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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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dann?«
    »Weiß nicht. Dann reden die mit deinen Eltern.«
    »Das bringt doch nichts. Die fühlen sich im Recht.«
    Ich nicke und denke die ganze Zeit an meinen angeschmorten Fuß. Ich will echt wissen, was da unten los ist. Dennoch gehört es sich einfach, erst mal diese Angelegenheit zu klären. Ich frage: »Kannst du mir bitte wenigstens erklären, warum deine Mutter so sauer war?«
    Alina zuckt mit den Schultern. »Frag mich was Leichteres. Die regt sich über alles auf. Egal was ich mache. Die fühlt sich einfach immer von mir verarscht.«
    »Hä?«
    Das versteh einer. Wie kann sich eine Mutter von ihrem
Kind verarscht fühlen? Ich dachte, sie regt sich über die laute Musik auf oder dass wir hier oben verbotenerweise geraucht haben. Und auch wegen so was haut man sein Kind nicht. Das bespricht man in ruhiger Atmosphäre, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Oder man macht es wie meine Mutter und sagt ständig: »Rauch nicht so viel.« Oder man klopft an und bittet freundlich: »Mädels, könnt ihr mal bitte die Musik etwas runterdrehen? Ich höre meine Volksmusik nicht mehr.« Irgendwie so. Alinas Mutter scheint weit von zivilisierten Erziehungsmethoden entfernt zu sein. Wenn ihr es genau wissen wollt, liebe Leute, habe ich echt Panik, nachher die Treppe runterzugehen, um nach Hause abzuwandern. Die Mutter ist ja nicht mehr bei Trost. Ich muss es einfach so sehen. Der kann ich nicht mehr in die Augen gucken. Apropos gucken. Ich werde jetzt mal meinen verletzten Fuß untersuchen. Hauptsache, ich werde dabei nicht ohnmächtig. Vorsichtig ziehe ich die angekokelte Socke runter.
    Alina beugt sich vor. »Ich kotze! Was ist das denn?«
    »Ich hab vorhin auf die glühende Zigarette getreten.«
    »Scheiße. Und das Rote da? Ist das Blut?«
    Ich schüttle den Kopf und würde am liebsten ebenfalls kurz losheulen.
    »Das ist der geschmolzene Teppich. Der hat sich in meinen Fuß geschmort.«
    Zaghaft mache ich mit dem Fingernagel so ein bisschen an dem gehärteten Material herum und hoffe, dass ich es irgendwie abpulen kann. Fehlanzeige. Das tut höllisch weh und das ganze Zeug ist regelrecht mit meinem Fleisch verschweißt.

    Alina hält sich die Hand vor den Mund und nimmt ihre Füße vom Tisch. »Tut das weh?«
    »Was denkst du denn? Scheiße weh tut das. Was sollen wir jetzt unternehmen?«
    Alina schüttelt langsam den Kopf, wobei ihre hochgesprayten Haare wippen. »Keinen Schimmer.«
    Leute, ich mache mir gerade ein wenig Sorgen. Ich will nach Hause. Ich will zu Mama. Ich will mit jemandem sprechen, der Ahnung hat und mich abholt. Mama kann ich nur nicht anrufen, weil Papa das Auto hat. Papa ist in seiner Steuerkanzlei und sortiert die Quittungen seiner Kundschaft. Arthur ist bei seinem Sozialprojekt für verwahrloste Kinder. Johannes hat ebenfalls kein Auto, nur ein Fahrrad. Der Einzige, der mir einfällt, ist Helmuth. Der angehende Ehemann meiner schwangeren Schwester Constanze. Okay, ich ruf jetzt mal bei meiner Schwester auf dem Handy an. Hauptsache, die streiten sich nicht gerade wieder um die Schwangerschaft. Dann geht meine Schwester nämlich nicht ans Telefon.
    Alina ist inzwischen unter den Tisch gekrochen und besieht sich den weggeschmorten Teppich.
    »Tja, Lelle. Wie es aussieht, hast du da ganz schön viel Material im Fuß. Tut mir echt leid. Das ist alles meine Schuld. Ich habe quasi aus Reflex die Zigarette auf dich geworfen. Tut mir echt leid.«
    Ich hebe versöhnlich die Hand. »Ist schon okay. Kann ich ja auch verstehen. Sonst wäre deine Mutter vermutlich total ausgerastet und hätte ein Blutbad angerichtet.«
    Alina kommt wieder hoch, jetzt sind ihre Haare von der Krabbel-Aktion etwas platt gedrückt. »Sehr witzig.«
    Ich klopfe ihr auf die Schulter. »Tut mir leid. Ich wollte
nur einen kleinen Scherz in unserer dunkelsten Stunde machen.«
    Und das stimmt. Ich weiß echt nicht, wer von uns beiden schlechter dran ist. Alina oder ich. Wir sind echt vom Schicksal gebeutelt. Ich fische mein Handy aus der Jackentasche und wähle Cotschs Nummer an. Es dauert ewig, bis sie endlich drangeht. Bevor sie überhaupt fragt, was los ist, erklärt sie in strengem Tonfall: »Lelle, ich kann jetzt nicht. Helmuth und ich müssen hier gerade was klären.«
    Habe ich es nicht gesagt, Leute? Die sind schon wieder voll am Diskutieren. Vermutlich, dass Helmuth sich allein wird ums Baby kümmern müssen, damit meine Schwester voll studieren und modeln kann. Der arme Helmuth. Gegen meine Schwester kommt keiner an. Die ist

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