Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
trauen zu können. Warum wehrte sich Let’wedens Thronerbin nicht? War sie bereits von der dunklen Magie besiegt?
Vollkommen reglos verhielt sie an ihrem Standort. Nun, sie hätte ohne Hilfe der Magie auch nicht wirklich von dort entkommen können. Die Erde um sie herum war bis tief in ihr Inneres weggerissen. Die Vierundzwanzigjährige, und ein kleines Stück neben ihr der bewusstlose Regos, befanden sich auf dem einzig unversehrten Platz in ihrer Umgebung. Darauf zuhaltend kam ihnen die Kreatur unaufhaltsam näher. Allein deren Anblick mochte einen aller Sinne berauben. Sie war so unendlich groß, nahm einen Teil des Kessels ein, in dem gerade noch die Schlacht getobt hatte.
Es schien, als würden die Hügel und die angrenzenden Berge von einem unheimlichen Lachen erfüllt. Der Boden bebte und ihm wurden an vielen Stellen weitere Wunden gerissen. Der Herr über alles Böse musste sich in diesem Augenblick seines Sieges sehr gewiss sein. Seine schlimmste Feindin schien in Reglosigkeit gefangen, konnte sich seiner Bestie nicht mehr entziehen, die sich mittlerweile ganz dicht vor ihr befand.
Soh’Hmil hatte auf Lewyns Wunsch hin dafür gesorgt, dass sich die Heerscharen, wenn möglich, weit in die Ebenen zogen. Ihr war bewusst, dass die Männer in großer Gefahr schwebten, blieben sie in der Nähe. Dabei war es sicher egal, ob die Kriegerin siegreich sein würde oder am Ende verloren hatte. Das Beben des Bodens, hervorgerufen durch den einen Dunklen, bestärkte sie in dieser Annahme.
Granderakg war so dicht an der Halbelbin, dass sein Gestank sie fast in eine Ohnmacht stürzte. Auch jetzt verbreitete er sein Gift. Seine aus feurigen Winden bestehenden Augen waren auf das Objekt seines zerstörerischen Willens gerichtet. Dann geschah das Unfassbare: In einer überraschend schnellen Bewegung hatte das Ungeheuer der Magierin seinen Kopf entgegengereckt und sein Maul geöffnet. Als er sein Haupt zurückzog, war von der Erbin der Macht nichts mehr zu sehen.
Ein Aufschrei ging durch die Reihen des Heeres. Sie konnten nicht glauben, wessen ein Teil von ihnen gerade Zeuge geworden war. Die gegnerischen Kriegsscharen hingegen bejubelten diesen Erfolg. Augenblicklich schlugen sie erneut mit Wucht gegen ihre Widersacher.
„Njagranda, steh mir bei. Lass mich die richtige Entscheidung getroffen haben. Ansonsten fürchte ich um das Fortbestehen unserer Völker.“ Danach war sie von finsteren Gedanken umgeben. Sie konnte in die tiefsten Abgründe des einen Dunklen sehen, musste erkennen, welch grausige Spiele ihn erheiterten, wie viel Leid und Tod er durch Garnadkan schickte. Dann umfing sie nur noch Schwärze. Ein glühender Schatten zeichnete sich allmählich dagegen ab. Wieder erklang das unheimliche Lachen. Blutrote Nebel erhoben sich aus dem Schatten und kamen immer weiter auf die jungen Frau zu. Nachdem der Dunst sie erreicht hatte, legte er sich fest um ihren Körper und brachte die so Gebundene seinem Ursprung näher. Der Schatten begann ebenfalls sich um sie zu legen, wollte in sie dringen, sie vernichten. Wenn sie jetzt nichts unternahm, wann dann?
„Ilamdana enthirien!“ Sie hielt plötzlich den Feuerdolch in der Hand. Den stieß die Kriegerin nach vorn und ebenfalls in alle anderen Richtungen. Die bizarren Schreie verkündeten den Erfolg dieser Anstrengung. Allerdings forderte das auch einiges von ihr. Das Blut in den Augen verhinderte, dass sie überhaupt noch etwas erkennen konnte. Wieder und wieder ließ die Erbin der Macht blind den Feuerdolch zustechen, bis sie glaubte, Widerstand zu spüren. Sie beließ die magische Waffe an dieser Stelle, mit beiden Händen festhaltend. Jetzt musste es die ungewöhnliche Kriegerin noch schaffen, dieses finstere Wesen der Vergangenheit angehören zu lassen.
„Ralgiara mechtunem bherendes!“ Ohrenbetäubender Lärm, weitaus schlimmer als vor der Stadt der Könige, und Sturm, der selbst die entfernt stehenden Männer niederwarf und teilweise mit sich riss, brachten Granderakg sein Ende. Dunkelglühende Funken stiegen zum Himmel, an dem augenblicklich die Sonne wieder hervortrat. Sie vernichtete auch den letzten Rest dieser gemeinen Schöpfung. Dann war der Spuk vorbei und es begann erneut zu schneien. Es sah aus, als wolle der Himmel die vielenToten bedecken und die verletzte Erde heilen.
Taumelnd erhoben sich Soh’Hmil und seine Männer. Es galt noch immer, die feindlichen Heerscharen zu schlagen. Die aber hatten stark an Zahl verloren. Viele waren in die
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