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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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wieso würde er Milliarden
verlieren, wenn dieser Markt zusammenbräche? Ein leitender Risikomanager von
Morgan Stanley sagte: »Es ist eine Sache, auf Rot oder Schwarz zu setzen und zu
wissen, dass man auf Rot oder Schwarz setzt. Es ist aber etwas völlig anderes,
auf eine Form von Rot zu setzen und es nicht zu wissen.« Anfang Juli erhielt
Morgan Stanley den ersten Weckruf. Er kam von Greg Lippmann und seinen
Vorgesetzten bei der Deutschen Bank, die Howie Hubler und seinen Vorgesetzten
in einer Konferenzschaltung mitteilten, dass sich Credit Default Swaps über 4
Milliarden US-Dollar, die Hubler der CDO-Abteilung der Deutschen Bank sechs
Monate zuvor verkauft hatte, zugunsten der Deutschen Bank entwickelt hatten.
Morgan Stanley möge bitte noch am selben Tag 1,2 Milliarden US-Dollar an die
Deutsche Bank überweisen. Nach Angaben eines Ohrenzeugen sagte Lippmann
wörtlich: »Mann, Sie schulden uns 1,2 Milliarden.«
    Subprime-CDOs
mit AAA-Rating, die diverse Wall-Street-Firmen mittlerweile im Wert von
Hunderten Milliarden US-Dollar bunkerten und die als risikolos galten, waren
laut Greg Lippmann nur noch 70 Cent pro Dollar wert.
    Wie
kommen Sie auf siebzig? Nach unserem Modell sind sie 95 wert! , sagte ein
Morgan-Stanley-Vertreter bei der Telefonkonferenz.
    Nach
unserem Modell sind sie 70 wert, entgegnete einer der Vertreter der Deutschen Bank.
    Also
nach unserem Modell sind sie 95 wert, beharrte der Vertreter von Morgan Stanley und führte
aus, dass die Korrelation zwischen den Tausenden von BBB-Anleihen in seinen
CDOs sehr gering sei und ein paar Ausfälle bei diesen Anleihen nicht
bedeuteten, dass alle wertlos seien.
    An
diesem Punkt erklärte Lippmann rundweg: Mann, zum Teufel mit Ihrem Modell. Ich mache Ihnen
einen Markt. Sie stehen bei 70 beziehungsweise 77. Sie haben drei
Möglichkeiten. Sie können sie mir für 70 zurückverkaufen. Sie können weitere
für 77 kaufen. Oder Sie können mir meine verdammten 1,2 Milliarden US-Dollar
geben.
    Morgan
Stanley wollte nicht noch mehr Subprime-Hypothekenanleihen kaufen. Howie
Hubler wollte keine weiteren Anleihen kaufen, die durch
Subprime-Kreditforderungen besichert waren: Er hatte seinen Griff um das Seil
gelockert, das ihn mit dem abhebenden Ballon verband. Aber er wollte auch
keinen Verlust hinnehmen, und obwohl er nicht bereit war, weitere AAA-CDOs zu
77 US-Cent zu kaufen, bestand er darauf, dass sie nach wie vor 95 US-Cent pro
Dollar wert waren. Daher reichte er die Angelegenheit einfach an seine
Vorgesetzten weiter, die mit ihren Kollegen bei der Deutschen Bank verhandelten
und schließlich einwilligten, 600 Millionen US-Dollar zu überweisen. Alternativ
hätte die Deutsche Bank die Angelegenheit einem Ausschuss aus drei zufällig
ausgewählten Wall-Street-Banken vorlegen können, der den tatsächlichen Wert
dieser AAA-CDOs ermittelt hätte. Dass die Deutsche Bank dieses Risiko nicht
eingehen wollte, zeugt vom Ausmaß der Verwirrung und Verblendung, das an der
Wall Street herrschte.
    Aus
Sicht der Deutschen Bank waren die Sicherheiten jedenfalls kein größeres
Problem. »Der Anruf, den Greg tätigte, war ungefähr der letzte Punkt auf der
Liste der Dinge, die wir zu erledigen hatten, um unseren Betrieb in Gang zu
halten«, erklärte ein leitender Angestellter der Deutschen Bank. »Morgan
Stanley hatte 70 Milliarden US-Dollar Kapital. Wir wussten, dass das Geld
vorhanden war.« Innerhalb der Deutschen Bank gab es sogar Diskussionen, ob
Lippmanns Preis zutraf. »Es war ein so hoher Betrag, dass viele meinten, er
könne unmöglich stimmen«, sagte ein Beteiligter an dieser Debatte. »Morgan
Stanley konnte uns unmöglich 1,2 Milliarden US-Dollar schulden.«
    Es
war jedoch so. Und es war erst der Anfang eines Erdrutsches, der nur wenige
Monate später in einer Telefonkonferenz zwischen Morgans Stanleys
Vorstandschef und Wall-Street-Analysten mündete. Die Kreditausfälle häuften
sich, die Anleihen fielen weltweit in den Keller, und die aus diesen Bonds
zusammengestellten CDOs folgten. Auf dem Weg nach unten bot die Deutsche Bank
Morgan Stanley mehrmals einen Ausweg an. Bei Greg Lippmanns erstem Anruf hätte
Howie Hubler mit einem Verlust von 1,2 Milliarden US-Dollar aus seinem
4-Milliarden-Dollar-Geschäft mit der Deutschen Bank aussteigen können; als
Lippmann das nächste Mal anrief, war der Preis für den Ausstieg auf 1,5
Milliarden US-Dollar gestiegen. Jedes Mal diskutierten Howie Hubler oder einer
seiner Mitarbeiter über den Preis und lehnten den Ausstieg ab.

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