Lewis, CS - Narnia 7
Dummkopf! Hier natürlich«, murrte Knupp. »In diesem pechschwarzen, dumpfen, stinkenden kleinen Loch von einem Stall.«
»Bist du blind?« fragte Tirian.
»Sind wir nicht alle blind in der Dunkelheit?« versetzte Knupp.
»Aber es ist gar nicht dunkel hier, ihr armen dummen Zwerge«, sagte Luzie. »Könnt ihr nicht sehen? Seht hoch, schaut euch doch um! Könnt ihr nicht den Himmel sehen, die Bäume und die Blumen? Könnt ihr mich nicht sehen?«
»Wie, im Namen allen Unsinns, kann ich sehen, was nicht da ist? Weder kann ich dich sehen, noch kannst du mich sehen in dieser rabenschwarzen Finsternis.«
»Aber ich kann dich sehen«, sagte Luzie. »Ich werde beweisen, daß ich dich sehen kann. Du hast eine Pfeife im Mund.«
»Jeder, der Tabakgeruch kennt, kann das auch behaupten«, meinte Knupp.
»O die armen Kerle! Wie schrecklich!« klagte Luzie. Dann hatte sie einen Einfall. Sie bückte sich und pflückte ein paar wilde Veilchen. »Hör zu, Zwerg«, sagte sie. »Wenn deine Augen versagen, so ist vielleicht deine Nase in Ordnung. Kannst du das riechen?« Sie beugte sich herab und hielt die frischen, feuchten Blumen an Knupps häßliche Nase. Aber sie mußte schleunigst zurückspringen, um einem Schlag von seiner schweren kleinen Faust zu entgehen.
»Nichts davon!« schrie Knupp. »Wie kannst du es wagen! Was soll das heißen, daß du mir schmutzige Stallstreu ins Gesicht hältst? Es war auch eine Distel dabei. So eine Frechheit! Wer bist du überhaupt?«
»Erdmännchen«, sagte Tirian, »das ist die Königin Luzie, aus tiefer Vergangenheit heraus von Aslan hierher gesandt. Um ihretwillen allein schlage ich, König Tirian, euch nicht die Köpfe ab, erwiesene und zweimal geprüfte Verräter, die ihr seid.«
»Das ist die Höhe!« rief Knupp aus. »Wie kannst du uns nur solchen Quatsch vorsetzen. Dein wundervoller Löwe sollte doch kommen und dir helfen, nicht wahr? Ist er gekommen, hat er dir geholfen? Kein Gedanke. Jetzt, jetzt sogar, da du besiegt worden bist und, genau wie wir, in das schwarze Loch gesteckt wurdest, treibst du noch immer dein nichtswürdiges Spiel. Du willst uns mit einer neuen Lüge einfangen und uns einreden, daß wir nicht eingesperrt sind, daß es nicht dunkel ist und der Himmel wer weiß was.«
»Hier ist kein schwarzes Loch, außer in deiner Einbildung, du Narr!« schrie Tirian. »Komm doch heraus!« Er lehnte sich vor, griff Knupp am Gürte! und an der Kappe und zog ihn aus dem Kreis der Zwerge heraus. Aber als Tirian ihn absetzte, stürzte Knupp zu seinem Platz unter den andern zurück, rieb sich die Nase und heulte:
»O weh, o weh! Was hast du nur getan! Mein Gesicht gegen die Wand geknallt! Du hast mir fast die Nase gebrochen.«
»O du liebe Güte!« klagte Luzie. »Was sollen wir bloß mit ihnen machen?«
»Laßt sie doch in Ruhe«, sagte Eugen.
Als er noch sprach, erzitterte die Erde. Die milde Luft wurde plötzlich noch milder. Eine Helle leuchtete hinter ihnen auf. Alle wandten sich um, Tirian zuletzt, weil er Angst hatte. Da stand der Wunsch seines Herzens groß und wirklich vor ihm: der Goldene Löwe, Aslan selbst. Schon knieten die andern im Kreis um seine Vorderpfoten und vergruben ihre Hände und Gesichter in seine Mähne. Aslan aber beugte sein großes Haupt und streichelte sie mit seiner Zunge. Dann faßte er Tirian scharf ins Auge, und Tirian kam zitternd näher und warf sich dem Löwen zu Füßen. Der Löwe küßte ihn und sagte:
»Gut, du letzter König von Narnia, der standhielt in seiner dunkelsten Stunde.«
»Aslan«, bat Luzie unter Tränen, »könntest du … willst du … willst du etwas für die armen Zwerge tun?«
»Meine Lieben«, sagte Aslan, »ich werde euch zeigen, was ich tun kann und was nicht.« Er kam nah an die Zwerge heran und gab ein schwaches Brüllen von sich, ganz schwach nur, aber es erschütterte die Luft. Doch die Zwerge sagten zueinander: »Hört ihr das? Das ist die Sippschaft vom andern Ende des Stalles. Die wollen uns nur erschrecken. Das machen sie mit einer Maschine. Kümmert euch nicht darum. Sie können uns nicht wieder betrügen.«
Aslan hob den Kopf und schüttelte die Mähne. Sogleich lag auf den Knien der Zwerge ein herrliches Festmahl: Pasteten und allerlei Köstliches, Zungen, Tauben, Trüffeln und Eis. Jeder Zwerg hielt auch in seiner rechten Hand einen Becher mit gutem Wein.
Aber das alles hatte keinen Zweck. Die Zwerge aßen und tranken gierig, merkten aber nicht, was sie aßen. Sie meinten, man
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