Level 26 – Dunkle Offenbarung
gegangen war, begleitete ein Trupp von Wachen O’Brian und Roeding zum Flugzeug. Natasha richtete sich am Arbeitsplatz ein – mit Kaffee, türkischen Zigaretten und Minzpastillen, um den Rauchgeruch im Atem zu überdecken. Dann lud sie die Dateien von der südafrikanischen Polizei herunter. Alle waren so … so beschäftigt!
Dark schlenderte in der Zwischenzeit in Richtung seiner Unterkunft davon. »Die Dateien sind jeden Moment fertig«, rief Natasha ihm nach, aber Dark schien sie zu ignorieren. Im Gegenzug beachtete Natasha ihn auch nicht mehr und arbeitete weiter, wobei sie ungefähr jede Minute eine Pfefferminzpastille einwarf. Als Dark zurückkam, trug er eine Lederjacke – etwas, das er bestellt hatte, einfach nur um auszuprobieren, ob Blair zu seinem Wort stand. Blair hatte nicht gelogen. Die maßgeschneiderte Jacke war innerhalb einer Stunde angekommen.
»Ist Ihnen kalt?«, fragte Natasha.
»Nicht besonders«, sagte Dark.
»Kommen Sie und werfen Sie einen Blick auf diese Abbildungen von der Schulfibel«, sagte Natasha. »Der Detailreichtum und die Druckqualität sind verblüffend für ein Buch, das einhundert Jahre alt ist …«
»Großartig. Wirklich, erste Sahne. Halten Sie mich auf dem Laufenden.« Dark wandte sich um und ging auf den Ausgang zu.
»Warten Sie – wo gehen Sie hin?«
»Labyrinth aufhalten.«
Natasha starrte ihn einen Augenblick lang verständnislos an. »Ist das nicht genau das, was wir hier tun sollen?«
»Ich habe so ein Gefühl, dass ich weiß, wo er als Nächstes zuschlagen will«, sagte Dark.
»Ja. In Johannesburg. Das wissen wir alle.«
»Nein. Ich meine danach. Er hat seinen nächsten Anschlag bereits geplant – das wissen Sie, richtig? Er geht systematisch vor. Er hat das seit Jahren vorbereitet.«
»Das glaube ich Ihnen gern«, stellte Natasha nüchtern fest. »Er hat nach Johannesburg ohne Zweifel schon das Nächste in der Warteschleife. Wo also wäre das?«
»Ich lasse es Sie wissen, sobald ich ihn in Gewahrsam habe.«
»Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Sie können mitkommen, wenn Sie mögen. Ich besorge auf dem Weg zum Flughafen ein zweites Ticket.«
»So funktioniert das hier nicht«, sagte Natasha. »Sie sind kein einsamer Wolf mehr. Sie sind Teil eines Teams. Wenn Sie ohne Blairs Einverständnis gehen, sind Sie draußen.«
»Und das würde mich tief treffen«, entgegnete Dark.
Blairs Ressourcen waren beeindruckend, aber Dark wusste, dass Geld oder Flugzeuge oder ein Einsatzkommando dieses Monster nicht zur Strecke bringen würden. Dark musste es auf die Art tun, wie er es immer getan hatte: indem er sich in den Irren einfühlte und seiner Intuition folgte. Wenn er jede Eingebung und jede Entscheidung erst einmal von Damien Blair absegnen lassen musste, dann konnte er auch gleich zur Special Circs zurückkehren, unter den fetten Daumen von Norman Wycoff. Das Team spielte keine Rolle. Für Dark ging es allein darum, Labyrinth zu erwischen. Blair konnte ihn später gerne dafür zusammenscheißen.
»Wo glauben Sie denn, dass er sein wird?«, fragte Natasha.
»Hören Sie, es ist nur eine verrückte Eingebung, aber es fühlt sich richtig an, je mehr ich es in meinem Kopf hin und her wende.«
»Wollen Sie mich jetzt raten lassen, oder sagen Sie es mir?«
»New York.«
»Warum glauben Sie, dass er nach Amerika zurückgeht?«
»Wegen der Rätsel. Ich habe ein Gefühl, dass sie sich nicht einfach nur auf die gegenwärtige Drohung beziehen – sie beinhalten auch so etwas wie eine kleine Vorschau auf die nächste. Sie erinnern sich an das erste Rätsel? Über eine Fotografin, die ihren Mann zum Trocknen aufhängt? Das bezog sich auf die Schauspielerin und ihren Produzenten, aber es war auch ein kurzer Wink in Richtung des Ölmanagers. Ein Ehemann, Charles Murtha, buchstäblich zum Trocknen aufgehängt.«
»Das ist weit hergeholt«, sagte Natasha. »Was ist mit dem zweiten Rätsel?«
STÄNDIG LAUFE ICH UND BLEIBE DOCH AM SELBEN ORT,
DU HÖRST MICH MURMELN, ABER ICH SAGE KEIN WORT;
ICH HABE EIN BETT, DOCH NIE SCHLAFE ICH,
ICH HAB EINEN MUND, ABER ESSE NICHT.
WAS BIN ICH?
»Die offensichtliche Antwort?«, fragte Dark. »Ein Fluss. Aber ich denke, es bezieht sich genauso auf das Opfer. Jemand, auf den diese Beschreibung ebenso passt. Vielleicht sogar eine Art Gegenstück davon. Jemand, der es verdient, dafür bestraft zu werden. Weil er zu viel redet. Oder zu viel isst. Oder womöglich auch am Steuer eingeschlafen ist. Ich glaube, es handelt sich um
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