Leute, mein Herz glueht
Orgelpfeifen haben sie sich in Arthurs Vorgarten zwischen dem verblühten Lavendel aufgebaut, die Fäuste in die Seiten gestemmt, und glotzen auf mich runter. Versuchen die, ihr Taschengeld mit Geheimagententätigkeiten aufzumotzen, oder was ist los?
Ich seufze: »Nichts Besonderes.«
Dann erhebe ich mich langsam, wobei mir etwas schwarz vor den Augen wird. Ab und zu habe ich Probleme mit dem Kreislauf. Vorsichtshalber stütze ich mich an Arthurs Haustür ab und gucke grimmig. Bei den Weidemann-Ladies scheiße ich so was von auf die Konvention. Manchmal muss man die Leute einfach spüren lassen, dass sie stören. Und Alice und ihre Gefolgschaft stören immer. Die haben die seltene Begabung, immer dann aufzutauchen, wenn es mir überhaupt nicht passt. Zu allem Überfluss sehe ich auch noch, wie im Hintergrund Cotsch und Helmuth angeeiert kommen. So, wie ich das aus der Distanz beurteilen kann, scheint bei denen alles wieder im Lot zu sein. Das ist doch schon mal was.
Rita macht einen Schritt nach vorne und wie jeden Tag hat sie ihr modriges Mohnblumenkleid an. Das trägt sie seit ungefähr zehn Jahren. Außerdem hat sie ihr blaues Halstuch umgelegt und eine grüne olle Regenjacke drübergezogen.
Sie meint: »Wir dachten, wir kommen und begrüßen Arthur.«
»Der schläft.«
»Und warum stehst du dann vor seiner Tür herum?«
»Nur so.«
Leute, ich koche innerlich. Das kann ich euch sagen. Das geht diese drei ja wohl überhaupt nichts an. Ich meine, die kennen Arthur doch gar nicht. Die wollen nur rumschnüffeln. Und das auf äußerst ungeschickte Weise.
Alice tritt nun auch noch einen Schritt vor und quäkt: »Lässt er dich nicht rein oder was?«
Und Susanna meint aus dem Hintergrund: »Hast du ihm schon gebeichtet, dass du einen neuen Freund hast?«
Bei so viel Frechheit hilft nur noch der stahlharte Blick. Ich durchbohre die drei Grazien mit glühenden Augen und sage mit zusammengepressten Lippen: »Ich denke, das ist meine Angelegenheit.«
Am liebsten würde ich ihnen natürlich mit einer raffinierten Folter drohen, bei der ich ihnen die Tasten einzeln aus dem Klavier reiße. Ich hasse sie. Ich hasse sie so sehr. Und weil ich nicht in Begleitung dieser Vogelscheuchen bei Arthur klingeln möchte, quetsche ich mich einfach an ihnen vorbei, streife an den Rabatten entlang, zurück nach Hause. In dem Moment erreichen Cotsch und Helmuth ebenfalls - Arm in Arm - den Ort des Geschehens.
Helmuth hebt souverän die Tennistrainerhand. »Meine Damen, guten Morgen!«
Rita, Susanna und Alice kriegen gleich ganz rote Wangen.
»Guten Morgen, Helmuth.«
Zu Cotsch sagen sie gar nichts. Ihr Ruf ist bekanntlich ruiniert. Scheiß drauf. Meine Schwester und ich, wir packen das Leben eben bei den Hörnern. Schließlich leben wir für uns und nicht für die anderen. Wenn man denen gefallen will, kann man sich gleich begraben lassen. Die sind doch eh alle schon scheintot. Ist jedenfalls meine Meinung. Schnell drücke ich auf unsere Klingel, um dem Bannkreis der Planschkühe zu entkommen. Die verströmen echt so eine ganz ungute Atmosphäre. Doch anstatt nun endlich das Weite zu suchen, heften sie sich direkt an Cotschs und Helmuths Fersen, die auch zusehen, gemeinsam mit mir in unserem Haus zu verschwinden.
Rita meint einfach nur ganz unverblümt: »Das ist ja praktisch. Wir kommen gleich mit rein. Eure Mutter hat doch sicher einen üppigen Sonntagsbrunch gezaubert.«
Und da reißt Mama auch schon die Haustür auf und Rita, Susanna und Alice galoppieren an uns vorbei ins Innere. Cotsch und Helmuth folgen ihnen zögernd bis in den Korridor. Da geben sie Mama mit sauren Mienen einen Begrüßungskuss und noch einen Abschiedskuss:
»Wir gehen wieder.«
Und ich sage: »Ich auch.«
Und dann drehen wir uns alle drei auf dem Absatz um und verschwinden jeder in unsere Richtungen. Cotsch und Helmuth zurück in ihr Liebesnest. Ich zu Arthur.
Obwohl Mama es eigentlich besser wissen müsste, ruft sie hinter uns her: »Was, warum denn?«
Und wir rufen: »Dreimal darfst du raten! Wegen den Scheiß-Tanten!«
Mir tut die Nummer natürlich auch ein bisschen leid. Jetzt müssen Mama und Papa mit Rita und ihren beiden Wunderkindern einträchtig am Frühstückstisch hocken und hilflos mit ansehen, wie sie ihnen die Haare vom Kopf fressen. Wenn die dicke Rita nämlich eins nicht kann, dann aufhören, alles Vorhandene in sich reinzustopfen. Speziell, wenn sie bei anderen Leuten zu Gast ist und das Mahl nicht selber zahlen muss. Solange
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