Level X
dieser W elt, dieselbe gewohnte Marke fuhr, wenn auch ein anderes Modell. Kurz überl e gte ich, ob ich vorschl a gen sollte, m it ihm zu fahren, wollte aber jeden Ärger ver m eiden. Ich blickte hinauf zu den Fenstern von Irene Grangers W ohnung, sah, wie ein Vorhang s i ch bewegte, und stieg dann in den Ko m bi. Einer der beiden Hockey- S pieler-Typen ging um den W agen herum und nahm von der anderen Seite her bei m i r auf dem Rücksitz Pl atz. Der an d ere setzte sich hint e r das Steuer. Er drückte auf einen Knopf, und ich hörte, wie sich die Türen verriegelten. Ich sagte nichts dazu.
Die Reise verging zum größten Teil schweigend. Meine Begleiter gaben höfliche, aber nur einsilbige Antworten auf jeden m einer Versuche, ein Gespräch in Gang zu bringen. Et wa vierzig Minuten nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, erreichten wir ein großes eiser n es Tor, das sich a u to m atisch öffnete. Dahi n t er s t and ein Sicherheitsposten, der uns durchwinkte. Am Ende einer langen Kiesauff a hrt erwartete uns ein imposantes Landherrenhaus. Harolds W agen stand bereits davor.
Auch die gewölbte Eingangshalle war beeindruckend und sehr ansprechend eingerichtet. Eine Krankenschwester stieg gerade einen gewund e nen Treppenaufgang hinauf. Harold erwartete m i ch zusam m en mit s einem Freund, dem Arzt, dem ich in der Nacht zuvor schon begegnet war.
»Du kennst Dr. Killa n i n bereits«, sa g t e er.
W i r schüttelten uns die Hände und gingen in das geräu m ige Büro des Arztes. An einem Ende, der Fenster s eite, stand ein Schreibtisch. Am anderen Ende eine typische Psychoanalysecouch. Die W ände waren m i t dunkelbraune m , poliertem Eichenholz getäfelt, zu m i ndest dort, wo keine deckenhohen Regale standen. Hier und da hingen olivbraun gerah m te J a gdszenen neben zahlreichen Diplo m en.
Der Arzt setzte sich hinter seinen Schreibtisch und forderte m i ch auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen. Harold zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben uns, hielt allerdings etwas Abstand. Offenbar wollte er b ei die s em ersten Gespräch dabei se i n, aber hauptsächlich Zuhörer bleiben.
Etwas an Killa n i ns Sti mm e machte es m i r schwer, m i ch auf das zu konzentrieren, was er s agte – was ohnehin schon recht einschläfernd w i rkte; doch seine sonore, monotone Stim m e raubte den Sätzen zusätzlich jede Spannung. Mit einem Mal wusste ich: Vor m i r saß ein Mann ohne jegliche Fantasie oder intellektue l le Neugier – m it Sicherheit kein Mann, der in der Lage war, m ein Problem zu begreifen oder es anders als bloß wie eine weitere Variante einer ihm schon bekannten Theorie zu betrachten. Hier saß ein Mann der Routine, ein Verwalter, einer, der Dinge in Schubladen ordnete, ein Mann der konventionellen, etabliert e n Lehrmeinungen – und der Letzte, in dessen Hände ich m i ch freiwillig begeben hätte. Kurz stieg Panik in m i r auf. W ar ich in die eigene Falle getappt? Hätte ich nach A nnes Telefongespräch davonrennen sollen? Der Augenblick verging, und ich war m i r wieder sicher, dass ich die einzig mögliche Entscheidung getroffen hatte.
Plötzlich wurde m i r bewusst, dass Harold aufgestanden war, bereit, au f zubre c hen. Auch Killanin hatte s i ch erhoben, also tat ich es ihnen nach, nicht ohne einen Anflug von Angst zu verspüren a n gesic h ts der Tatsache, dass sich Harold, m eine let z te Verbindung zur Außenwelt, verabsc h ie d en wollte. Harold m usste etwas v on dieser Angst in meinen Augen gelesen haben, denn für einen kurzen Augenblick wirkte er verstört und zögerte. Es war ein seltsames Gefühl, so von ihm getrennt zu werden. Eigentlich hätten wir diesen Ort zusammen verlas s en müssen, m it einem S c herz auf den Lippen und heftig darüber debattierend, w o wir zum Essen hingehen sollten. Statt d essen ließ er m i ch hier allein zurück, in dieser fr e m den, steril wirkenden U m gebung.
Ohne weite r e U m stände übergab D r . Killa n i n mich d e r Obhut einer Oberschwester, die m i ch, wie er es ausdrückte, auf mein Z i m m er bringen würde. Die Schwester hatte scharfe, ka n tige Gesichtszüge, die durch e i n e k l e i n e, an d en End en s p itz zulaufende B rille noch verstärkt w urden. Zackig stieg sie vor m i r die Treppe hoch, m ein Krankenblatt wie ein Gewehr unter d e m A r m tragend.
Mein Zimmer war groß und luftig und besaß ein breites Erkerfenster m it einer grandi o sen Aussicht auf das Gelände.
Von der spärlichen Möblierung abgesehen,
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