Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
vorbei. Nun wird der Kampf zwischen Licht und Dunkelheit selbst in unserem Reich ausgetragen. Wir waren so überheblich, dass wir glaubten von dieser Schlacht verschont zu bleiben.“ Traurig wandte sich Maluri seinen Kriegern zu. Die Verletzten und Toten mussten in die Stadt gebracht werden. Die Feinde aber wurden einen der Berge hinauf gebracht und in die darunter befindliche Schlucht geworfen. Die Raubtiere würden sich ihrer annehmen.
„Das ist bestialisch!“ Soh’Hmil beobachtete angewidert das Treiben. Er hatte nicht mitbekommen, dass einer der Männer in der Nähe war. Der kam daraufhin auf die kleine Gruppe zu.
„Ich weiß, dass es Euch so erscheinen muss. Aber der Boden hier ist äußerst steinig und gibt uns nur wenig Platz für Gräber. Ehe wir ausreichend Löcher in den Fels geschlagen hätten, würde der Gestank der Toten das Grauen der Berge anziehen. Alrenara würde schnell zu einem Friedhof werden.“
„Was für ein Grauen? Und wenn es das hier schon länger gibt, weshalb ist die Stadt nicht befestigt?“
„Es gibt keinen wirksamen Schutz vor dem, was der Tod anzieht. Wir haben es noch nie gesehen, aber die Spuren dessen, was es hinterlässt. Die Raubtiere, die für den Unachtsamen eine tödliche Bedrohung sind, werden bis morgen nichts von den Kadavern übriglassen. So wird uns das Verderben nicht finden.“
„Eure Toten?“ Der Elb beobachtete, wie diese zur Stadt getragen wurden und in einem der Gebäude verschwanden. „Stetig graben wir uns weiter in den Fels. Tief in seinem Inneren, fest verschlossen in Sarkophagen, werden unsere Toten bestattet. Wenn sie vergehen, bleibt der Geruch bei ihnen.“
„Dann sollten wir wohl helfen. Verzeiht, dass wir euch verurteilten, bevor wir die Gründe für euer Handeln kannten.“ Der Heerführer und seine beiden Begleiter fassten nun mit zu und schleppten die Gefallenen hinauf zum Bergkamm. In der unter ihnen liegenden Schlucht sammelten sich allmählich die leblosen Körper. Der Geruch des Blutes lockte schon jetzt die ersten Raubtiere aus den angrenzenden Wäldern an. Aus einiger Entfernung waren ihre Rufe zu hören. Ganz langsam kamen sie näher. Erste Schatten zeigten sich, bevor der Abend der Nacht den Platz überließ. Mit wachsender Dunkelheit wagten sich die gefräßigen Geschöpfe immer weiter in die Schlucht. Vorsichtig näherten sie sich den Toten. Aber erst, als von oben herab nichts mehr fiel, überbrückten sie auch die letzte Distanz. Hinter der Biegung kamen dutzende von ihnen hervor. Die Leittiere bekämpften erst die Vorschnellen ihrer Rudel und schließlich versuchten sie einander von der Beute fernzuhalten. Jeder beanspruchte das Fleisch für sich. Die niederen Tiere nutzten das aus und stürzten auf die Kadaver. Das blutige Schauspiel begann. Die stillen Beobachter mussten mit ansehen, wie die lange und extrem starke Mittelkralle dieser Geschöpfe das Fleisch aufriss. Sie benutzten diese Waffe wie ein Messer.
Angeekelt wandte sich Lewyn ab. Sie konnte den Anblick nicht länger ertragen. Dafür hatte sie einfach zu viel Tod gesehen.
„Verzeiht, dass ich darauf bestand, dass ihr euch dies Grausen anschaut. Ich wollte, dass ihr diese Bestien seht. Sie greifen nicht nur nach den Toten.“ Maluri stand neben seinen Gästen. Jetzt ging er mit ihnen zurück in die Stadt. Auch ihm bereitete dieses Treiben kein Vergnügen. Leider war es aber für das Überleben in diesem Gebiet eine Notwendigkeit.
„Ihr könnt sie dennoch von Alrenara fernhalten?“
„Unsere Wachen sorgen dafür, dass sie der Stadt nie zu nahe kommen. Am Tag haben wir sie bisher nicht entdecken können. Da werden sie sich in ihren Höhlen verkriechen.“
„Ich danke Euch für die Warnung. Doch hätte ich auch Euren Worten Glauben geschenkt.“
„Ihr habt wohl schon sehr viel Sonderbares gesehen? Würde mir von einem Raubtier berichtet, das einen nackten Kopf mit einer beinahe schnabelartigen Schnauze besitzt, in der dennoch gewaltige Reißzähne sitzen, ich hätte denjenigen verrückt genannt.
Habt Ihr und Eure Begleiter noch Zeit, bei uns zu verweilen? Gern würde ich die Geschichte der Erbin der Macht aus deren Mund erfahren. Natürlich werde ich ebenfalls lauschen, wenn Ihr über Eure ganzen eigenartigen Begegnungen berichtet.“ Maluri mochte die junge Frau, er brachte ihr bereits jetzt Freundschaft entgegen. So hoffte er darauf, dass sie seiner Einladung folgen würde.
Lewyn lachte. Der Fürst war recht neugierig. Das gab er gerade offen zu. Sie
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