Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
schaffte es allerdings ebenso wenig wie die beiden anderen, sich von der Stelle zu bewegen. Etwas hielt ihn an seinem derzeitigen Standplatz. Sofort richtete sich sein Auge nach unten. Beinahe erwartete er, dass Wurzeln aus der Erde auftauchen und nach den Freunden greifen würden. Ähnliches hatte er in den Shen’enwas erlebt. Dort hatte ihn der Boden halb verschluckt und dann nach seinem Leib gegriffen. Damals hätte es ihn das Leben gekostet, wäre nicht Lewyn so hartnäckig geblieben. Doch dies hatte beiden großes Misstrauen gebracht.
„Im Feuerwald wollte ein Trogk mit Hilfe der Stein gewordenen Bäume unser Leben fordern. Ich kann aber nichts Derartiges entdecken.“ Die Kriegerin suchte weiter nach dem Grund. Befand sich vielleicht einer der schwarzen Magier in der Nähe? Aber sie mochte sich anstrengen, wie sie wollte, die Dunkelheit der eng stehenden Bäume konnte sie nicht durchdringen.
„Es ist im Boden.“ Der einstige schwarze Zauberer, der nun der Magier des Lichts war, hatte die Augen geschlossen. Er war aufs Höchste konzentriert. Was sich in der Erde verbarg und sie am Gehen hinderte, blieb dennoch unentdeckt.
„Schon wieder Nebel! Nie bringt er Gutes. Seht, er kriecht langsam unter den Steinen hervor!“ Sie hatte als Erste die schwarzen Nebelbänder entdeckt. Die wanden sich unentwegt den drei Reisenden entgegen. „Cadar, wir brauchen einen Ausweg! Erreicht uns der Dunst, werden wir fallen!“ Mit aller Macht versuchte sie sich von der Stelle zu reißen, an der sie gebunden war. Als von ihrem Vater weder Antwort noch Tat folgten, wollte sie es versuchen. Vielleicht hatte sie die Kraft dazu. Die junge Frau dachte an den Tag zurück, da ihnen die Elben begegnet und feindlich entgegengetreten waren. Ihre Wut und die unglaubliche Enttäuschung hatten damals einen ziemlich kräftigen Wind heraufbeschworen.
„Nicht, tu es nicht! Du hast die letzten Wochen so oft kleine Zauber versucht. Alle raubten dir Kraft und nur die Wenigsten sind gelungen. Solch mächtige Magie aber, deren du jetzt bedarfst, wirft dich zu Boden.“ Soh’Hmil hatte natürlich Recht. Doch irgendwie mussten sie sich lösen oder sie gaben eine recht unbewegliche Zielscheibe ab. Und das würden sie werden. Die vermehrten Geräusche, die aus dem Wald drangen, verrieten den nahenden Feind. Zudem hatte sie der Nebel bereits erreicht. Stück für Stück schlängelte er sich um die Beine. Allmählich hielt er die Gefährten nicht einfach nur fest, er band sie zusammen. Bald mussten sie völlig bewegungslos sein.
„Vater, bitte!“ Der sah sie überrascht an. Sie hatte ihn gerade das erste Mal Vater genannt. Trotz der Situation huschte ein kleines Lächeln über sein Gesicht.
„Nimm Yar’nael zur Hand. Wenn ich die Magie rufe, stoße das Schwert tief in den Boden.“ Er musste sich anstrengen nicht zu vergessen, was er wollte. Der Dunst schien eine weitere Wirkung zu haben. Er machte seine Gefangenen nicht nur im Körper, sondern auch im Kopf träge.
„Nun mach endlich!“, schrie sie ihn an. Nur so hatte die Dreiundzwanzigjährige noch zu ihm durchdringen können. Den Augenblick der Klarheit nutzend, bediente sich der Renaorianer schließlich der Kraft, die ihm gegeben war.
„Fenghania!“ Nichts geschah. Der Nebel zog weiter an seinen Opfern aufwärts und die Feinde kamen immer näher.
„Begnan teren althras telnal!“ Während Cadar diese Worte mehrmals wiederholte, hatte die Kriegerin ihre Klinge in den Boden gerammt und ihre Macht gerufen. Die ganze Lichtung schien schrill und tausendfach aufzuschreien. Aber die Gefährten waren frei. Rasch hatten sie die Pferde erreicht, zumindest der Heerführer und die Freundin. Der Mann aus Wyndor aber schien im Licht zu vergehen, das sich über die Lichtung hinweg ausdehnte und den Nebel vertrieb.
„Verschwindet endlich! Meine Kraft reicht nicht ewig.“ Dann war nichts mehr zu sehen oder zu hören. Er war fort.
Während Soh’Hmil und die Kriegerin weg von den Geräuschen eilten, blickte der Elb immer wieder zu ihr. Sie hatte die Stärke ihres Schwertes bemühen müssen. Bisher hatte sie das immer viel Kraft gekostet, obwohl es das schon lange nicht mehr sollte. Wie war es diesmal? Er konnte keine Schwäche erkennen. Lewyn sah hinüber zu ihm. Es war alles in Ordnung. Jetzt mussten sie nur zusehen, um von der Lichtung und aus der Reichweite der nahenden Feinde zu kommen.
„Himmel, der Weg führt immer weiter hinauf. Ich glaubte, wir hätten die Berge bald hinter uns.“
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