Level X
hätte. Der Fehler lag allein b ei m i r. Ich hätte sie n i c ht m it etwas bela s t en dürfen, das ich, wie ich jetzt erkannte, vorerst besser noch für m i ch behalten hätte.
Ich war v or allem erl e icht e rt, dass sie n i cht i n s Schlafzimmer zurückgekommen war. W ahrscheinlich glaubte sie, ich schliefe noch im m er. Ich wollte n i cht, da s s sie m i r m it einem schlecht e n Gewissen gegenübertreten musste. Ich wollte nicht, dass sie mich belog – oder ich sie.
Als sie den Hörer aufgelegt hatte, w ar ich schnell m eine Alternativen durchgegangen. Eine Flucht war zwecklos: W i e weit würde ich wohl kom m en, und was w ollte ich da m it gewinnen? Ich erkannte sofort, dass es das Beste sein würde, wenn ich bliebe und die Dinge so gelassen wie möglich auf m i ch zukom m en ließe. Ich m usste den anderen durch m ein Verhalten klar m achen, da s s ich nicht verrückt war. Selbst wenn ich m i ch weiteren Tests und Untersuchungen würde unterziehen m üssen, würde m an unweigerlich zu dem Schluss kom m en, dass ich nicht in irgend e inem klini s chen Sinne geistig gestört war. Davon war ich fest überzeugt. Man würde m i ch entlassen, und dann würde ich Anne – und w e m auch im m er – beweisen, dass m eine fantastische Geschichte Hand und Fuß hatte.
Ich war erleichtert, als Harold und nicht Anne das Zimmer betrat. Er zei gt e sich überrascht, als er sah, dass ich angezogen und zum Aufbruch bereit war.
» W illst du v erreisen, alter Junge ? «, fragte er u n d tat sein Bestes, so fröhlich und locker wie m öglich zu klingen. Ich schenkte ihm ein Lächeln, das ihm zeigen sollte, dass ich m i ch i m Vollbesitz m einer geistigen Kräfte befand, alles unter Kontrolle hatte und er m i r vertrauen konnte.
»Es ist schon gut«, sagte ich. »Ich weiß, was los ist. Ich habe Annes Telefongespräch m itgehört. Danke, dass du gekommen bist, Harold – ich h ä tte nicht g ewollt, dass sie selbst sich um diese Sache kümmern m uss.«
»Schau m a l, Richard …«, erwiderte er. Es war o ff ensichtli c h, dass er sich ausgesp r ochen unwohl f ühlte.
»Ich verspreche dir, dass alles wieder in Ordnung kom m en wird.«
»Ich weiß. Ist Anne noch da ? «
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie hinüber zu Irene Granger geschickt.«
Ich erinnerte m i ch gut an Irene Granger: eine große, rotha a rige F rau Mitte fü n f zig, im m e r noch gut aussehend, ein Ex-Modell. Sie hatte sich vor ein paar Jahren von einem reichen Buchhalter scheiden lassen. Es war ko m i sch, wie ich nur einen Na m en zu hören oder irgendetwas in diesem neuen, anderen Leben zu sehen brauchte, und schon stellte sich die E rinnerung bei m i r ein.
»Das ist gut«, sagte ich. »Ich bin froh, dass du das getan hast. Sag Anne, dass sie richtig gehandelt hat. Sag ihr auch, dass ich ihr keine Vorwürfe mache.«
Harold nickte. »Klar.« Eine weitere peinliche Pause.
»Nun …«
»Ich bin so weit«, sagte ich und schloss den kleinen Koffer.
»Das wirst du nicht brauchen«, m einte Harold.
»Na, jetzt, wo ich ihn gepackt habe, kann ich ihn auch m itneh m en«, entgegnete ich, betonte den Satz aber wie eine Fra g e u nd zuckte di e Schultern.
»Okay. Aber es ist kein Problem, dir alles, was du brauchst, z u zuschic k en . «
»Ich hoffe, dass es nicht so lange dauern wird«, sagte ich, be m üht, m i r die aufkei m e nde Panik nicht an m erken zu lassen. B l eib ganz ruhig, sa g t e ich m i r. Bleib einfach ganz ruhig!
»Natürlich nicht«, antwort e te Harold – ein wenig zu schnell, wie ich fand.
»Apropos, wo fahren wir eigentlich hin? Nicht in dieselbe Klinik wie beim letzten Mal, hoffe ich.«
»Nein, nein. Ich habe etwas an d eres ausgesucht. Sie haben dort die besten … nun, sie sind dort bestens ausgestattet . «
Zwei Männer erschienen hint e r i h m in der Tür. I h re Züge waren angeneh m , i hre Körper durchtrainiert, und sie trugen Krawatten und Sportjacken. Man hätte sie für Hockey-Spieler auf dem W eg zum nächsten Spiel halten können. Sie erwiderten m einen Gruß freundlich, lächelten aber nicht. Draußen hielt m i r einer von ihnen höflich die hintere Tür eines gerä u m igen Kombiwagens a u f.
Ich drehte m i ch zu Harold u m : »Kom m st du nicht m i t uns ? «
»Ich bin m it m einem eigenen W agen gekommen«, erklärte er. » Ich fahre v o r euch her.«
Er schloss die Tür seines auf Hochglanz polierten B M W s auf. Ich lächelte leicht, getröstet durch den Gedanken, dass Harold auch hier, in
Weitere Kostenlose Bücher