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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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Leute. Alina ist echt keine Hilfe. Die ist so was von Mainstream, die hat keine Ahnung von dem, was das Leben ausmacht. Die geht den geraden, asphaltierten
Weg. Ich nehme lieber die Trampelpfade, um möglichst viel von der Welt zu sehen, also, symbolisch gesprochen. Ich will das Leben spüren, ich will die Höhen und Tiefen erleben, ich will weise werden und meinen Enkelkindern später Ratschläge geben können. Zumindest will ich den Durchblick haben, warum wir Menschen überhaupt auf der Welt sind. Und den Durchblick kriegt man nur, wenn man mit Menschen zusammenkommt, die einen echt weiterbringen, weil sie die Dinge nicht nur oberflächlich betrachten, sondern auch in die Tiefe gehen, wo es stellenweise recht schmerzhaft werden kann. Alina dreht ihre Musik richtig voll auf, sodass ich denke, das kann nicht gesund sein. Außerdem befürchte ich, dass die Klänge Alinas Mama auf den Plan rufen. Dann wird sie reinkommen und den Rauch durch die Frühlingsbrise riechen, und wir kriegen beide mächtig Ärger. Und wenn ich eins nicht leiden kann, dann von Eltern Ärger zu kriegen. Ich versuche echt, alles richtig zu machen.
    Ich schreie also: »Mach das leiser, sonst kommt deine Mutter hoch.«
    Doch Alina zündet sich entspannt eine neue Zigarette an und tut so obercool. »Quatsch. Die ist halb taub. Die hört das gar nicht.«
    Und keine zwei Sekunden später wird von außen die Tür aufgestemmt, was wegen dem gerollten Handtuch etwas schwierig ist. Alina und ich gucken wie gelähmt zu, wie sich die Tür langsam und stoßweise öffnet. Ich glaube, ich hatte selten so ein mulmiges Gefühl. Und im nächsten Moment steht Alinas Mama auch schon mit ihrer Föhnhaube im Zimmer und schnuppert in der künstlichen Frühlingsluft herum. Schnell wirft mir Alina ihre
brennende Zigarette in den Schoss und guckt teilnahmslos. So als hätte sie die Situation zur Probe schon ein paarmal trocken durchgespielt. Von wegen: Wenn meine Mutter reinkommt, werfe ich meine Zigarette einfach nach links auf Lelles Schoß.
    Um das Schlimmste zu verhindern, schubste ich das glühende Teil von meinen Oberschenkeln runter auf den Teppich. Gleich riecht es nach verschmortem Plastik. Und ich sehe, wie unterm Tisch Rauch aufsteigt und der rote Teppich ziemlich schnell wegschmilzt. Um dem Schwelbrand keine Chance zu geben, trete ich mit meinem Socken todesmutig drauf und spüre gleich darauf unter meiner Sohle einen unsagbaren Schmerz.
    Alinas Mutter blickt uns durchdringend an. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt, diesmal hat sie ihre Terrier unten im Erdgeschoss gelassen. Ich lächle, obwohl mein Fuß echt tierisch wehtut. Ich schätze, der geschmolzene Teppich hat sich mir ins Fleisch gebrannt. Die Vorstellung gefällt mir gar nicht. Ich liebe meine Füße. Wenn ein Körperteil an mir perfekt ist, dann sind es meine Füße. Jetzt nach diesem Brandanschlag wohl nicht mehr.
    Alina atmet zur Seite weg, um den restlichen Rauch unauffällig aus den Lungen zu kriegen, und fragt total scheinheilig gegen das Geschrabbel von Tokio Hotel an: »Was gibt’s?«
    Alinas Mutti sieht ziemlich böse aus. Mit dem Puschelpuschen wippt sie rauf und runter und meint mit bebender Stimme: »Mach das sofort leiser, Alina. Und dann kommst du bitte augenblicklich mit mir vor die Tür.«
    »Nö, wieso?«

    »Junges Fräulein, dieser Tonfall gefällt mir gar nicht.«
    Alina lehnt sich im knautschigen Ledersofa zurück und stellt ihren Fuß mit ihrem orange-rosa Diddl-Socken auf die Kante vom Beistelltisch. »Nö, ich bleib hier sitzen.«
    Alinas Mutter kommt bedrohlich näher zum Sofa heran. Inzwischen schreit sie fast vor Wut. »Ich zähle bis drei, dann bist du da draußen im Flur. Aber sofort.«
    Alina scheint die Wut ihrer Mutter gar nicht zu registrieren. »Nö. Wieso? Ich bleibe hier sitzen.«
    »Eins, zwei, und die letzte Zahl heißt …«
    Leute, Alina rührt sich nicht, dabei ist ihre Mutter schon richtig am Schäumen. Ich fände es sinnvoller, wenn Alina einfach mal kurz mit rausgehen und die Angelegenheit in Ruhe klären würde. Ich meine, worum geht’s hier eigentlich?
    Inzwischen hat Alinas Mutter bis drei gezählt und zerrt an Alinas verschränktem Arm. »Ich habe gesagt, du kommst mit mir raus.«
    Und Alina stemmt sich mit den Socken am Beistelltisch ab, um sich unverrückbar zu verkeilen. »Nö!«
    Offenbar haben die beiden vergessen, dass ich ja auch noch da bin. Alina und ihre Mutter schreien sich jetzt gegenseitig an und Tokio Hotel brüllen auch

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