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Leute, ich fuehle mich leicht

Titel: Leute, ich fuehle mich leicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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sollte eher ihre Gefühle prüfen. Von wegen, ob sie ihn jemals wieder mit dem Arsch angucken will. Mir ist ihr selbstzerstörerisches Verhalten ein absolutes Rätsel. Normalerweise ist Tessi die tougheste Lady, die ich kenne. Und jetzt macht sie plötzlich einen auf »emotional abhängig«. Dagegen werde ich direkt etwas unternehmen.
    Ich streiche ihr die Ponyfransen aus dem Gesicht und sage ein paar psychologisch wertvolle Sätze, um sie innerlich ins Gleichgewicht zu bringen: »Tessi, du bist die Königin. Lass dir das nicht gefallen.«
    »Okay.«
    »Wo ist der Trottel jetzt?«
    »Im Zuschauerraum. Er sitzt ganz vorne neben meiner Mutter in der ersten Reihe und hält dir einen Platz frei. Setz dich doch dazu.«
    »Spinnst du? Dem haue ich eine runter.«
    »Bitte nicht! Tu so, als wüsstest du von nichts, okay?«
    »Warum?«
    »Weil meine Mutter sich sonst aufregt und gleich ein Bier braucht.«
    »Na gut, ausnahmsweise.«
    Ich nicke und weiß, dass ich das garantiert nicht machen werde. Ich setze mich nicht dazu. Ich bin so wütend auf diesen Arsch, dass ich dem gleich die Augen rösten würde. Ist doch wahr. Außerdem ist Tessis Mutter Alkoholikerin - jedenfalls ist sie immer betrunken. Tessi sagt: »Sie braucht ihr Bier.« Tessis Freund Tobi ist nicht besser - mit der Nummer, die er sich gerade geleistet hat. Vor dem habe ich keinen Respekt mehr. Ab heute nenne ich ihn schlicht: »Brille«. Weil er so ein dickes Gerät auf der Nase hat. Tessi fährt trotzdem voll auf ihn ab, er muss irgendwelche erotischen Tricks draufhaben. Tessi hat mir mal anvertraut: »Der Sex ist granatenmäßig!« Wenn sie meint. Ich will mir lieber nicht vorstellen, wie Brille an ihren großen Brüsten rumpresst. Der ist garantiert pervers. Solche Typen sind immer pervers. Das weiß ich von meiner Schwester Cotsch. Die kennt sich damit aus. Leute, ich hoffe wirklich, dass sie nichts mit der Sache zu tun hat. Woher sollten sie sich denn auch kennen? Höchstens vom Theorieunterricht in der Fahrschule. Ich lächle etwas gequält, spucke Tessi dreimal über die Schulter - das macht man so in Fachkreisen - und sage: »Toi, toi, toi.«
    Und sie sagt: »Drück mir die Daumen, dass ich meinen Text nicht vergesse!«
    Ich klopfe ihr auf den nackten Oberarm und verspreche: »Mache ich.«
    »Wie sehe ich aus?«
    Verheult, könnte ich sagen. Ich lüge aber und sage: »Bombig.«
    Was stimmt, wenn man sich ihre Brüste vor Augen führt.
    »Danke, Lelle.«
    »Keine Ursache.«
    Dann rennt Tessi wieder mit ihren Zöpfen und mit schwingendem Röckchen zurück in die Garderobe und ich quetsche mich an den Jungs in ihren grünen Anzügen vorbei und lächle verwegen. Man soll keine Chance ungenutzt lassen. Schauspieler sind nicht das Schlechteste, wenn ihr mich fragt. Sie glotzen mich allerdings nur blöde an, wahrscheinlich habe ich denen gerade den Atem geraubt. Passiert mir öfter mal. Ist gar kein Problem für mich.
    Jetzt sollte ich nur noch zusehen, dass ich ungesehen an Brille und Tessis alkoholkranker Mutter vorbeikomme, bevor mich die beiden Psychos packen und neben sich platzieren. Ich habe keine Lust, mit denen Konversation zu betreiben. Mit diesem Tobi werde ich überhaupt nie wieder reden. Wenn Tessi ihren Auftritt hinter sich hat, dann werde ich ihr ins Gewissen reden, dass sie den Penner absägen soll. Problematisch daran ist nur, dass Tessis Mutter ihn absolut gerne mag und schon die Hochzeitsglocken läuten hört. Ich vermute, die Trennung würde sie in eine tiefe alkoholische Krise stürzen. Ich sehe schon: Wir stehen vor einem ernsthaften Problem. Ich werde mir Lösungsansätze überlegen. Nun aber los, nach hinten, auf meinen Platz, und das »Frühlingserwachen« genießen. Hauptsache, ich schlafe nicht ein. Ich schlafe immer im Theater ein. Da kann ich gar nichts gegen machen.
    Ich ducke mich und schlängle mich hurtig zwischen den Menschen hindurch, die in den Gängen stehen und versäumt haben, sich rechtzeitig Plätze zu reservieren. Ha, ich könnte mir direkt zu meiner Genialität gratulieren. Ich habe wieder einmal alles richtig gemacht. Lelle, du hast die Macht!
    »Elisabeth, bist du es?«
    Leute, ich muss euch nicht sagen, welche Schreckschraube da nach mir ruft!
    »Elisabeth? Juhu!«
    Richtig, es ist Tessis Mutti. Ich drehe mich langsam um und setze mein berühmtes Lächeln auf, bereit, voll loszulügen. Wie ein Zombie taucht sie aus der Menge der Zuschauer auf und breitet ihre Arme aus.
    »Elisabethchen! Tobi und ich warten schon

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