Lexikon der Oeko-Irrtuemer
In Deutschland bleibt der Schutz des Trinkwassers bis auf weiteres ein ernstes Umweltproblem. Doch trotz des Schadens, den die Landwirtschaft weiterhin anrichtet, sind Flüsse und Seen sauberer geworden. Sogar Nord- und Ostsee befinden sich auf dem Wege der Besserung.
Auch die Luft wird immer reiner. Wäre die Zahl der Autos in den letzten zwei Jahrzehnten nicht so extrem angestiegen, könnte ganz Deutschland bereits ein Luftkurort sein (das größte Abgasproblem entsteht durch Dieselfahrzeuge und Lastwagen). Doch erfreulicherweise strengt sich die Industrie gerade mächtig an, um schadstoffarme und sogar schadstofffreie Autos zu entwickeln (zum Beispiel durch Brennstoffzellentechnik). Das heißt: Die Luft wird langfristig noch sauberer werden.
Während in den wohlhabenden Industrieländern die Qualität von Luft und Wasser stetig steigt, bleibt im Rest der Welt noch viel zu tun. In den Metropolen des Südens müssen die Menschen dreckigen Qualm aus Feuerstellen, Auspuffen und Fabrikschloten atmen. Aufgrund von verseuchtem Wasser sterben in Entwicklungsländern immer noch Millionen von Menschen. In Indien bespielsweise durchlaufen nur zwei Prozent der Abwässer eine Kläranlage, der Rest geht direkt in die Flüsse oder ins Meer. 2
In der Wasser- und Abwassertechnik bietet der Weltmarkt gewaltige Chancen. Die deutsche Industrie muß nur zugreifen. Etwa bei der frühzeitigen Trennung von industriell erzeugten Giften und Biomasse, um Dünger aus Fäkalien zu gewinnen. Oder bei wassersparenden Techniken wie der Vakuumtoilette, die bei uns im ICE zu besichtigen ist.
Einer der größten Umweltfrevel spielt sich derzeit auf den Ozeanen ab. Die Fangflotten der Welt plündern die Meere, weil jeder fängt, was er kann, bevor es die anderen tun. Wissenschaftler bezeichnen das als »Allmende-Dilemma«. Wer seine Kühe auf der Allmende (einer von allen genutzten Dorfweide) grasen läßt, neigt dazu, eine Überweidung in Kauf zu nehmen, selbst wenn er weiß, daß dies letztlich allen schadet, auch ihm selbst. Aber einer allein kann die Wiese nicht retten, wenn sich die anderen weiterhin rücksichtslos verhalten. Versucht er es dennoch - etwa durch freiwillige Begrenzung seines Viehbestandes -, hat er neben dem langfristigen Schaden der zerstörten Kuhweide auch noch den unmittelbaren Nachteil des geringeren Ertrags. Ergo: Alle rennen sehenden Auges in ihr Unglück.
Diesem Dilemma könnte die Weltgemeinschaft nur entkommen, wenn es gelänge, Besitztitel auf dem Meer einzuführen, so daß jeder, der seine Fanggründe überfischt, nur sich selbst - und keinem anderen -schadet. Ansätze gibt es bereits, zum Beispiel die 200-Meilen-Zonen, die die Küstenstaaten als ihr Territorium betrachten, oder die Quoten für Fischbestände, die innerhalb der EU auf die einzelnen Länder verteilt werden. In Neuseeland wurden gute Erfahrungen mit handelbaren Quoten für die Küstenfischerei gemacht. »Ein Ansatz, der auf Besitzrechte baut«, schreibt der amerikanische Umweltökonom Kent Jeffreys, »gibt dem einzelnen die Möglichkeit, Fischbestände gleichzeitig zu nutzen und zu schützen.« 3 In einigen afrikanischen Ländern hat man mit dem Instrument »Besitzrechte« gute Erfahrungen gemacht: Dort, wo Wildtiere plötzlich nicht mehr dem Staat, sondern Dörfern oder privaten Nutzergemeinschaften gehörten, nahm die Wilderei drastisch ab. Eine andere Möglichkeit wären zeitliche Limits, wie im amerikanischen Jagdsystem, wo man nur für ein paar Wochen im Jahr dem Wild nachstellen darf.
Ein anderer hoffnungsvoller Weg, dem Raubbau Einhalt zu gebieten, ist das Öko-Label für Fischprodukte. Der WWF plant gemeinsam mit dem weltweit operierenden Mischkonzern Unilever eine Kennzeichnung von Fisch, der mit ökologisch verträglichen Methoden gefangen wurde. Diese Ware soll mit dem MSC-Zeichen (»Marine Stewardship Council«) markiert werden. Somit können die Kunden selbst entscheiden, was bei ihnen auf den Tisch kommt. Ein Unternehmen wie Unilever wäre durchaus in der Lage, den nötigen Druck auf die Fangflotten auszuüben. Der Konzern verkauft 20 Prozent aller Tiefkühlfische in den USA und Europa. 4
Der Raubbau an den Fischbeständen im Meer läßt Fischfarmen immer bedeutender werden. Die Fischzuchtbetriebe der Welt brachten es Ende der neunziger Jahre bereits auf eine Jahresproduktion von 22 Millionen Tonnen. 5 Die »Consulting Group on International Agricultural Research«, die im Auftrag der Weltbank arbeitet, hat prognostiziert, daß in
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