Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
und hätte sich gern kraft seiner Gedanken eine Nüchternheit verschafft, die weit außer Reichweite war. Er setzte sich dem Besucher gegenüber hin.
»Sie müssen mir einen Gefallen tun«, begann Dawes. »Ich bezahle auch dafür. Nicht mit Geld natürlich, sondern mit Informationen.«
»Was wollen Sie?«, fragte Miller.
»Hören Sie auf, nach Juliette Mao zu suchen.«
»Kommt nicht infrage.«
»Ich versuche, den Frieden zu erhalten, Detective«, fuhr Dawes fort. »Sie sollten mich erst einmal anhören.«
Miller beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. Ob der freundliche Jiu-Jitsu-Lehrer für die AAP arbeitete? Dawes’ Besuch schien darauf hinzudeuten. Miller nahm sich vor, diesen Aspekt im Auge zu behalten, sagte jedoch nichts weiter.
»Mao hat für uns gearbeitet«, erklärte Dawes. »Aber das haben Sie sich sicher sowieso schon gedacht.«
»Mehr oder weniger. Wissen Sie, wo sie ist?«
»Nein. Wir suchen sie selbst. Und wir sind diejenigen, die sie finden müssen. Nicht Sie.«
Miller schüttelte den Kopf. Es gab eine Antwort darauf. Die richtige, angemessene Reaktion. Es dröhnte in seinem Hinterkopf. Wenn er nur nicht so benommen gewesen wäre.
»Sie sind einer von den anderen, Detective. Auch wenn Sie Ihr ganzes Leben hier draußen verbracht haben, Ihr Gehalt wird von einer Firma der inneren Planeten überwiesen. Nein, warten Sie – ich mache Ihnen ja keinen Vorwurf. Ich verstehe schon, wie das ist. Man hat Leute gesucht, und Sie brauchten Arbeit. Aber … wir müssen jetzt wegen der Canterbury sehr vorsichtig sein. Die radikalen Elemente im Gürtel wollen einen Krieg.«
»Die Phoebe-Station.«
»Ja. Das wirft man uns jetzt vor. Und die verlorene Tochter der bekannten Unternehmer auf Luna …«
»Sie glauben, ihr sei etwas zugestoßen.«
»Sie war auf der Scopuli «, erklärte Dawes. Als Miller nicht sofort reagierte, fügte er hinzu: »Das ist der Frachter, den der Mars als Köder benutzt hat, um die Canterbury zu vernichten.«
Miller dachte eine Weile darüber nach, dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
»Wir wissen nicht, was passiert ist«, fuhr Dawes fort. »Und solange wir es nicht wissen, wollen wir nicht, dass Sie Unruhe stiften. Es ist alles schon schlimm genug.«
»Und welche Informationen bieten Sie dafür?«, fragte Miller. »Sie waren doch auf einen Handel aus, oder?«
»Ich berichte Ihnen, was wir in Erfahrung bringen. Nachdem wir Julie ausfindig gemacht haben«, erklärte Dawes. Miller kicherte, worauf der AAP-Vertreter fortfuhr: »Wenn man bedenkt, wer Sie sind, ist das ein großzügiges Angebot. Angestellter der Erde, Partner eines Erders. Manch einer könnte Sie allein schon deshalb für einen Feind halten.«
»Aber nicht Sie«, entgegnete Miller.
»Ich glaube, wir verfolgen gemeinsame Ziele. Stabilität. Sicherheit. In schwierigen Zeiten werden seltsame Bündnisse geschlossen.«
»Ich habe noch zwei Fragen.«
Dawes war auf alles gefasst und breitete die Arme aus.
»Wer hat die Krawallausrüstung geklaut?«, fragte Miller.
»Was für eine Krawallausrüstung?«
»Vor der Vernichtung der Canterbury hat irgendjemand unsere Krawallausrüstung gestohlen. Vielleicht wollte man erreichen, dass schwer bewaffnete Einheiten in den Kampf ziehen. Vielleicht wollte irgendjemand verhindern, dass wir den Krawall beilegen. Wer hat die Sachen geklaut? Und warum?«
»Das waren wir nicht«, antwortete Dawes.
»Das ist keine Antwort. Versuchen wir es hiermit: Was ist mit der Golden Bough Society passiert?«
Dawes sah ihn verständnislos an.
»Loca Greiga?«, fuhr Miller fort. »Sohiro?«
Dawes öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Miller warf die Bierflasche in den Recycler.
»Ist nicht persönlich gemeint, mein Freund«, sagte er, »aber Ihre Fähigkeiten als Ermittler beeindrucken mich nicht. Wie kommen Sie auf die Idee, Sie könnten das Mädchen finden?«
»Dieser Test ist unfair«, sagte Dawes. »Geben Sie mir ein paar Tage Zeit, dann habe ich Antworten für Sie.«
»Dann sprechen Sie mich wieder an. Ich versuche, inzwischen keinen offenen Krieg anzuzetteln, aber von Julie lasse ich nicht ab. Sie können jetzt gehen.«
Dawes schnitt eine verdrossene Miene und stand auf.
»Sie machen einen Fehler«, sagte er.
»Das wäre nicht mein erster.«
Nachdem der Mann gegangen war, setzte Miller sich an den Tisch. Er war dumm gewesen. Noch schlimmer, er hatte sich gehen lassen. Er hatte sich einen Rausch angetrunken, statt sich um die Arbeit zu kümmern. Statt
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