Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
hinterlassen, als sie mit dem kleinen Shuttle nach Eros geflogen war.
Aus der Nähe sah das Schiff, das die Scopuli vernichtet und die Crew verschleppt hatte, wie ein Hai aus. Es war lang, schlank und völlig schwarz, mit bloßem Auge im Weltraum fast nicht zu erkennen. Die radarabweisenden Kurven gaben dem Flugobjekt ein aerodynamisches Äußeres, das bei raumtüchtigen Fahrzeugen so gut wie nie zu sehen war. Holden lief es kalt den Rücken hinunter, doch es war schön.
»Verdammtes Ding«, sagte Amos halblaut, als die Crew sich im Cockpit der Rosinante versammelt hatte, um es zu betrachten.
»Die Rosinante hat es nicht mal gesehen, Käpt’n«, erklärte Alex. »Ich taste es mit Lidar ab, aber wir erkennen gerade mal einen geringfügig wärmeren Fleck auf dem Asteroiden.«
»Genau wie Becca es kurz vor der Vernichtung der Canterbury beobachtet hat«, sagte Naomi.
»Das Shuttle ist nicht mehr da, also dürfte dies das richtige Stealthschiff sein, das jemand an einen Felsen gekettet hinterlassen hat«, fügte Alex hinzu. »Das nur für den Fall, dass es mehr als eins gibt.«
Holden trommelte einen Moment auf Alex’ Rückenlehne, während er über dem Kopf des Piloten schwebte.
»Wahrscheinlich ist es voller Kotzzombies«, sagte Holden schließlich.
»Wollen wir nachsehen?«, schlug Miller vor.
»Ja, unbedingt.«
34 Miller
Der Raumanzug war besser als alles, was Miller kannte. In all den Jahren auf Ceres war er nur zweimal nach draußen gegangen. Die Ausrüstung von Star Helix war schon damals veraltet gewesen: dicke verrostete Gelenkkapseln, abtrennbare Luftversorgung, Handschuhe, in denen die Finger dreißig Grad kälter waren als der Rest des Körpers. Die Anzüge der Rosinante waren militärisches Gerät und nagelneu – nicht dicker als eine normale Krawallausrüstung, mit integrierten Lebenserhaltungssystemen, welche die Finger wahrscheinlich sogar noch warm hielten, wenn die Hand durch einen Schuss abgetrennt war. Miller schwebte und hielt sich mit einer Hand an einem Gurt der Luftschleuse fest. Er spannte die Finger und sah zu, wie die Außenhaut des Anzugs geschmeidig der Bewegung folgte.
Das Material kam ihm zu dünn vor.
»Alles klar, Alex«, sagte Holden. »Wir sind bereit. Lassen Sie die Rosinante mal für uns anklopfen.«
Gleich darauf gab es einen Ruck und eine Erschütterung. Naomi legte eine Hand gegen die gekrümmte Wand der Luftschleuse, um sich zu stabilisieren. Amos schwebte nach vorn, um die Führung zu übernehmen. Er hatte sich mit einer rückstoßfreien Automatikwaffe ausgerüstet. Wenn er den Kopf drehte, hörte Miller das Knacken der Wirbel über den Funk. Da sie sich bereits im Vakuum befanden, gab es keine normalen Schallwellen mehr.
»Alles klar, Kapitän«, sagte Alex. »Ich habe eine luftdichte Verbindung hergestellt. Die manuelle Schaltung funktioniert nicht mehr, also brauche ich noch einen Moment, um …«
»Gibt es ein Problem?«, fragte Holden.
»Ich hab’s schon, ich hab’s. Wir haben angedockt«, meldete Alex. Einen Moment später: »Ah, anscheinend gibt es da drüben nicht mehr viel, was man atmen könnte.«
»Wie sieht es aus?«, fragte Holden.
»Rein gar nichts, Vakuum«, antwortete Alex. »Beide Schleusentüren sind offen.«
»Also gut, Leute«, sagte Holden. »Dann behaltet euren Luftvorrat im Auge. Los jetzt.«
Miller holte tief Luft. Die Lampen der äußeren Luftschleuse wechselten von Rot nach Grün. Amos landete auf dem anderen Schiff, kaum dass sich der Durchgang zur Rosinante hinter ihm geschlossen hatte. Miller wurde es einen Moment schwindlig, ehe sich die Wahrnehmung von vor mir auf unter mir umstellen konnte. Es war, als würden sie hinabstürzen.
»Alles klar?«, fragte Naomi.
Miller nickte, und Amos schwebte in die Luke des anderen Schiffs hinein. Nacheinander folgten sie ihm.
Das Schiff war tot. Die Lampen ihrer Anzüge erfassten die nahezu stromlinienförmig gekrümmten Schotts, die gepolsterten Wände, die grauen Anzugspinde. Ein Spind war verbeult, als hätte jemand sich mit Gewalt daraus befreit. Amos stieß sich vorsichtig ab. Unter normalen Umständen wäre das Vakuum Grund genug für die Annahme gewesen, dass sie nicht mit plötzlichen Angriffen rechnen mussten. In diesem Moment war Miller sich dessen nicht mehr so sicher.
»Das ganze Schiff ist stillgelegt«, sagte Holden.
»Vielleicht gibt es Notaggregate im Maschinenraum«, schlug Amos vor.
»Das wäre dort hinten«, überlegte Holden.
»Richtig.«
»Wir wollen
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