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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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noch irgendetwas auf dem Tisch steht, gibt’s kein Halten. Cotsch meinte allerdings neulich: »Ich sage dir, wenn Rita noch einmal zu uns kommt, um sich durchfüttern zu lassen, dann trete ich ihr in den Arsch, bis er platzt.«
    Leider hat sie sich diese Aktion jetzt gerade gespart - vermutlich weil sie zum ersten Mal im Leben in friedvoller Stimmung ist. Dann soll sie die auch mal genießen. Pikant ist nur, dass Rita beim letzten Straßenfest vor der ganzen Nachbarschaft behauptet hat, Papa hätte ihr hinter dem Altkleidercontainer ein unmoralisches Angebot gemacht. Diese Fehlbehauptung hat Papa Rita natürlich nie verziehen, und darum kriegt er jedes Mal einen Anfall, wenn die Lumpen-Tante irgendwo auftaucht. Seit dem Geschehnis ist Papa sogar wieder dazu übergegangen, sie zu siezen. Darüber könnten Cotsch und ich uns volle Pulle totlachen, weil Rita zu jeder sich bietenden Gelegenheit mit einem Sektglas angeeiert kommt und flehentlich meint: »Bernie, lass uns doch endlich wieder ›Du‹ sagen.«
    Aber Papa bleibt knallhart und meint: »Nur über meine Leiche.«
    Ich muss nicht sagen, dass das Mama total peinlich ist. Auf der anderen Seite überlegt sie natürlich ständig, ob Papa Rita vielleicht doch dieses unschickliche Angebot gemacht hat. Mindestens einmal im Monat hockt sie bei meiner Schwester auf der Bettkante und fragt mit ganz verunsichertem Gesichtsausdruck: »Meinst du wirklich, Papa hat Rita gefragt, ob sie mit ihm ins Bett will?«
    Aber Cotsch zuckt dann nur mit den Schultern und meint: »Ist doch scheißegal.«
    Mama nickt dann stupide vor sich hin und überlegt, ob sie Papa trauen kann oder nicht. Ich würde mich an ihrer Stelle eher fragen, ob sie der blöden Rita über den Weg trauen kann. Meiner Ansicht nach ist wenn dann sie die treibende Kraft. Vermutlich hat sie Panik zu vertrocknen. Die Sorge ist nicht ganz unberechtigt, wenn ihr mich fragt. Die sieht ja jetzt schon aus wie ein ledriger Apfel. Oder Schrumpfkopf.

12
    N un stehe ich schon zum zweiten Mal an diesem Morgen vor Arthurs Haustür und drücke auf die Klingel. Sofort geht die Tür auf und Arthur steht mit verquollenen Augen und hängenden Armen vor mir. Mit dem Kopf macht er so eine Bewegung. »Komm rein.«
    Dann wirft er hinter mir die Tür zu und wir stehen im kühlen Flur rum. Arthur hat sich einen dunkelblauen Kapuzenpulli übergezogen und meine Zähne klappern aufeinander. Hier drinnen ist es echt kalt. Und ein bisschen muffig riecht es auch. Kein Wunder, war ja lange keiner mehr da, um durchzulüften.
    Arthur guckt mich mit glasigem Blick an. »Ist dir kalt?«
    »Ein bisschen.«
    »Willst du einen Tee?«
    Ich schüttle den Kopf und schleiche hinter ihm her in sein Zimmer, das rechts vom Flur abgeht. Da steht nichts weiter drin als das bereits erwähnte Hochbett und ein Schreibtisch mit Stuhl. Automatisch ziehe ich mir meine Schuhe aus und klettere die Leiter hoch auf sein Bett. So habe ich das früher auch immer gemacht. Immer in der Hoffnung, dass wir endlich mal miteinander schlafen. Bis heute ist das nicht passiert, weil Arthur meinte, dass wir uns damit schön viel Zeit lassen könnten. Jedes Mal wenn ich versucht habe, ihm die Unterhose runterzuziehen, hat er sie krampfig festgehalten.
    Und jetzt, als ich mir Arthur von hier oben so ansehe, habe ich das Gefühl, dass er genau so einsam ist wie ich. Bestimmt könnte er ein bisschen Liebe gebrauchen. Aber vielleicht bin ich es auch, die Liebe braucht. Zumindest ist Arthur viel selbstständiger als ich. Der hat keine Angst, vor gar nichts. Jedenfalls tut er so. Ich hätte auch gerne keine Angst. Besonders gerne hätte ich keine Angst vor dem Leben und vor dem, was noch so alles an Komplikationen und Ärger auf mich zukommen wird.
    Arthur klettert hinter mir die Leiter hoch, setzt sich im Schneidersitz auf seine blau-weiß gestreifte Bettdecke und dreht sich eine Zigarette. Dabei hängen ihm die Haare vors Gesicht, und ich beobachte seine Finger, wie sie das Blättchen drehen. Dann hält er mir den Tabak und die Papers hin und ich drehe mir auch eine Zigarette.
    Ich grinse ihn so ein bisschen an und murmle: »He, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht.«
    Das stimmt echt. Früher haben Arthur und ich uns immer Zigaretten selbst gedreht, um ein bisschen Geld zu sparen. Aber nachdem er weg war, habe ich mir fertige gekauft, weil mich das Drehen zu stark an Arthur erinnert hat. Das war einfach zu schmerzhaft für mich.
    Ich reiche ihm den Tabak zurück, und er gibt mir

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