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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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tierisch rum. Weil ich langsam echt Kopfschmerzen von dem Lärm kriege, nehme ich die Fernbedienung und stelle den Song leiser, um hier mal eine gewisse Ruhe reinzubringen. Aber dafür ist es eindeutig zu spät.
    Alinas Mutter reißt am Arm ihrer Tochter. »Das lasse ich mir nicht bieten!«
    Und Alina schreit: »Verpiss dich!«
    Im nächsten Moment, bevor ich beschwichtigend eingreifen
kann, hat Alina eine dicke Backpfeife kleben. Das gibt einen richtigen Klatsch. Und schon glüht ihre Wange. Wow! Leute, das ist heftig. Damit habe ich nun nicht gerechnet. Ich habe noch nie von meiner Mutter eine geklebt bekommen, egal wie doll ich ihr manchmal auf den Nerven herumreite. Mama und ich haben was dagegen, dass Kinder und Jugendliche geschlagen werden. Das läuft bei uns nicht. Nur meine Schwester Cotsch hat mal eine von Papa geknallt gekriegt. Das ist allerdings schon ein paar Jahre her, doch seitdem hat meine Schwester das Megatrauma und hasst Papa: »Er hat mich geschlagen, weil er mich nicht liebt!«
    Das ist natürlich totaler Blödsinn. Papa war nur überfordert von Cotschs Männergeschichten. Sie hatte einen von ihnen bei uns ungefragt übernachten lassen. So was kann Papa nicht gut leiden. Mama meint: »Er ist eifersüchtig.« Vermutlich wäre die Lösung, Cotsch einfach öfter mal eine zu knallen, damit dieses eine traumatische Erlebnis aufgelöst wird und Gewalt für sie zur Normalität wird. Auf diese Weise würde sich das Verhältnis zwischen Papa und ihr womöglich wieder entspannen. Das wäre doch mal was. Keine Sorge, Leute, ist nur so eine These von mir. Müsst ihr nicht weiter ernst nehmen. Ich versuche gerade nur, mich innerlich runterzukühlen, weil ich echt geschockt bin, was hier gerade läuft. Das ist richtig krass.
    Alina tritt bockig gegen den Beistelltisch. »Verpiss dich! Du blöde Kuh!« Und dann fließen ihr Tränenströme aus den Augen über die Wangen.
    Ich schlucke.
    Alinas Mutter wirbelt herum und wedelt mit ihrem
Zeigefinger in der Luft hin und her. »Das hat ein Nachspiel, junge Dame. Das gibt drei Wochen kein Taschengeld. Und Fernsehverbot. Und an Papas Computer darfst du auch nicht. Bis nächsten Montag. Schreib dir das hinter die Ohren. Wenn du meinst, dass du deine Mutter so wenig achten kannst …«
    Leute, ich finde, die Geschichte läuft gerade echt aus dem Ruder. Ganz ehrlich weiß ich gar nicht, was los ist und worüber sich Alinas Mutter so aufregt. Langsam habe ich so meine Bedenken, ob es überhaupt was gebracht hätte, wenn Alina aufgestanden und mit rausgegangen wäre. Vermutlich hätte das Ganze einfach draußen stattgefunden und ihre Mutter hätte womöglich noch heftiger zugeschlagen. Ich meine, hier in diesem Haus ist offenbar mit allem zu rechnen. Langsam frage ich mich, warum die Sofas wirklich mit diesen Plastikbezügen bezogen sind? Am Ende, um leichter das Blut abzuwischen, wenn Alina wieder eins von ihren Eltern auf die Fresse kriegt. Kann doch sein. Das hier ist echt scary. Ich dachte, solche Erziehungsmethoden gehören der Vergangenheit an. Sollte ich besser durch Mama das Jugendamt einschalten lassen? Oder ist das hier noch ganz harmlos und kann mal passieren?
    Fragen über Fragen. Und sofort denke ich wieder an Johannes Schrägstrich Arthur. Mit einem von beiden würde ich jetzt gerne über den Fall diskutieren, vor allem über meine Rolle in dieser Geschichte. Langsam frage ich mich wirklich, warum ich ständig Zeuge von harten Vorfällen sein muss.
    Alinas Mutter wirft die Tür hinter sich zu, und ich meine als Erstes: »Sie kann froh sein, dass du nicht auch noch schwanger bist.«

    Alina schluckt und wischt sich schnell die Tränen mit ihrem Pulloverärmel weg. Dann zündet sie sich eine neue Zigarette an und legt cool die Füße mit den Diddl-Socken auf die Tischplatte. Sie seufzt: »Tja, Eltern und ihre Erziehungsmethoden.«
    Ich ziehe meinen heftig schmerzenden Fuß hoch auf das Sitzpolster und sehe, dass mein Strumpf voll angeschmort ist. Bevor ich mich um dieses Grauen kümmere, sage ich noch zu Alina: »Ich dachte, du wächst total behütet auf. Ich meine, du musst ständig zu Hause anrufen, wenn du unterwegs bist. Und zu Hause wird so grob mit dir umgegangen? Ist das immer so?«
    Alina ascht in ihre hohle Hand und lässt die Asche einfach hinter das Sofa rieseln. »Ist doch egal.«
    »Ist es gar nicht. Was soll denn das? So darf man doch nicht mit seinem Kind umgehen.«
    »Was willst du machen?«
    »Keine Ahnung? Das Jugendamt einschalten?«
    »Und

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