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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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nicht weiß, wie ich Arthur verklickern soll, dass ich danach noch mal »wohin« muss. Sollte einer von euch eine Idee haben, wie ich mit dieser Doppelverplanung umgehen könnte, bitte melden. Inzwischen bin ich so weit, dass ich gut und gerne zwei Leben bräuchte, um alle Mann unter einen Hut zu kriegen.
    Von der SMS-Aktion erzähle ich Mama besser nicht. Ich weiß sowieso schon, was die sagt: »Meine Güte, mach die Sachen doch nicht noch komplizierter, als sie ohnehin schon sind.« Und sie hätte recht. Ich könnte also nur blöde rumnicken oder sie ein bisschen anschreien, von wegen, dass ich ihrer Meinung nach wohl nie was richtig mache. Das ganze Theater würde aber nur einem Zweck dienen: ein wenig Druck abzubauen. Und da ich diesen Mechanismus so wunderbar durchschaue, lasse ich es echt lieber gleich bleiben.
    Hoffentlich kommt Cotsch bald mal von Helmuth rübergeeiert, dann könnte ich wenigstens mit der über mein Problem reden. Aber wahrscheinlich würde sie nur sagen: »Hey, genieß es! Zwei Typen, die dir zu Füßen liegen.« Aber so bin ich nicht.
    Jetzt hocke ich trübe mit Mama und Papa am fulminant gedeckten Frühstückstisch. Die gefüllten Eier lachen mich an und Arthur kommt einfach nicht rüber. Keine Ahnung, was der bei sich veranstaltet. Wäsche waschen oder so. Mama reicht Papa stumm den Brotkorb rüber, und meine Erzeuger fangen an, sich ihre Brötchenhälften gewissenhaft mit Butter zu bestreichen. Dann Marmelade drauf, dazu ordentlich viel Tee. Jeden Morgen essen sie das Gleiche. Seit Jahren! Nur für Arthur und mich hat Mama eine Ausnahme gemacht. Richtig viel Mühe hat sie sich mit den Speisen gegeben, die hübsch angerichtet darauf warten, verspeist zu werden. Die Butter, der Honig, die Marmelade, alles wurde von Papa höchstpersönlich in kleine Schälchen gefüllt. Auf unserem Frühstückstisch dürfen nämlich keine Verkaufsverpackungen stehen. Ich finde das gut. Mama meint, wir sollen uns mal überlegen, wie viele Leute die Verpackungen bereits im Laden mit ihren Dreckfingern angefasst haben. Schönen Dank!
    Ich nehme mir ein Mohnbrötchen und schneide es auf, obwohl ich gar nichts essen will. Ich muss echt aufpassen, dass ich durch den ganzen Beziehungsstress nicht in meine alten, wie man so schön sagt, »Muster« zurückfalle und wieder anfange zu hungern. Mit Magersüchtigen, wie ich eine bin, verhält es sich nämlich genau so wie mit Alkoholikern oder anderen suchtkranken Existenzen: Man ist nie wieder der, der man vor der Sucht war. Man bleibt abhängig. Darum muss ich höllisch aufpassen, dass ich mich nicht gehen lasse. Ich streiche also Butter auf meine untere Brötchenhälfte und beiße rein. Dann kaue ich und ich kriege diesen zähen Brötchenklumpen einfach nicht runtergeschluckt.
    Mama sieht mich mitleidig von der Seite an und Papa löffelt schweigend sein weiches Ei. Als er damit fertig ist, wischt er sich den Mund mit der Serviette ab und meint: »Verdammt noch mal, Elisabeth! Jetzt geh rüber zu Arthur und guck, wo er bleibt.«
    Ich sage: »Ich denke, als Frau soll man den Männern nicht hinterherlaufen.«
    »Tust du doch gar nicht.«
    Ich gucke zu Mama rüber und die zuckt pikiert mit den Schultern. »Ich würde warten, bis er kommt.«
    Aber Papa meint sofort mit einer gewissen Empörung in der Stimme: »Warum das denn?«
    Mamas Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen. Offenbar haben wir hier ein schwieriges Mann-Schrägstrich-Frau-Thema angeschnitten.
    Mama gießt sich noch einen Tee ein und meint dann ziemlich spitz: »Vielleicht möchte Arthur nach der langen Reise seine Ruhe haben. Dann sollte ihn Lelle nicht bedrängen.«
    Mein Blick fliegt über die Marmeladenschälchen zurück zu Papa. Der nickt, und ich sehe, dass er plötzlich merkwürdig feuchte Augen hat. Manchmal und völlig unerwartet rührt ihn das Leben so sehr, mit all seinen Komplikationen, dass sich seine Augen blitzschnell mit Tränen füllen. Vielleicht tue ich ihm aber auch einfach nur leid.
    Er seufzt und sagt: »Und was ist mit Elisabeth? Was ist mit ihren Bedürfnissen?«
    Mama stellt ihre Teetasse mit einem lauten Klirren auf der Untertasse ab und meint, sichtlich um innere Gelassenheit bemüht: »Hast du dich jemals gefragt, was ich für Bedürfnisse habe?«
    Leute, jetzt haben wir hier definitv eine Ebene gewechselt!
    »Was hat das denn jetzt mit Elisabeth zu tun?«, fragt mein Vater folgerichtig.
    »Nichts, ich wundere mich nur, dass du überhaupt fähig bist, dich um die Bedürfnisse

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