. Er hat die Hände locker hinterm Rücken verschränkt und tut so, als sei er gar nicht mehr anwesend. Also klopft meine Schwester noch etwas doller gegen die Scheibe, sodass ich denke, gleich kracht sie durch. Haben wir alles schon gehabt. »Helmuth!«
    Alina, Mama, Rita und ich gucken von meiner Schwester zu Helmuth, der nichts schnallt. Endlich rafft er, dass da ziemlich an die Scheibe gebollert wird, und dreht sich erstaunt mit hochgezogenen Augenbrauen um.
    »Helmuth, ich glaube, dein Typ wird verlangt«, sage ich endlich.
    »Scheint so, meine Lütte.« Helmuth schlurft an uns vorbei und steigt über die Schwelle nach draußen. Von drinnen beobachten wir, wie meine Schwester vor Helmuth wild herumgestikuliert. Er dreht sich kopfnickend weg, als wolle er in die Büsche verschwinden, doch meine Schwester grabscht ihn am Polo-Shirt und zischt noch was mit ordentlich Nachdruck hinterher, sodass er erst mal seine weißen Shorts hochzieht und anschließend entschlossen die Fäuste in die Seiten stemmt.
    »Was ist hier eigentlich los?« Rita sieht Mama durchdringend
an und steckt sich einen Brocken von dem Geburtstagskuchen in den Mund, der unter der Glasglocke auf dem Wohnzimmertisch steht. »Du siehst ganz verheult aus. Ist was mit Bernie?«
    Mama tut etwas zu erstaunt. »Wie kommst du denn darauf? Was soll mit Bernhard sein?«
    »Na ja, Susanna hat heute Vormittag gesehen, wie er mit einigen Kartons und Reisetaschen aus dem Haus gegangen ist. Dann hat er das Zeug in seinem Kofferraum verstaut.«
    Rita hat echt überhaupt keinen Anstand. Mit einem Mund voll Kuchen macht sie hier solche Ansagen. Aber Mama lässt sich davon erstaunlicherweise nicht beeindrucken. »Er ist zum Sperrmüll gefahren«, lügt sie. Doch dann kaut sie plötzlich, ganz die alte Mama, wieder an ihrem Daumennagel herum.
    Die Geste kann Rita natürlich bestens deuten. Also bohrt sie noch ein bisschen tiefer: »Was? Dein Mann schmeißt doch sonst nie was weg.«
    »Heute hat er mal eine Ausnahme gemacht«, sage ich. Ich hasse Rita so sehr, dass ich mir vorstelle, wie ich sie auf ein Laufband schnalle und die Geschwindigkeit voll hochstelle, sodass sie ganz schnell rennen muss. Wobei ihr das sogar noch guttäte. Rita ist so was von megadick, weil sie ständig Brownies futtert. Trotzdem behauptet sie allen Ernstes, sie würde doch kaum etwas essen, ihr Stoffwechsel sei einfach nur total gestört. Die blendet einfach aus, wie viel sie täglich in sich reinstopft. Und schon verschwindet in ihrem Mund der nächste Brocken Kuchen. Eigentlich hat Mama den für mich gebacken und bis jetzt habe ich noch nicht mal was davon probiert. Rita könnte ja wenigstens höflich anfragen, ob wir ihr ein Stück anbieten
wollen. Außerdem krümelt sie den ganzen Tisch und den Parkettboden voll.
    Endlich kommt Helmuth wieder von draußen ins Wohnzimmer zurück, klatscht in die Hände und sagt mit total fröhlichem Gesicht: »So, nun müssen wir uns aber mal an die Partyvorbereitungen machen, was, meine Lütte?!«
    Eins kann ich euch sagen: Helmuth wurde definitiv von meiner Schwester minutiös eingewiesen. Er fragt nämlich auch noch so megahöflich in Richtung der Kuchen mampfenden Rita: »Können wir Sie irgendwo mit hinnehmen, Frau Nachbarin?«
    Die allerdings hebt abwehrend ihre goldberingten Finger und meint mit vollem Mund: »Ach, lass mal, ich will noch ein bisschen mit Ulla schnacken.«
    Und endlich finde auch ich zur alten Form zurück und erkläre: »Klappt leider nicht. Mama muss uns jetzt nämlich ein bisschen mit den Kabeln zur Hand gehen.«
    »Mit den Kabeln?« Ritas Hand schwebt schon wieder über dem Kuchenteller, doch bevor sie zugreifen kann, kommt Cotsch von draußen rein, greift nach der Platte und trägt sie geradewegs in die Küche. »Tut mir leid.

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