Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
Umklammerung zu halten. Dann warf die junge Frau den Krieger zu Boden und hielt ihn dort regungslos.
„Zwingt mich nicht etwas zu tun, was wir beide bereuen würden!“ Sie hörte ein leises Stöhnen. Ihr Ellbogen drückte gerade in eine frische Wunde im Oberkörper des unter ihr Liegenden. Einen kleinen Moment war sie abgelenkt. Er nutzte diesen sofort aus und stieß der Magierin die Faust unter das Kinn. Sie ging über die Seite auf den Rücken und gab Enoandt damit frei. Aber bevor der sich wieder aufgerichtet hatte, schlug sie ihm die Füße weg und er landete abermals auf dem Boden.
„Bitte!“ Sie sah ihn eindringlich an. „Ich will nur mit Euch reden. Ich will keinen Kampf.“ Die Vierundzwanzigjährige hatte im Stillen mit ihm gesprochen. Entsprechend verblüfft sah er sie nun an. Dann hatte er auch Yar’nael erkannt. Das hellte seine Mine aber keineswegs auf.
„Ihr wollt keinen Kampf? Ihr seid wohl der Meinung, dass Tondior Cadar und ebenso Euren Weg vergessen hat!“
„Hinter dir!“ Der Renaorianer hatte sie vor den zugreifenden Händen warnen wollen. Doch da waren die Männer bereits in Bewegungslosigkeit gefangen.
„Iaschtah! Das hatte ich vermeiden wollen.“ Ärgerlich erhob sich die Kriegerin. Auch Nirek und Cadar waren wieder frei. Sie rieben sich mit grimmigem Blick die schmerzenden Stellen. Dann sahen sie auf die Angreifer und schließlich zu ihrer Führerin.
„Und nun? Dieser Empfang ist nicht besonders vorteilhaft für uns gelaufen. Jetzt werden wir wohl schwerlich Gehör finden.“ Nirek blickte zu Enoandt, den er aus früheren Tagen kannte. Er wollte sich zu ihm beugen, um mit dem Mann zu reden.
„Nicht. Das ist meine Aufgabe. Aber zuerst werden wir ihre Verletzungen versorgen.“ Sie hatte bemerkt, dass nicht nur der Heerführer einiges abbekommen hatte. Noch während sie die Fleischwunde in seiner Schulter mit Sahdirpulver behandelte, versuchte sie die Situation zu entspannen.
„Goriebs?“ Die Antwort war allerdings nichts anderes als ein wütender Blick. „Ich wollte Euch nicht wehtun. Aber ihr habt nicht auf meine Worte gehört.“ Sie legte noch rasch einen Verband an. Dann sah sie dem Mann in die Augen.
„Weshalb sollte ich Eurem Gift lauschen wollen? Um ihm auch zu verfallen?!“ Wieder erblickte sie Hass in den Augen, die ihr entgegenstarrten. Dies kannte sie ja bereits von anderen Begegnungen mit Menschen, aber ebenso mit Elben.
„So glaubt mir doch! Ich will niemandem Schaden zufügen, genauso wenig wie die Männer an meiner Seite.“
„Schon wieder eine Lüge! Der Mann neben Euch sieht das ganz sicher anders. Er will nichts weiter als unseren Untergang.“
„Verrate ich uns, wenn ich ihn die Bilder der Vergangenheit sehen lasse, wenn ich die Flamme der Erkenntnis rufe?“
„Nicht die Flamme! Sie würde hier zum Verräter werden. Du kannst ihn die Vergangenheit mit weniger Aufwand sehen lassen. Lege deine Hände auf seine Stirn und deine Brust. Dann wird er verstehen. Doch solltest du dich beeilen. Ihre Verletzungen zeigen, dass der Feind in der Nähe ist. Haben sie einen Magier bei sich, wird er dich aufspüren.“
Rasch hatte sie dem Burdlaner bewiesen, dass von Cadar keine Gefahr ausging. Erstaunt ging dessen Blick zu dem einstigen Feind. Lewyn blickte ebenfalls verwundert zu ihrem Vater.
„Es hat mich Kraft gekostet, weshalb?“
„Weil du nicht das Feuer nutzen konntest und auch nicht die Kraft Hergews. Bist du sehr geschwächt?“
„Nein. Ich kann es dennoch fühlen. – Wollt Ihr mich nun anhören, ohne abermals nach den Waffen zu greifen?“ Während Asnarins Enkelin auf die Antwort wartete, rief sie nach den anderen Freunden. Doch sollten sie bei ihrer Rückkehr vorsichtig sein. Sicher gab es weitere Trupps, die allmählich den Weg in die Stadt nahmen.
„Wer sagt mir, dass dies keine Trugbilder waren? Ihr seid eine Hexenmeisterin. Sicher ist es Euch ein Leichtes, mir etwas zu zeigen, was gar nicht ist.“
„Das übersteigt meine Fähigkeiten. Doch kann ich Euch nicht beweisen, dass das Erblickte der Wahrheit entspricht. Ich kann nur darauf hoffen, dass Ihr meinem Wort vertraut. Nirek und Therani sprachen von Eurer Weisheit. Deshalb wählte ich Euch für das Gespräch. Beweist mir, dass meine Hoffnung nicht vergebens war.“ Ihr Blick schien bis in sein Innerstes vorzudringen, als die Erbin der Macht versuchte ihr Gegenüber zu ergründen. Dann löste sie den Zauber. Enoandts Männer wollten sogleich wieder nach ihren Klingen greifen.
Weitere Kostenlose Bücher