Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
nicht zur Arbeit, hatte ihm aber eine Nachricht hinterlassen, sie werde später kommen. »Will aufräumen«, lautete die Erklärung.
Auf den ersten Blick hatte sich die Wache nicht verändert. Dieselben Leute suchten dieselben Arbeitsplätze wie immer auf. Nein, das traf nicht zu. Sie standen unter Anspannung. Die Leute lächelten, lachten und alberten herum. Es war fast manisch, und die Panik lauerte dicht unter der Oberfläche der vermeintlichen Normalität. Es würde nicht lange halten.
Die Cops waren alles, was Ceres vom Sturz in die Anarchie abhielt. Dreißigtausend Wachleute vertraten Recht und Ordnung und sorgten dafür, dass sechs Millionen Bewohner überlebten und kein irrer Dreckskerl sämtliche Luftschleusen öffnete oder die Recycler vergiftete. Leute wie er selbst. Vielleicht sollte er sich zusammenreißen und sich besonders viel Mühe geben, wie es die anderen taten. Der Gedanke daran verstärkte nur noch seine Müdigkeit.
Shaddid marschierte vorbei und tippte ihm auf die Schulter. Er seufzte, stand auf und folgte ihr. Dawes saß schon wieder in ihrem Büro. Er wirkte erschüttert und übernächtigt. Miller nickte ihm zu. Shaddid verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr Blick war weicher und weniger anklagend als sonst in der letzten Zeit.
»Es wird hart«, verkündete sie. »In einer so schwierigen Lage haben wir uns noch nie befunden. Ich brauche ein Team, dem ich mein Leben anvertrauen kann. Es sind außergewöhnliche Umstände. Verstehen Sie?«
»Ja«, sagte er. »Kapiert. Ich hör auf zu trinken und reiße mich zusammen.«
»Miller, Sie sind im Grunde kein schlechter Kerl. Früher waren Sie mal ein richtig guter Cop. Aber ich traue Ihnen nicht, und wir haben keine Zeit, von vorne zu beginnen.« Ihre Stimme klang so sanft wie nie. »Sie sind gefeuert.«
19 Holden
Fred stand allein vor ihnen, die Hand ausgestreckt und ein freundliches, offenes Lächeln im Gesicht. Keine Wächter mit Sturmgewehren waren hinter ihm angetreten. Holden schüttelte Fred die Hand und lachte. Fred lächelte und schien verwirrt, wartete jedoch schweigend auf eine Erklärung, während Holden ihm die Hand drückte.
»Tut mir leid, aber Sie haben ja keine Ahnung, wie angenehm das ist«, sagte Holden. »Dies ist buchstäblich das erste Mal seit Monaten, dass ich ein Schiff verlasse, das nicht sofort hinter mir in die Luft fliegt.«
Nun stimmte Fred ein. Sein Lachen klang echt und kam irgendwo tief aus dem Bauch.
»Sie sind hier sicher«, versprach ihm der Mann. »Wir sind die am besten geschützte Station der äußeren Planeten.«
»Weil Sie bei der AAP sind?«, fragte Holden.
Fred schüttelte den Kopf.
»Nein. Wir leisten Beiträge zu den Wahlkämpfen von Politikern auf der Erde und dem Mars, bei denen ein Hilton erröten würde«, sagte er. »Wenn uns jemand in die Luft jagt, wollen die halbe Generalversammlung der UN und der gesamte marsianische Kongress Blut sehen. Das ist das Problem in der Politik. Ihre Feinde sind oft Ihre Verbündeten und umgekehrt.«
Fred deutete hinter sich auf eine Aufzugtür und winkte den anderen, ihm zu folgen. Die Fahrt dauerte nicht lange, doch auf halbem Wege setzte die Schwerkraft wieder ein, und sie verloren vorübergehend die Orientierung. Holden stolperte. Fred schaute verlegen drein.
»Tut mir leid, ich hätte Sie vorher warnen sollen. In der zentralen Achse herrschen null G. Es ist unangenehm, wenn man zum ersten Mal in den Bereich wechselt, wo die Rotationsschwerkraft des Rings wirkt.«
»Schon gut«, wehrte Holden ab. Vielleicht bildete er es sich nur ein, doch Naomi lächelte leicht.
Kurz danach öffnete sich die Tür, und sie standen auf einem breiten, mit Teppichläufern ausgelegten Flur mit hellgrünen Wänden. Es roch heimelig nach Luftdruckreinigern und Teppichkleber. Holden hätte sich nicht gewundert, wenn sie auch die Duftsorte »neue Raumstation« in die Luftversorgung eingespeist hätten. Die Türen, die von dem Flur abzweigten, bestanden aus Holzimitat, denn das echte Material konnte sich niemand leisten. Holden war vermutlich der Einzige in der Crew, der in einem Haus mit Möbeln und Türen aus natürlichem Holz aufgewachsen war. Amos hatte in Baltimore gelebt, dort hatte man schon seit einem Jahrhundert keinen Baum mehr gesehen.
Holden nahm den Helm ab und drehte sich zu seiner Crew um, doch sie waren ihm sogar zuvorgekommen. Amos sah sich auf dem Gang um und pfiff durch die Zähne.
»Netter Kasten, Fred«, sagte er.
»Folgen Sie mir, ich zeige Ihnen
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