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Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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Feuer, wobei sein Zeigefinger ganz leicht meine Wange berührt. »Danke.«
    Ich blase den Rauch aus, und mir fällt auf, dass wir uns eigentlich noch gar nicht geküsst haben. Unser Wiedersehen habe ich mir irgendwie romantischer vorgestellt. So wie man es eben aus tausend Filmen kennt: Die Liebenden stürmen aufeinander zu und umarmen sich wild. Die Frau wird vom Mann durch die Luft gewirbelt und sie küssen sich und wollen sich gar nicht wieder loslassen. In Wirklichkeit, Leute, läuft das Ganze wesentlich krampfiger ab, das kann ich euch flüstern.
    Arthur und ich lehnen uns zurück gegen die kühle Wand, rauchen selbst gedrehte Zigaretten und starren vor uns hin. Mir kommt es so vor, als sei es mindestens hundert Jahre her, dass wir das letzte Mal so gesessen haben. Irgendwie sind wir uns so fremd geworden. Ich weiß nicht mal, was ich sagen soll. Auf Arthurs gebräunten Armen bildet sich Gänsehaut, und er hat diesen alten Kapuzenpulli an, den er immer anhatte, wenn wir abends auf seinem Moped durch die Gegend gegurkt sind, um uns frei und unabhängig zu fühlen. Der Ausschnitt ist inzwischen ziemlich ausgeleiert, aber um den Hals trägt er immer noch die dünne Goldkette, die ich ihm zum Abschied geschenkt habe. Daran hängt ein kleiner Tonanhänger, ein Vogel, den ich selbst getöpfert habe. Ich nenne ihn » Black Bird «. Das ist ein alter Song aus dem vorigen Jahrhundert. Papa mag ihn ziemlich und ich mag ihn auch. Er ist extrem romantisch.
    Arthur atmet ganz ruhig, und ich könnte jetzt meine Hand ausstrecken und über seine Brust streichen, doch ich traue mich nicht. Ich sitze nur da, ziehe an meiner Zigarette und denke leise vor mich hin.
    Endlich öffnet Arthur seinen Mund und flüstert: »Komm her.«
    Ich drücke die Zigarette in dem kleinen selbst getöpferten Aschenbecher aus und krabble zu ihm rüber. Doch er bewegt sich nicht. Er hält noch immer die Augen geschlossen und ich rieche seinen mir bekannten Duft und um seinen Hals glitzert die dünne goldene Kette. Er hat sich die Haare nach hinten gestrichen und ich könnte mich jetzt über ihn legen und ihn küssen. Doch ich sehe ihn einfach nur an. Jetzt gleiten seine Hände über seine Oberschenkel, hin zur Gürtelschnalle. Seine schönen Hände öffnen langsam die Schnalle und dann die Knöpfe. Langsam zieht er seine Jeans nach unten, über die Knie. Er hat nur noch seine weiße Unterhose und den Kapuzenpulli an. Er macht noch immer nicht die Augen auf. Wieder flüstert er nur: »Komm her. Komm her.«
    Vorsichtig bewege ich mich näher heran, sodass ich zwischen seinen Beinen knie. Er hebt die Hände, legt sie um mein Gesicht herum und zieht mich an sich. Ganz zärtlich küsst er mich auf den Mund. Ich schaffe es nicht, die Augen zu schließen. Ich schaffe es nicht, wirklich zu spüren, dass er mich küsst. Das Fenster ist angekippt, und ich höre, wie Lumpen-Rita mit Susanna und Alice nebenan aus unserem Haus rauskommen und sich lautstark von Mama verabschieden.
    »Bis heute Abend! Ich rechne mit euch! Fünf Euro pro Person!«
    Arthur lächelt sanft. Er fragt ganz leise: »Wo bist du, Lelle?«
    Und ich flüstere noch leiser: »Ich bin doch hier.«
    »Dann küss mich.«
    Das mache ich. Ich küsse meinen Freund Arthur, und endlich schließe ich auch die Augen, lasse mich sinken, und plötzlich sehe ich Johannes klar und deutlich vor mir, wie er mich angrinst und sagt: »Da bist du ja.« Und er legt seinen Arm um mich und zieht mich mit sich. Und Arthur schlingt seine Arme um mich, seine Finger fahren an meinem Hosenbund entlang, und irgendwann schafft er es, vorne die Knöpfe zu öffnen und mir die Jeans runterzuziehen. Ganz langsam, ohne Eile und am liebsten würde ich sie dieses Mal festhalten, doch sein Körper drückt sich an mich, sein Atem fliegt über mein Gesicht, warm und weich, über den Nacken, die Schulter. Da sind seine weichen Lippen und dann ist da sein Flüstern: »Wo bist du?«
    Und seine Hand gleitet warm über meinen Bauch und dann über die Leistengegend. Da bleibt sie, fährt tastend darüber hinweg. Wieder und wieder. So als wollte er sich überzeugen, dass da etwas ist, was nicht dort hingehört. Die Mikrobe! Meine eingeritzte Narbe! Unauffällig versuche ich, seine Hand weiterzuschieben. Doch da setzt sich Arthur schon auf, legt seine Haare hinter das Ohr und beugt sich über mich. »Was ist das?«
    Meine Stimme klingt mit einem Mal ziemlich brüchig, so als sei ich mindestens hundert Jahre alt: »Was denn?«
    »Na, das

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