Lewis CS - Narnia 4
Schweinebraten mit Apfelsauce. Ein Bär, der vorwiegend andere Tiere gefressen hat, schmeckt nicht sehr gut, aber ein Bär, der von reichlich Honig und Früchten gelebt hat, ist ausgezeichnet, und dieser hier gehört zur letzten Art. Es war ein wahrhaft prächtiges Mahl. Und dann brauchte natürlich nicht abgewaschen zu werden - man lag auf dem Rücken, beobachtete den Rauch aus Trumpkins Pfeife, streckte die müden Beine aus und plauderte. Alle waren nun wieder hoffnungsfroh, daß sie tags darauf König Kaspian finden und Miraz in einigen Tagen besiegen würden. Es mag nicht sehr weise von ihnen gewesen sein, so zu denken, aber sie taten es nun einmal.
Einer nach dem anderen schliefen sie fest ein, und zwar alle ziemlich schnell.
Lucy erwachte aus dem tiefsten Schlaf, den man sich nur denken kann, und hatte das Gefühl, daß die liebste Stimme, die sie kannte, ihren Namen gerufen hatte. Zuerst dachte sie, es sei ihres Vaters Stimme, aber das schien nicht zu stimmen. Dann meinte sie, es könnte Peters Stimme gewesen sein, aber das paßte anscheinend auch nicht. Sie wollte nicht aufstehen - nicht etwa, weil sie noch müde war, im Gegenteil, sie fühlte sich wundervoll ausgeruht, ihr war ungemein behaglich zumute. Sie blickte gerade auf zu dem Mond Narnias, der viel größer als unserer ist, und in den sternenübersäten Himmel, denn der Platz, auf dem die Kinder lagerten, war recht frei.
»Lucy«, ertönte wiederum der Ruf, und es war weder ihres Vaters noch Peters Stimme. Sie setzte sich hoch und zitterte vor Aufregung, nicht aus Furcht. Der Mond schien so hell, daß die ganze Waldlandschaft um sie herum fast so klar wie am Tag war, wenn sie auch wilder aussah. Hinter sich hatte sie das Kieferngehölz, etwas entfernt nach rechts die zackigen Spitzen der Klippen auf der anderen Seite der Schlucht, gerade vor sich eine freie Grasfläche, und einen Bogenschuß weiter fort öffnete sich eine Lichtung in den Bäumen. Lucy blickte scharf auf die Bäume, die an dieser Lichtung standen. »So etwas! Ich glaube wirklich, sie bewegen sich«, sagte sie zu sich selbst. »Sie gehen umher.«
Mit wild klopfendem Herzen erhob sie sich und ging zu ihnen hinüber. Es rauschte in der Lichtung, es rauschte so, wie es Bäume im starken Wind tun; dabei war es an diesem Abend gar nicht windig. Und außerdem war es kein gewöhnliches Baumrauschen. Lucy spürte, es lag eine Melodie darin. Doch konnte sie die Melodie so wenig erkennen, wie sie die Worte hatte verstehen können, als in der Nacht zuvor die Bäume nahe daran gewesen waren, zu ihr zu sprechen. Aber es war doch ein Tonfall. Ihre Füße hätten gern getanzt, als sie näher kam. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, die Bäume bewegten sich wirklich - sie bewegten sich gegeneinander und voneinander fort wie bei einem schwerfälligen, ländlichen Tanz. Es kann sicherlich nur ein sehr ländlicher Tanz werden, wenn Bäume tanzen, dachte Lucy. Jetzt war sie fast zwischen ihnen. Der erste Baum, den sie näher betrachtete, schien auf den ersten Blick gar kein Baum, sondern ein mächtiger Mann mit zottigem Bart und dicken Haarbüscheln zu sein. Sie fürchtete sich nicht; so etwas hatte sie schon früher gesehen. Aber als sie wieder hinblickte, war es nur ein Baum, wenngleich er sich bewegte. Es war natürlich nicht zu erkennen, ob er Füße oder Wurzeln hatte, denn wenn Bäume sich bewegen, so gehen sie nicht auf der Erdoberfläche. Sie waten etwa so in der Erde, wie wir es im Wasser tun. Ebenso war es mit allen anderen Bäumen, auf die ihr Blick fiel. In einem Augenblick schienen sie freundliche, liebenswerte Riesen und Riesinnen zu sein. Sie zeigten Formen, wie die Baumleute sie annehmen, wenn ein guter Zauber sie zu vollem Leben erweckt; im nächsten wirkten sie alle wieder wie Bäume. Aber auch dann, wenn sie Bäumen glichen, sahen sie wie seltsam menschliche Bäume aus. Glichen sie aber Menschen, so sahen sie wie merkwürdig astige und laubreiche Leute aus, und während der ganzen Zeit hielt das seltsame Rauschen, das raschelnde, kühle, fröhliche Geräusch, an.
»Sie sind fast erwacht, aber nicht ganz«, sagte Lucy. Von sich selbst wußte sie, daß sie hellwach war, viel wacher, als man gewöhnlich ist. Furchtlos ging sie zwischen ihnen umher. Auch sie tanzte, während sie bald hierhin, bald dorthin hüpfte, um von den gewaltigen Mittänzern nicht angerannt zu werden. Aber sie war nicht ganz bei der Sache. Sie wollte hinter den Bäumen zu etwas anderem gelangen, denn von weiter her, von
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