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Lewis, CS - Narnia 2

Lewis, CS - Narnia 2

Titel: Lewis, CS - Narnia 2
Autoren: Der Konig von Narnia
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Bescherung! Es war unmöglich, umzukehren und ihn noch zu holen. Das Tageslicht war fast erloschen, gegen drei Uhr hatten sie sich erst zum Essen niedergesetzt. Wintertage sind kurz, damit hatte er nicht gerechnet. Er schlug seinen Rockkragen hoch und stampfte über den Damm; glücklicherweise war es nicht mehr so glatt, weil Neuschnee gefallen war.
    Als er das andere Ufer erreicht hatte, war er recht übel dran, denn es wurde jede Minute dunkler, und er konnte in dem Schneetreiben kaum drei Schritte weit sehn. Es gab nicht einmal eine Straße. Er rutschte in tiefe Schneewehen, schlitterte über gefrorene Tümpel, stolperte über gestürzte Baumstämme, fiel steile Abhänge hinunter und stieß gegen Felsen, bis er naß und kalt und über und über zerschlagen war. Die Einsamkeit und das Schweigen ringsum waren fürchterlich. Er hätte tatsächlich seinen Plan aufgegeben und wäre zurückgegangen, um sich mit den andern auszusöhnen und alles einzugestehn, wenn er sich nicht immer wieder vorgesagt hätte: »Sobald ich erst König von Narnia bin, werde ich vor allem anständige Straßen bauen.« Der Wunsch, König zu werden, trieb ihn gehörig an. Er stellte sich seinen Palast vor, wieviel Lakaien, wieviel Karossen er haben würde, natürlich auch ein eigenes Kino… Er überlegte, wo die Haupteisenbahnlinie laufen solle und welche Gesetze er gegen Biber und ihre Dämme erlassen würde. Seine Pläne bekamen den letzten Schliff, als er entschied, wie Peter im Zaum zu halten sei. Da schlug das Wetter um. Zuerst hörte es auf zu schneien.
    Dann erhob sich ein Wind, und es wurde eisig kalt. Endlich verschwanden die Wolken, und der Mond ließ sich sehn. Es war Vollmond. Sein Schein machte alles in der Runde taghell; nur die Schatten auf dem Schnee waren ziemlich verwirrend. Ohne den Mond hätte er niemals seinen Weg am andern Ufer gefunden. (Erinnert euch nur: Er sah das Ufer bei der Ankunft vor dem Biberhaus.) Nun ging er weiter, bis dorthin, wo ein kleinerer Fluß in den großen mündete. Er folgte ihm flußaufwärts in ein schmales Tal, viel steiler und felsiger als jenes, das er soeben verlassen hatte. Es war auch von starkem Gestrüpp überwuchert, so daß er sich in der Dunkelheit kaum zurechtfand. Er mußte unter Zweigen durchkriechen, und dabei stürzten schwere Schneeklumpen auf seinen Rücken, bis er durch und durch naß war. Mit jedem Schritt haßte er Peter mehr, als sei dieser an allem schuld. Endlich fand er einen ebenen Weg. Das Tal öffnete sich, und da erblickte er dicht vor sich, am andern Ufer in einer Mulde zwischen zwei Hügeln, das Haus der Weißen Hexe, in Wirklichkeit war es ein kleines Schloß.
    Der Mond schien heller denn je. Das Schloß schien ganz aus Türmchen zu bestehn, kleine Türme mit langen scharfen Spitzen. Sie sahn aus wie riesige Narrenkappen oder Zauberhüte, erglänzten im Mondschein und warfen unheimlich lange Schatten auf den Schnee. Edmund beschlich Furcht vor dem Haus, aber jetzt war es zur Umkehr zu spät. Er überschritt den gefrorenen Fluß und ging auf das Haus zu. Nichts bewegte sich. Nicht der leiseste Ton war hörbar im tiefen Neuschnee. Er ging von einer Ecke zur andern, von Türmchen zu Türmchen und suchte den Eingang. Er mußte bis ans entlegenste Ende, bevor er ihn fand. Es war ein riesiger Torbogen, aber sein großes Eisengitter war weit geöffnet. Edmund schlich sich an den Bogen heran und schaute vorsichtig in den Schloßhof. Sein Herz erstarrte fast, denn da stand, vom Mond beschienen, ein riesengroßer, sprungbereiter Löwe. Edmund hielt sich im Schatten des Tores und getraute sich weder vor noch zurück. Er stand mit schlotternden Knien, so lange, bis seine Zähne vor Kälte – vielleicht auch vor Furcht – klapperten. Er wußte nicht genau, wie lange er so stand… Stunden dünkte es ihm.
    Endlich fragte er sich, warum der Löwe gar so still blieb, denn seit Edmund ihn erblickt, hatte er sich nicht im geringsten bewegt. Da wagte er sich ein wenig näher noch immer möglichst im Schatten des Torbogens – und sah den Löwen deutlicher. Der Löwe starrte auf etwas anderes, und zwar auf einen kleinen Zwerg, der, in geringer Entfernung, ihm den Rücken kehrte. Oha, dachte Edmund, sobald er auf den Zwerg losspringt, kann ich ausreißen. Doch weder Zwerg noch Löwe bewegten sich.
    Und da erinnerte sich Edmund, was der alte Biber von der Weißen Hexe erzählt hatte: Sie versteinerte ja alle Geschöpfe. Vielleicht war es nur ein Steinlöwe, und da bemerkte er auch,
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