Lexikon der Oeko-Irrtuemer
wirklich ein artgerechtes Leben führen.
Heimtiere in deutschen und europäischen Haushalten
Diese 22,4 Millionen Tiere - ohne die ca. 66000000 Zierfische - verteilen sich auf 13 Millionen der insgesamt 27,8 Millionen bundesdeutschen Haushalte:
BRD
Europa
Hunde
4,8 Mio.
33,3 Mio.
Katzen
5,6 Mio.
31,0 Mio.
Vögel
8,9 Mio.
43,3 Mio.
Nager
3,1 Mio.
17,5 Mio.
(Aquarien [pro Aquarium ca. 33 Fische])
(2,0 Mio.)
(?)
Insgesamt
22,4 Mio
125,1 Mio
Weitaus mehr Tiere als in Versuchslabors müssen in menschlichen Wohnungen leben. Ob der Hamster im Kinderzimmer oder die Dogge im dritten Stock ein tiergerechtes Leben führen kann, ist fraglich. (Quelle: G. Küsters 1993)
Die Autoren kennen jedenfalls keine einzige Familie, in der ein Hamster an Altersschwäche gestorben ist. Labortiere haben einen Tierschutzbeauftragten. Wen haben Schmusetiere? (Diese Frage bitte nicht als Plädoyer zur Einführung eines Tierschutz-Blockwartes verstehen, sondern nur als Anregung zum Nachdenken.)
1 G. Küsters, Gesundheit für Mensch und Tier, 1993. 2 Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1996. 3 G. Küsters, Gesundheit für Mensch und Tier, 1993.
»Tiere brauchen Rechte«
Eine wachsende Bewegung in den westlichen Industrieländern fordert Rechte für Tiere. Die bisherige Tierschutzbewegung, orientierte sich an der Ethik Albert Schweitzers, der »Ehrfurcht vor allem Leben« forderte, aber von einer grundsätzlichen Höherwertigkeit des Menschen ausging. Tierrechtlern geht dies nicht weit genug. Sie wollen mehr, als Tiere vor Quälerei zu schützen. Für Tierrechtler ist Tierquälerei nur der Nebeneffekt einer grundsätzlich unberechtigten menschlichen Vorherrschaft. Denn sie sind davon überzeugt, daß nicht nur Menschen, sondern auch Tiere Rechte auf Leben und Freiheit besitzen. Dabei berufen sie sich auf Philosophen wie den Australier Peter Singer und den Amerikaner Tom Regan. Im deutschen Sprachraum hat der Österreicher Helmut F. Kaplan die Rolle des Chefideologen übernommen.
»Tierrechtler machen zwischen Menschen und Tieren keinen Unterschied. Sie sehen auch keinen Grund, warum der Mensch besondere Rechte haben sollte«, sagt Ingrid Newkirk, Chefin von PETA, der weltweit größten Tierrechtsorganisation. Umstritten ist dabei, ab welchem Grad der Entwicklung diese Rechte gelten sollen. Regan meint, für alle Säugetiere. Andere möchten alle Wirbeltiere einbeziehen. Einigkeit herrscht lediglich darüber, daß sehr primitive Lebensformen wie Bakterien nicht in die Rechtegemeinschaft aufgenommen werden können.
Tierrechtler halten jeden Gebrauch von Tierprodukten für unethisch. PETA ruft dazu auf, unter anderem folgendes zu unterlassen:
• Honig essen
• Wollkleidung tragen
• Seidenkleidung tragen
• Perlenketten tragen (auch Muscheln sind Tiere)
• Pferdekutsche fahren
• Fußball spielen (Lederball!)
• Spielfilme ansehen, in denen dressierte Tiere vorkommen
• sich bei einer Operation ein Tierorgan einpflanzen lassen (zum Beispiel die Herzklappe eines Schweins) 1 .
Die Grundzüge dieses Weltbildes gehen auf den englischen Philosophen Jeremy Bentham zurück, der von 1748 bis 1832 lebte. Bentham verkündete, es sei unwichtig, ob Tiere denken oder sprechen können. Entscheidend sei ihre Eigenschaft, Schmerz und Leid zu empfinden. Diese Leidensfähigkeit, darin sind sich die Wissenschaftler einig, besitzen zumindest alle höheren Tiere. Davon ausgehend argumentiert Peter Singer: Die Fähigkeit eines Lebewesens, Gut und Böse zu unterscheiden, darf kein Maßstab für seine rechtliche Gleichbehandlung sein. Denn kleine Kinder oder geistig Schwerbehinderte besitzen ebensowenig moralisches Urteilsvermögen wie Tiere. Dennoch gehören sie zur menschlichen Gemeinschaft und genießen die Grundrechte, jeder erwachsene Hund ist jedoch höher entwickelt als ein neugeborenes Baby. Ihn verbindet also mehr mit einem entscheidungsfähigen Erwachsenen als das Baby, welches nur das menschliche Antlitz teilt. Ergo müßten wir die Grundrechte, die wir unseren unmündigen Mitmenschen zubilligen, auf Hunde und andere Lebewesen ausdehnen.
Singer vergleicht den Status der Tiere mit dem der Sklaven in der Antike und möchte mit der neuen Sklavenbefreiung bei den Menschenaffen beginnen. Ein Ziel, dem sich namhafte Wissenschaftler wie der britische Soziobiologe Richard Dawkins und die Schimpansenforscherin Jane Goodall angeschlossen haben. 1999 erhielten die »Rechte der
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