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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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anderes übrig, als zu einer gewissenlosen Bitch zu werden. Jetzt habe ich es. Zu einer, die sich nimmt, was sie will und braucht und kein Wort darüber verliert. Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie meine liebe
Schwester Cotsch. Die beiden Jungs können froh sein, dass sie mit mir zusammen sein dürfen. Von dieser Warte sollte ich die Angelegenheit mal betrachten.
    »Elisabeth. Bitte in Behandlungszimmer 2.«
    Leute, das bin ja wohl ich. Ich arbeite mich aus dem Sitzsack in den Stand, in meinem Kopf rauscht es - das passiert immer, wenn ich zu schnell aufstehe - und wanke an den Wartenden vorbei in Richtung Behandlungszimmer 2. Da steht schon eine Arzthelferin und lächelt mich ermutigend an.
    »Bitte hier in die Umkleide, untenrum freimachen, die Frau Doktor kommt gleich.«
    Schönes Ding. Zum ersten Mal in meinem Leben lerne ich eine fremde Person kennen, der ich, untenrum nackt, die Hand gebe. Schön. Wirklich schön. Mein Traum geht so was von in Erfüllung. »Guten Tag, mein Name ist Elisabeth und ich bin untenrum nackt.«
    Ich muss wirklich lernen, in so eine nächste spirituelle Bewusstseinsebene hinaufzuschweben, in der mich all diese weltlichen Dinge nichts mehr angehen, in der ich nur noch glücklich und ausgeglichen bin und es auch in Ordnung finde, dass ich einer fremden Frau die Hand gebe, obwohl ich keine Unterhose anhabe. Ich sollte lernen, in dieser Welt über solchen Dingen zu stehen. Ich lege meine Jeans auf den dafür vorgesehenen Hocker, dann meine Unterhose drauf. Zum Glück habe ich wohlweislich ein langes T-Shirt angezogen. Das ziehe ich so weit wie möglich runter, wie ein Minikleid, und warte, bis ich aufgerufen werde. Nach unendlich langsam vergehenden Minuten ist es so weit.
    »Elisabeth, komm rein.«

    Ich öffne die Tür mit meinem T-Shirt-Saum, weil ich die Verriegelung nicht anfassen will, und tapse in den Behandlungsraum. Vor mir erstrahlt im gleißenden Licht der Untersuchungsstuhl. Die Frau Doktor, mit kurzem schwarzen Haar, steht daneben. Zum Glück sieht sie nett aus. Sie streckt mir die Hand hin und tut so, als ob das alles hier seine Richtigkeit hat, und fast fühlt es sich auch so an. Ich sage mir leise: »Nicht nachdenken. Nur nicht nachdenken!« Ich lächle und die Frau Doktor macht eine einladende Geste in Richtung Untersuchungsstuhl.
    »Hast du schon mal auf so einem Stuhl gesessen?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nicht dass ich wüsste.«
    »Okay, dann stell mal deine Füße da rechts und links auf die Bügel und rutsch mit dem Po so weit wie möglich nach vorne an die Sitzkante. Dann lehnst du dich nach hinten und atmest ganz entspannt ein und aus. Dabei erkläre ich dir, was ich mache. Okay?«
    »Okay.«
    Ich räuspere mich und mache, was die Doktorin mir befohlen hat. Mann, bin ich froh, dass sie eine Frau ist. Ich meine, für sie ist es ja auch nicht schön, hier immer wieder ängstliche Mädchen rumsitzen zu haben, die sich gleich vor Aufregung übergeben. Also lächle ich tapfer. Nachdem sie mich gefragt hat: »Was kann ich für dich tun?«, sage ich: »Ich will auf keinen Fall schwanger werden.«
    Das findet die Ärztin einen ganz hervorragenden Wunsch. Sie tastet meinen Bauch ab, macht so eine kurze Untersuchung mit dem Ultraschall, dass ich meine inneren Organe auf diesem kleinen Monitor neben dem Untersuchungsstuhl bewundern kann, und dann bin ich
fast auch schon wieder fertig. So schlimm war es merkwürdigerweise gar nicht. Vielleicht lag das an der warmen Stimme meiner Ärztin. Oder aber daran, dass es gar nicht wehgetan hat. Und irgendwie bin ich stolz auf mich, dass ich diese befremdliche Angelegenheit hinter mich gebracht habe, obwohl ich mich so davor gefürchtet habe. Ich habe mich tapfer meiner Angst gestellt und habe mutig ein- und ausgeatmet. Ich habe es geschafft, ruhig zu bleiben und der Situation zu vertrauen. Leute, es ist ein gutes Gefühl, etwas erledigt zu haben, vor dem man so große Angst hatte. Irgendwie fühlt sich das Leben plötzlich ganz leicht an. Hinter den Punkt »Frauenarzt« kann ich erst einmal ein dickes rotes Häkchen machen.
    Wow! Das schockt.

7
    Tja, was sagt man dazu? Ich war beim Frauenarzt und habe es überlebt. Schick. Jetzt nehme ich die Mikro-Pille. Ich fange gleich morgen früh damit an. Und dann wollen wir mal sehen, ob sich meine Psyche verändert. Es ist Nachmittag, ich sitze in der U-Bahn und gucke raus. Draußen werden die Bäume und die Sträucher grün. Es wird definitiv Frühling - und Leute, mein Leben fängt an. Ich

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