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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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wie gesagt, seit heute Morgen nichts mehr zu mir genommen. »Was denn für Gefühle?«
    »Na ja«, Johannes lässt den Kopf kurz hängen, seine hellblonden Haare fallen nach vorne, dann hebt er seinen Blick wieder leicht an und sieht durch seinen Pony hindurch. »Du weißt genau, was ich für dich empfunden habe …«
    Ich nicke. Ja, das weiß ich. Ich würde es trotzdem gerne noch mal hören. Geliebt zu werden und es auch noch von so einem süßen Typen gesagt zu bekommen, kann nie schaden. Das ist the Best! Ich sage also: »Ja, wir hatten eine tolle Zeit.«
    Und Johannes flüstert: »Ich kann nicht verstehen, dass sie vorbei sein soll. Ich habe dir noch so viel zu sagen. Ich meine, Elsbeth, kannst du einfach so deine Gefühle abstellen und dich …«
    »Ja …?« Jetzt bin ich aber gespannt!
    »He, Lelle, was geht?«
    Leider kommt genau in diesem offenbarenden Augenblick Samuel von hinten durch den Gang gewankt und lässt sich neben mich auf den freien Sitz plumpsen. Er haut mir mit Wucht auf den Rücken und meint wie so ein Obermacker: »Na, mein Zuckerschnütchen! Eine Runde Armwrestling?«
    Ich gucke ihn gar nicht an, weil ich schon wieder so was von genervt bin. Samuel darf man echt nicht in die Augen gucken, sonst versteht der das gleich als Einladung, einem einen Knopf an die Backe zu quatschen. Von wegen, dass er der Meister des Freestyle-Fightings ist und sich schon wieder die Nase und das Bein gebrochen hat.

    Ich murmle: »Nein danke.«
    Ich gucke rüber zu Johannes, der eine Grimasse zieht, zum Zeichen, dass Samuel sich gerade besser in Luft auflösen sollte. Samuel ist wie so ein Kind. Bis jetzt hat er es immer verlässlich geschafft, die intimsten Augenblicke zwischen Johannes und mir empfindlich zu stören. Der besitzt irgendwie das fragwürdige Talent, immer dann in Erscheinung zu treten, wenn es gerade überhaupt nicht passt. Er ist der Cousin von Johannes und wohnt im Haus schräg gegenüber. Und weil er es nicht aushält, alleine zu sein, kommt er ständig zu Johannes rüber und stört. Das Schlimmste aber ist, dass er echt kein Gespür für seine Umwelt hat. Der merkt nicht, wenn er sich besser mal verpissen sollte. Stattdessen brüllt er rum, haut einem auf die Schulter, dass man denkt, das Schlüsselbein bricht, und macht einem so zweifelhafte Angebote wie Armwrestling. Nur weil er damit mal deutscher Meister geworden ist. Gratuliere. Voll peinlich.
    Jetzt boxt er mir gegen den Oberarm und meint total laut, sodass sich alle Mitfahrenden zu uns umdrehen: »Los, sei kein Frosch, Lelle, zeig, was du draufhast.«
    »Nein, danke.«
    An der nächsten Station muss ich raus, und Johannes und ich haben uns bei Weitem noch nicht alles gesagt, was zu sagen wäre. Ich meine, wir haben uns seit vier Monaten nicht mehr gesehen und befinden uns sofort wieder mitten in der kniffligsten Liebessituation, die man sich vorstellen kann. Ohne Witz, das hier ist so was wie Romeo und Julia, von wegen: Wir dürfen nicht zusammenkommen. Ich bin ja bereits an Arthur vergeben und liebe ihn. Außerdem wüsste ich schon gerne, wie es
gerade um Johannes Liebesleben bestellt ist. Wie gesagt: Es kann sein, dass er sich zum Ersatz eine neue Freundin zugelegt hat, um irgendwie über mich hinwegzukommen. Allerdings bin ich sicher, dass er die sofort absägen würde, sobald ich ihm ein klares Signal zur Wiederaufnahme unserer Beziehung geben würde. Nur: Ich kann mich echt nicht zweiteilen. Das packe ich nicht. So gerne ich Johannes das Angebot machen würde.
    Mann, er hat diese unglaublich süßen Lippen. Ich muss da die ganze Zeit hinstarren und dann wieder in seine großen Augen. Am Vernünftigsten wäre es, einfach auszusteigen und mit der Sache abzuschließen. Ich sollte mich zusammenreißen, rüber zu Alina zu gehen und mit der das Chemiereferat in Ruhe ausarbeiten. Ich sollte die Lage akzeptieren, wie sie ist: Ich bin nicht frei für Johannes. Doch stattdessen stehe ich von meinem Platz auf, streiche ihm über den Kopf, so, wie ich es so oft gemacht habe, voller Zärtlichkeit, und sage leise: »Ich muss aussteigen.«
    Und mit der Geste habe ich ihn. Die erinnert ihn natürlich an all die schönen Stunden, die wir im letzten Sommer zusammen verlebt haben. Alle Bilder der totalen Verbundenheit kommen wieder in ihm hoch, die Sehnsucht, wieder eng umschlungen auf seiner Matratze zu liegen, sich alles zu erzählen. Ganz offen und ehrlich. Ohne dem anderen was vorzumachen. Das ist das Wichtigste in einer Beziehung. Immer offen

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