Lexikon der Oeko-Irrtuemer
insbesondere der dänischen, zubilligen, daß sie seit den achtziger Jahren viele Millionen Mark in die Forschung gesteckt hat, um Haltungssysteme zu verbessern. So wurden etwa strohgefüllte Ruheboxen eingeführt, in die sich die Tiere zurückziehen können.
Auch die Fallenjagd ist in vielen Fällen grausam. Fünf von dreizehn wilden Pelztierarten werden in Haltefallen gefangen, also Fallen, die das Tier nicht sofort töten. Luchsfallen beispielsweise klemmen die Pfote des Tieres zwischen Haltebügeln fest. So muß der Luchs ausharren, bis der Trapper kommt und ihn tötet. Biber und andere Wassertiere sterben in Haltefallen einen grausamen Tod durch Ertrinken.
Anderen Pelztieren geht es da wesentlich besser. Karakulschafe, von deren Lämmern die Persianerpelze stammen, verbringen ihr Leben auf der Weide. Marder beenden ihr Leben in Totschlagfallen, die sicherer töten, als eine aus Entfernung abgefeuerte Gewehrkugel. Wilde Füchse werden vom Jäger mit der Flinte erlegt. Sie leiden nicht mehr als Rehe oder Hasen, die man wegen ihres Fleisches jagt. Leider verschwinden die über 600000 Füchse, die jährlich in Deutschland erlegt werden, größtenteils in Tierkörperbeseitigungsanlagen. Nur ein Bruchteil der Felle wird verarbeitet. 5 Dies ist eine unglaubliche Vergeudung, wenn man bedenkt, daß gleichzeitig Farmfüchse extra für die Pelzgewinnung gezüchtet werden.
Eine besonders brutal anmutende Tötungsmethode ist das Erschlagen von Jungrobben (Sattel- und Klappmützenrobben). Diese Jagdform stellt ein besonderes Problem dar. Sie sieht entsetzlich aus, und weckt bei jedem Menschen ein natürliches Mitleidsgefühl. Doch wie grausam ist sie wirklich? Ein gezielter Knüppelschlag auf den Hirnschädel ist eine häßliche, aber schnelle Tötungsart. Gutachten des amerikanischen Tierärzteverbandes und einer kanadischen Regierungskommission kamen zu dem Schluß, daß diese Technik das Gehirn normalerweise beim ersten Schlag zerstört. 6 Die Tiere sind also sofort tot. Zusätzlich sind die Fänger verpflichtet, zweimal nachzuschlagen. Danach werden die Tiere durch einen Stich in die Herzarterie ausgeblutet und sofort enthäutet. Die meisten Tiere, die wir in Deutschland essen, haben mehr gelitten.
Früher herrschten tatsächlich schlimme Zustände beim Robbenschlachten auf dem Packeis. In den sechziger Jahren machte Bernhard Grzimek darauf aufmerksam. Tierärzte hatten damals anhand von Robbenschädeln nachgewiesen, daß Tiere noch lebten, als sie enthäutet wurden. Es kam zu einer weltweiten Protestwelle. Seit dieser Zeit läßt die kanadische Regierung die Schlächter von Inspektoren überwachen. Diese Kontrolleure - 1998 waren es etwa 100 - begleiten die Robbenfänger teilweise zu Fuß, machen aber auch Überraschungsinspektionen mit Hubschraubern. 7 Grzimeks Zeitschrift »Das Tier« im Januar 1970: »Durch den Aufruf an die öffentliche Meinung ist ein sehr erheblicher Erfolg erzielt worden.« Dennoch kommt es immer wieder zu Verletzungen der Vorschriften. So filmten Tierschutzaktivisten 1997 und 1998 Robbenschlächter, die die Tiere grausam mißhandelten. Im Februar 1998 wurden sieben Männer angeklagt, denen die kanadischen Behörden Tierquälerei vorwarfen. 8
Übrigens: Die flauschigen, weißen Sattelrobbenjungen wurden - entgegen der allgemeinen Vorstellung - fast nie zu Pelzen verarbeitet. Ihr Fell ist von schlechter Qualität und von Natur aus so angelegt, daß es nach vier Wochen ausfällt. Kanadier und Grönländer töten Jungrobben in erster Linie, um Tieröl und Leder zu gewinnen. Heute wird die Jagd staatlich subventioniert, weil die Fischereilobby die Robben als unliebsame Konkurrenten ansieht und auf ihre Verminderung drängt. Die Seal-Mäntel, die man noch in den sechziger Jahren häufig sah, stammten nicht von den weißen Robbenbabys, sondern von erwachsenen Seehunden, die man mit dem Gewehr erlegte. Felle von Jungrobben dürfen schon seit Jahren nicht mehr nach Deutschland importiert werden.
Infolge der Tierschutzkampagnen ist auch der Markt für alle anderen Robbenfelle zusammengebrochen. Viele Eskimos und andere Bewohner des hohen Nordens verloren dadurch ihre Lebensgrundlage.
1 Deutsches Pelzinstitut, Pelz und Mode aktuell, Herbst/Winter 1997-98. 2 H. E. Brozeit u. a., Gutachten zur tierschutzgerechten Haltung und Tötung von Pelztieren in Farmen, 1986. 3 H. H. Sambraus u. a., Das Buch vom Tierschutz, 1997. 4 Wochenpost Nr. 2/1995. 5 Natur, Nr. 2/1998. 6 R.Thomson, The Wildlife Game,
Weitere Kostenlose Bücher