Leviathan - Die geheime Mission
Läufers mit der sprotzenden Flamme eines Schweißbrenners.
»Aber ist das nicht ein übertriebener Aufwand?«, fragte Dylan. »Eine Maschine zu bauen für etwas, was Tiere besser erledigen können?«
»Besser?«, erwiderte Alek. »Ich bezweifle, dass eine eurer Tierschöpfungen diese Ladung ziehen könnte.«
»Ach, ein Elefantiner würde das bestimmt mit Leichtigkeit schaffen.« Dylan zeigte hinauf zu Klopp. »Und man bräuchte nicht alle paar Minuten die Zahnräder zu schmieren.«
»Meister Klopp ist bloß vorsichtig«, sagte Alek. »Bei dieser Kälte wird Metall schnell spröde.«
»Genau das meine ich doch. Mammutine lieben die Kälte!«
Alek erinnerte sich an Fotos von Mammutinen. Sie
waren riesige, zottelige sibirische Elefanten, die ersten ausgestorbenen Tiere, die die Darwinisten wieder zum Leben erweckt hatten. »Aber kippen die bei Hitze nicht um und sterben?«
»Das ist eine gemeine Mechanistenlüge!«, rief Dylan und zuckte mit den Schultern. »Solange man mit ihnen nicht weiter südlich als bis nach Glasgow zieht, geht es ihnen hervorragend.«
Alek lachte, obwohl er nie ganz sicher war, wann Dylan scherzte. Der Junge hatte einen scharfen Verstand, auch wenn er ständig so großtuerisch daherredete. Er hatte sich sehr geschickt angestellt, als es darum ging, die Fracht auf dem Schlitten festzuzurren, und zwischen ihm, Bauer und Hoffmann herrschte ein viel lockererer Umgang als zwischen Alek und den beiden Männern – und das obwohl Dylan kein Wort Deutsch sprach.
Alek hatte zwar sein Leben lang Kampf und Strategie geübt, aber Dylan war ein richtiger Soldat. Er kannte die ausgefallensten Flüche, die ihm mühelos über die Lippen gingen, und beim Mittagessen hatte er sein Messer geworfen und einen Apfel über drei Meter hinweg genau in die Mitte getroffen. Zwar war er ein wenig mager für einen Jungen seines Alters, aber er arbeitete so hart wie jeder andere Mann. Und das blaue Auge, das er sich beim Absturz geholt hatte, verlieh seinem Äußeren etwas Piratenhaftes.
In gewisser Weise war Dylan der Junge, der Alek gern gewesen wäre, wenn er nicht als Sohn des Erzherzogs
geboren worden wäre. Es machte ihm nicht einmal etwas aus, von ihm geduzt zu werden.
»Na ja, keine Sorge«, sagte Alek und klopfte Dylan auf die Schulter. »Der Sturmläufer kann alle Vorräte schleppen, die euer Flugtier braucht. Obwohl ich wirklich nicht verstehen kann, wie ein Tier das alles essen kann.«
»Ach, rede nicht so einen Unfug. Die Leviathan ist nicht nur ein Tier«, sagte Dylan. »Es ist eine Ansammlung von Tieren – so etwas nennt man Ökosystem.«
Alek nickte langsam. »Hat nicht Dr. Barlow irgendetwas über Fledermäuse gesagt?«
»Aye, Flechet-Fledermäuse. Die solltest du mal bei der Arbeit sehen.«
»Flechet? Wie ›Pfeilchen‹ auf Französisch?«
»Klingt richtig«, sagte Dylan. »Die Fledermäuse schlucken Metallspitzen, die sie dann über dem Feind fallen lassen.«
»Sie schlucken Spitzen«, wiederholte Alek langsam. »Und lassen sie … fallen .«
Dylan verkniff sich ein Lachen. »Aye, dem ganz normalen Lauf der Dinge folgend.«
Alek blinzelte. Der Junge konnte doch nicht tatsächlich meinen, was Alek verstanden hatte. Vielleicht war das nur wieder einer seiner eigentümlichen Scherze.
»Na ja, da bin ich froh, dass wir Frieden geschlossen haben, sonst würden eure Fledermäuse ihre Flechets auf uns … äh … fallen lassen.«
Dylan nickte ernst. »Ich auch, Alek. Alle behaupten,
die Mechanisten hätten nichts als ihre Maschinen im Kopf. Aber so bist du gar nicht.«
»Natürlich nicht.«
»Es war todesmutig, so allein über das Eis zu kommen.«
Alek räusperte sich verlegen. »Das hätte doch jeder gemacht.«
»Unfug. Du hast richtige Schwierigkeiten bekommen, weil du uns helfen wolltest.«
»Das stimmt allerdings.«
Dylan streckte ihm die Hand entgegen. »Also, dass war brüllend anständig von dir.«
»Danke.« Alek schüttelte die Hand des Jungen. »Und es war anständig von dir, mich vor dem Feuertod zu retten.«
»Das zählt nicht«, meinte Dylan. »Ich hätte den Feuertod ja auch erlitten.«
Alek lachte. »Trotzdem danke ich dir – wenn du mir versprichst, mir nicht wieder ein Messer an die Kehle zu setzen.«
»Ich verspreche es«, sagte Dylan mit ernstem Gesicht. »Es ist sicherlich schrecklich, wenn man von zu Hause weglaufen muss.«
»Ja«, sagte Alek und sah den Jungen misstrauisch an. »Hat Dr. Barlow dich aufgefordert, herauszufinden, wer ich bin?«
»Dazu
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